Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Entsetzen und Ratlosigkeit

Eine der Grabplatten auf dem evangelischen Friedhof in Zobten am Bober  Foto: Jelonek/Fotopolska.eu.
Eine der Grabplatten auf dem evangelischen Friedhof in Zobten am Bober
Foto: Jelonek/Fotopolska.eu.

In einer kleinen Ortschaft Niederschlesiens nahe der deutsch-polnischen Grenze wurde ein alter deutscher Friedhof dem Boden gleichgemacht. Die Entscheidung kam vom Bürgermeister von Löwenberg (Lwówek Śląski) höchstpersönlich.

 

Noch bis 1945 trug der Stadtteil von Löwenberg, der heute Sobota heißt, den Namen Zobten am Bober. Mit nicht einmal 10.000 Einwohnern, war die Ortschaft schon zu deutschen Zeiten alles andere als eine Großstadt, doch wie in vielen niederschlesischen Städten gab es dort neben einer katholischen auch eine evangelische Gemeinde. Verstorbene evangelischer Konfessionen wurden auf dem örtlichen evangelischen Friedhof bestattet, der sich am Rand der Stadt befand. Als 1945 viele Deutsche aus der Stadt vertrieben wurden, verlor der Friedhof immer mehr an Bedeutung und verwahrloste mit der Zeit.

 

Trauriges Schicksal

 

Nun wurde der Friedhof anscheinend zum Klotz am Bein für die örtliche Selbstverwaltung. Der Bürgermeister von Löwenberg Ludwik Kaziów schickte laut Zeugenaussagen eine ganze Flotte von Bulldozern auf den Friedhof, die den heiligen Ort praktisch dem Erdboden gleich gemacht haben. Erklärung: Die Gemeinde Löwenberg habe das Gebiet säubern wollen, da viele Gräber schon weitgehend zerstört waren und der Friedhof zum Ort zahlreicher Saufgelage wurde. Dabei hat die von der Gemeinde beauftragte Firma sich weder um die noch intakten Grabplatten, noch um Exhumierungen gekümmert. Wie Zeugen berichten, habe man alles einfach auf einen Haufen zusammengeworfen.

 

„Eine solche Situation habe ich noch nicht erlebt und ich arbeite an Exhumierungen schon seit Jahren“, sagt Andrzej Latusek, der für den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge in Polen Exhumierungen deutscher Soldatengräber durchführt, als wir ihm über den Fall in Löwenberg berichten. Latusek, so wie viele außenstehende Medien und Experten, ist entsetzt über die Art und Weise, wie man beim evangelischen Friedhof vorgegangen ist. Wie er erklärt, gibt es in Polen eine Reihe von Vorschriften, zum Beispiel im Bereich der sanitären Sicherheit, die bei einer Liquidation eines Friedhofs zur Exhumierung der sterblichen Überreste verpflichten. Aber der örtliche Kreisbeamte, der für sanitäre Angelegenheiten verantwortlich ist, hat für eine solche Vorgehensweise grünes Licht gegeben, weil der Friedhof ja „vor der Beseitigung noch schlechter aussah“.

 

Parkplatz oder Park

 

Gemäß des polnischen Rechts ist jeder Friedhof, der im offiziellen Denkmalregister eingetragen ist, rechtlich vor jeglichem Eingriff geschützt. Der Friedhof in Zobten am Bober zählt jedoch nicht zu den Denkmälern, deswegen kann der Inhaber des Grundstücks – Die Gemeinde – frei entschieden, ob sie den Friedhof liquidieren will. Wie aber Andrzej Latusek meint, „sollte man erst die Bevölkerung fragen, wie sie dazu steht“, denn „es könne ja sein, dass es doch Menschen in der Ortschaft gibt, die diesen Friedhof dort wollen.“

 

Die Gemeinde Löwenberg hat bereits einen Plan zur Nutzung der Fläche des ehemaligen Friedhofs. Höchstwahrscheinlich wird dort eine Grünfläche entstehen, vielleicht auch ein Parkplatz. Die verlorene Würde, bekommen die deutschen Verstorbenen dadurch auf jeden Fall nicht wieder.

 

Łukasz Biły

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