Am Dienstag, 2.07., fanden die ersten deutsch-polnischen Regierungskonsultationen seit sechs Jahren statt. An den Gesprächen nahm unter anderem Professor Krzysztof Ruchniewicz teil, der kürzlich zum Beauftragten des Außenministers für die deutsch-polnische Zusammenarbeit im Sozial- und Grenzbereich ernannt wurde. Mit ihm sprach Rudolf Urban.
Würden Sie angesichts der Tatsache, dass die deutsch-polnischen Beziehungen in den letzten Jahren nicht zu den besten gehörten und die Konsultationen Anfang Juli die ersten seit sechs Jahren waren, diese als historisch bezeichnen?

Foto: Krzysztof Ruchniewicz/wikimedoa.org
Nein, ich verwende solche Begriffe nicht. Ob etwas wirklich „historisch“ war, zeigt der weitere Verlauf der Ereignisse. Es war natürlich gut, dass die direkten Kontakte nicht nur zwischen den Staatsoberhäuptern der beiden Länder, sondern auch zwischen Ministern wieder aufgenommen wurden. Dieses Treffen hat sicherlich gezeigt, dass es eine neue Öffnung in den polnisch-deutschen Beziehungen gibt, und die Minister, die gemeinsame Projekte vorstellten, haben gezeigt, dass ihre Kontakte, die seit mehreren Monaten bestehen, sehr intensiv und häufig sind. Sie haben zu einem gemeinsamen Aktionsplan geführt. Das ist ein gutes Zeichen. Auch wenn ich dieses Treffen nicht als historisch bezeichnen würde, so ist es doch ein neuer Anfang. Wir hatten ein Arbeitstreffen, das gezeigt hat, dass Polen und Deutschland Ideen für eine Intensivierung der Beziehungen in der Zukunft haben.
Das Ergebnis dieses Treffens ist der 40-seitige Aktionsplan. Was ist Ihrer Meinung nach das Wichtigste an diesem Dokument?
Meiner Meinung nach ist das Wichtigste, dass wir uns mit den Themen befassen, die Polen und Deutschland heute am meisten beschäftigen, nämlich mit Sicherheitsfragen und dem Problem des russischen Krieges in der Ukraine. Ein weiteres Thema ist die Hilfe für unseren östlichen Nachbarn und die Überlegungen zur weiteren wirtschaftlichen und militärischen Zusammenarbeit. Natürlich ging es auch um Fragen, die die Polen in Deutschland und die deutsche Minderheit in Polen betreffen (dieser Teil des Dokuments ist weiter unten zu lesen, Anm. d. Red.).
Darüber hinaus, obwohl es nicht das Hauptthema war, erscheint mir auch das Geschichts- und Bildungspaket nicht weniger wichtig. Hier gab es konkrete Vorschläge, auch wenn sie auf den ersten Blick vielleicht einige enttäuschen. Aber es ist wichtig zu wissen, dass die Angelegenheit nicht abgeschlossen ist. Im weiteren Verlauf werden beide Regierungen über die Unterstützung der deutschen Seite für die noch lebenden Opfer des Dritten Reiches sprechen, was bereits auf große Resonanz gestoßen ist. Es war auch die Rede davon, ein Deutsch-Polnisches Haus im Zentrum Berlins zu bauen.
Ich möchte daher einigen Kommentatoren nahelegen, sich mit verschiedenen verallgemeinernden Behauptungen und vorschnellen Urteilen über dieses Treffen zurückzuhalten. Wir sollten vielmehr die Ausgangslage und die Gründe für die Verschlechterung der Beziehungen bedenken. Wir stehen erst am Anfang eines bestimmten Weges, wir haben die konstruktiven Gespräche wieder aufgenommen und wir werden wahrscheinlich bald konkrete Lösungen sehen können.
Sehen Sie Ihre Rolle als Beauftragter des Außenministers als dessen Mitarbeiter oder eher als ein Tandem Ruchniewicz-Nietan, denn Dietmar Nietan ist Ihr Pendant auf deutscher Seite.
Ich denke, ich habe zum Teil beide Rollen zu erfüllen. Ich setze sowohl auf eine sehr gute Zusammenarbeit mit Minister Radosław Sikorski, was selbstverständlich ist, aber auch auf eine Zusammenarbeit mit meinem deutschen Amtskollegen, dem SPD-Bundestagsabgeordneten Dietmar Nietan. Dabei sollten wir nicht vergessen, dass wir beide im Rahmen der Politik unserer jeweiligen Länder arbeiten, die wir positiv beeinflussen wollen.
Prof. Krzysztof Ruchniewicz: „Wir stehen erst am Anfang eines bestimmten Weges, wir haben die konstruktiven Gespräche wieder aufgenommen.“
Was die Zusammenarbeit mit dem Ministerium angeht, so habe ich einen sehr guten Kontakt zu Ministerialrat Dr. Marek Prawda, aber auch zu vielen anderen Mitarbeitern des Ministeriums. Ich freue mich sehr, dass ich in den ersten Wochen im Ministerium sehr herzlich aufgenommen wurde und große Hilfe erfahren habe. Dies ist zweifelsohne ein Ergebnis der Bedeutung, die den Beziehungen mit Deutschland beigemessen wird. Das Gleiche gilt für meinen deutschen Amtskollegen Dietmar Nietan, den ich seit mehr als 20 Jahren kenne. Die Zusammenarbeit mit ihm und seinem Büro ist ebenfalls sehr konstruktiv und unproblematisch.
Wir hatten bei der letzten Konsultation die Gelegenheit, ein gesondertes Gespräch zu führen, in dem wir uns auf die Agenda für die nächsten Monate einigen konnten. Ich denke, dass wir von Zeit zu Zeit nicht nur über unsere Aktivitäten, sondern bereits über die Ergebnisse unserer Arbeit berichten werden.
Ich möchte mit einer persönlichen Frage schließen. Warum haben Sie sich bereit erklärt, dieses Amt zu übernehmen? Auf der rechten Seite der polnischen Politikszene gelten Sie ja ohnehin als eine Art Fürsprecher Deutschlands. Diese Funktion könnte Ihnen also noch mehr Kritik einbringen.
Diese Frage wird mir oft gestellt, aber die Antwort von meiner Seite liegt auf der Hand. Ich engagiere mich seit mehr als 30 Jahren für die deutsch-polnischen Beziehungen. Neben meiner wissenschaftlichen Arbeit ist mir auch die gesellschaftliche Verantwortung wichtig, und so verstehe ich auch meine aktuelle Aufgabe.
Ich wünsche mir, dass der polnisch-deutsche Dialog, der in der Vergangenheit verschiedene Phasen hatte, weitergeführt wird und dass statt Emotionen eine gewisse Berechenbarkeit und Rationalität in diesen Beziehungen vorherrscht. Diese spielen natürlich auch in der Politik eine Rolle, aber angesichts der Herausforderungen, vor denen Polen und Deutschland derzeit stehen, sind meiner Meinung nach ein konstruktiver Dialog und konkrete Ergebnisse wichtiger.
Ich denke, ich bin inzwischen mit meiner inneren Reaktion auf die eine oder andere kritische oder eher pseudokritische bis schimpfende Stimme fertig. Diese sind mittlerweile ein fester Bestandteil jeder öffentlichen Tätigkeit. Wichtiger ist für mich, wie die Zukunft der deutsch-polnischen Beziehungen aussehen wird und was tatsächlich getan werden kann, was ich positiv dazu beitragen kann.
Ich hoffe, dass ich mein Wissen und meine Erfahrung nutzen kann, um sie zu verbessern, denn in den letzten Jahren waren sie nicht die besten, zum Nachteil beider Länder. Wenn mir das zumindest teilweise gelingt, werde ich sehr zufrieden sein.
Im Rahmen der deutsch-polnischen Regierungskonsultationen wurde u. a. ein Aktionsplan beschlossen, der auch die Rolle der Polen in Deutschland und der deutschen Minderheit in Polen hervorhebt. Nachfolgend veröffentlichen wir den Teil des Dokuments, der beiden Gemeinschaften gewidmet ist.
Die Beziehungen zwischen der deutschen Regierung und der polnischen Gemeinschaft in Deutschland sowie zwischen der polnischen Regierung und der deutschen Minderheit in Polen beruhen auf gleicher Wertschätzung und wechselseitigem Verständnis im Einklang mit den Bestimmungen des deutschpolnischen Vertrags über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit von 1991. Wir beabsichtigen, die Gespräche zur Unterstützung von deutschen Staatsangehörigen mit polnischen Wurzeln und Polinnen und Polen in Deutschland sowie der deutschen Minderheit in Polen im Rahmen eines erneuerten Deutsch-Polnischen Runden Tisches wieder aufzunehmen. Beide Regierungen werden Anstrengungen unternehmen, um die Umsetzung der Bestimmungen des Artikels 21 des Vertrags über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit von 1991 hinsichtlich des muttersprachlichen Unterrichts für die deutsche Minderheit in Polen beziehungsweise die polnische Gemeinschaft in Deutschland sicherzustellen.