Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Eine Dekade des schwierigen Dialogs

Das Jahr 2015 ist aus Sicht der nationalen Minderheiten in Polen dasjenige, in dem sich das Gesetz über nationale und ethnische Minderheiten zum zehnten Mal jährt. Seit nunmehr einer Dekade genießen diese ihre Grundrechte wie z.B. das Recht auf zweisprachige Ortsschilder und die Verwendung ihrer jeweiligen Muttersprache als amtliche Hilfssprache auf Gemeindeebene. Nur Wenige wissen aber, dass sie seit zehn Jahren auch ein Recht auf direkte Kommunikation mit der Regierung haben. Dieses Recht wird, oft mit vielen Stolpersteinen, von einer Handvoll Vertreter in ihrem Namen geltend gemacht.

Fast alle Mitglieder der Gemeinsamen Kommission der Regierung und der nationalen und ethnischen Minderheiten sprechen von langwierigen Sitzungen und schwieriger Arbeit als Volontäre, also ohne Diäten und Vergütung. Die zeitgleich mit dem Minderheitengesetz im Jahr 2005 ins Leben gerufene Kommission besteht aus jeweils mindestens einem Vertreter einer jeden nationalen bzw. ethnischen Minderheit in Polen sowie aus Vertretern aller Ministerien, die irgendeinen Einfluss auf die Situation der Minderheiten im Land haben. Genau darin sieht der Oppelner SKGD-Vorsitzende Rafał Bartek – seit 2012 stellvertretender Vorsitzender der Kommission – die größte Stärke des Gremiums. „Die Kommission ist insoweit wichtig, als sie das einzige Gremium ist, das sich direkt mit Minderheitenbelangen an die Regierung wenden kann“, betont Bartek.

Das „Sich-Wenden” ist hier ein passender Ausdruck. In der Tat wendet sich die Gemeinsame Kommission in der Regel Themen rund um die Minderheiten zu. Hierzu gehört die Umsetzung der Minderheitenrechte in Polen, die Begutachtung von Programmen z.B. für mehr Akzeptanz gegenüber Minderheiten oder auch rein formelle Dinge wie Antragsformulare für Minderheitenprojekte, die durch das Ministerium für Verwaltung und Digitalisierung finanziert werden. „Es gab sicherlich Zeiten, da konnte im Rahmen der Kommission vieles getan werden. Ihrem Einsatz verdanken wir nicht zuletzt, dass die Information darüber, wer eine Förderung bekommen hat, bereits vor Ende des vorangegangenen Jahres kommt, und nicht wie vorher mitunter erst im März des Jahres, auf das sich ein Projekt bezog“, erläutert Rafał Bartek.

Bei allen Erfolgen sind einige Kommissionsmitglieder vom Optimismus weit entfernt. Die sich stundenlang hinziehenden Sitzungen, die jeweils notwendige mehrstündige Fahrt nach Warschau, das Ausbleiben einer finanziellen Vergütung für die Arbeit und die mühsamen Fortschritte in vielen minderheitenrelevanten Fragen rauben manch einem Minderheitsangehörigen irgendwann langsam aber sicher die Arbeitsmotivation. So sind nur sechs Mitglieder der Gemeinsamen Kommission seit zehn Jahren ununterbrochen in dieser tätig. Viele andere haben sicherlich nicht wegen fehlender Motivation, sondern aus anderen Gründen ihre Mitarbeit aufgegeben. Diejenigen, die geblieben sind, machen mit dem Roma-Vertreter Roman Chojnacki deutlich: „Es ist eine sehr harte und langwierige Arbeit. Die Gemeinsame Kommission ist ein Begutachtungsorgan. Wir können nur beraten und nahelegen. Die Entscheidungen trifft dann schon jemand anders.“ Die Entscheidungen, die Chojnacki meint, werden oft zu langsam getroffen bzw. umgesetzt, was die Minderheitsangehörigen auch nicht gerade optimistisch stimmt. Rafał Bartek spricht von frustrierenden Momenten, wenn die Kommission hin und wieder mit ihrer Arbeit ins Stocken gerät, so zum Beispiel in puncto Änderungen in der Finanzierung des Bildungswesens der Minderheiten oder politische Partizipation der nationalen Minderheiten.

Dennoch wollen weder Rafał Bartek noch Roman Chojnacki aus der Kommission aussteigen. Die Einsicht, dass sie auf das Wohl ihrer jeweiligen Volksgruppe hinwirken und dass es noch viel zu tun gibt, lässt sie weiterhin die Sitzungen besuchen. Für die nächsten zehn Jahre würden sich die Kommissionsmitglieder ein allgemeines Schulbuch für nationale Minderheiten und eine für alle Minderheiten zufriedenstellende Novellierung ihrer Minderheitengesetzes wünschen. Dazu braucht es jedoch, so sagt Rafał Bartek, „viel guten Willen, und das auf beiden Seiten”.

Łukasz Biły

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