Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Ende der Sendung?

Radio Katowice hat den Mietvertrag für die von der Hörfunkredaktion der Deutschen Gemeinschaft „Versöhnung und Zukunft“ genutzten Räumlichkeiten des Senders gekündigt. Nach Angaben des RK ändert dies jedoch nichts an den Bedingungen der bestehenden Zusammenarbeit.

 

Die erste Folge der Sendung wurde am 5. Juni 1991 um 14 Uhr auf Polskie Radio Katowice ausgestrahlt. Von da an wurde sie zu einem festen Bestandteil des Senders und ein regelmäßiger Grund für die Zuhörer, ihr Radiogerät einzuschalten. Das Team, das das Programm „Versöhnung und Zukunft“ erstellte, bestand von Anfang an aus Freiwilligen, da es, wie der Initiator und Vorsitzende Dietmar Brehmer betont, weder von polnischer noch von deutscher Seite Geld für die Produktion erhielt. „Am Anfang scharte ich Leute um mich, die Deutsch sprachen, und dann gelang es mir eine Zeit lang, in Zusammenarbeit mit einer deutschen katholischen Organisation zwei junge Deutsche hinzuzugewinnen, die bei uns zwei Jahre lang ihren Zivildienst ableisteten“, erzählt der Journalist.

Auch heute noch helfen engagierte Freiwillige bei der Gestaltung des einstündigen Programms, das aus Vorträgen und Berichten über deutsche Kultur und Sprache, einer Präsentation deutscher Literatur und aktueller Probleme der deutschen Minderheit in Oberschlesien besteht.

 

Sendungserfinder Dietmar Brehmer (oben), umringt von seinen ersten Mitarbeitern (von links) Johann Müller, Eleonore Smyrek, Arno Springorum und Bjorn Becker.
Foto: Deutsche Gemeinschaft/facebook.com

 

Die Sendung soll bleiben

Vor einigen Tagen wurde jedoch im Internet die Nachricht verbreitet, dass die Sendung möglicherweise nicht mehr produziert wird. Radio Katowice hat den Mietvertrag mit der Gemeinschaft gekündigt und ihr damit die Möglichkeit entzogen, das Programm zu produzieren. Das Portal Ślązag, das einen Artikel über das vermeintliche Ende des Programms veröffentlichte, zitiert den Finanzdirektor des Radiosenders, der die Kündigung des Vertrags bestätigte und erklärte, dass „wir den Raum für unsere satzungsgemäßen Aktivitäten brauchen“. Wir haben daher Radio Katowice gefragt, ob diese Aussage nicht im Widerspruch zu den Bestimmungen des Rundfunkgesetzes steht, in dem es heißt, dass es zu den Aufgaben der öffentlichen Medien gehört, die Bedürfnisse nationaler und ethnischer Minderheiten zu berücksichtigen. Der Geschäftsführer von Radio Katowice, Piotr Ornowski, erklärte daraufhin: „Die Sendung hat seit Jahren ihren Platz im Rahmenprogramm. Sie ist sowohl im Finanz-, als auch im Programmplan für 2022 und 2023 enthalten – alle Pläne wurden bereits an den Nationalen Rundfunkrat übermittelt und genehmigt.“ Er fügte hinzu, dass die Verträge mit allen externen Einrichtungen, nicht nur mit der Gemeinschaft Versöhnung und Zukunft, gekündigt wurden und versichert, dass dies in keiner Weise eine Änderung der Regeln der Zusammenarbeit für die Sendungen der deutschen Minderheit bedeutet. „Die Deutsche Gemeinschaft Versöhnung und Zukunft kann das Studio und den Realisator unter den bestehenden Bedingungen weiterhin für die Produktion von Programmen in Anspruch nehmen“, so der Vorsitzende Ornowski.

 

Dietmar Brehmer. Bildquelle: Till Scholtz-Knobloch

 

Die Zukunft
Aber ist eine solche Option für die Gemeinschaft ausreichend? Wir haben den Urheber der Sendung, Dietmar Brehmer, um einen Kommentar gebeten. Er steht dieser Lösung kritisch gegenüber:

 

„Wir können es uns nicht leisten, ein Sendestudio und einen Sendeleiter zu mieten. Die Kosten sind einfach zu hoch“,

 

sagt der Journalist und betont, dass dies der Grund sei, warum man die Sendung in den bisherigen Räumlichkeiten produzierte und anschließend sendefertig übergab. Dort befindet sich aber nicht nur die Ausrüstung, sondern auch das gesamte Archiv der Sendung und damit die mehr als 30-jährige Geschichte von „Versöhnung und Zukunft“, so Brehmer. Er zeigt sich resigniert und richtet auch bittere Worte an die Minderheitenorganisationen. „In der Vergangenheit waren weder der VdG noch die schlesische SKGD mit ihren Ressourcen und Möglichkeiten bereit zu helfen oder zu kooperieren“, schließt Brehmer und macht sich offenbar auf das Ende der Sendung gefasst. Wenn Radio Katowice seine Entscheidung nicht ändert oder die Deutsche Gemeinschaft Versöhnung und Zukunft (die allerdings järhlich Zugang zu Mitteln der deutschen Minderheit für Bürokosten hat) keine zusätzlichen Mittel für die Produktion ihrer Sendung erhält, wird diese bald nicht mehr auf dem Kattowitzer Radiosender zu hören sein.
Rudolf Urban

 

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