Auch Deutsche im ehemaligen Ostpreußen haben eine Person zur geistlichen Unterstützung. Mit Domherr André Schmeier (Allenstein) sprach Łukasz Biły.
Domherr Schmeier, wie ist es eigentlich dazu gekommen, dass Sie Seelsorger der Deutschen in Ostpreußen geworden sind?
Oh, da muss ich ziemlich lange zurückdenken. Wie man es schon vermuten kann, spielten familiäre Beziehungen eine Rolle. Meine Familie stammt zum Teil aus Ostpreußen, also dem heutigen Ermland, deswegen hatte ich schon Bezug zu der Region. Ausschlaggebend war jedoch mein Theologiestudium in Münsters. Damals hatte dort der Visitator für die Region Ermland seinen Sitz. Als ich ihn kennengelernt habe, haben wir uns natürlich über Ostpreußen unterhalten. Hinzu kam die Tatsache, dass ich zum ersten Mal selber im Norden Polens 1992 war, also in der Zeit, als sich die deutschen Vereine gerade erst gegründet haben. Damals haben die Chefs dieser Organisationen gegenüber dem Erzbischof Pisz den Wunsch geäußert, einen eigenen Seelsorger zu bekommen. Als mir die Frage gestellt wurde, ob ich das übernehmen wolle, habe ich gedacht, es könnte für einige Jahre eine ganz interessante Aufgabe werden und mittlerweile sind daraus 20 Jahre geworden.
Die Aufgabe, von der Sie sprechen, war also eine ziemlich neue Erfahrung für Sie?
Das Stimmt. Ehrlich gesagt, hatte ich überhaupt kein Bild von der deutschen Minderheit in Polen, da ich früher Pfarrer nur in der Bundesrepublik war. Mittlerweile ist mir klar, dass sich die deutsche Minderheit vom Zweiten Weltkrieg bis hin zu heute unglaublich entwickelt hat. Das alles, was zu der Seelsorge einer deutschen Minderheit und einem Aufenthalt in Polen dazugehört, habe ich aber erst hier vor Ort gelernt. Damit meine ich auch natürlich die polnische Sprache.
Wie ist also jetzt nach all diesen Jahren das Bild der deutschen Seelsorge im Norden Polens? Gibt es genug deutsche Messen?
Wenn es explizit um das ehemalige Ostpreußen geht, dann denke ich schon, dass es genug ist. Der Grund für diese Meinung ist recht simpel: Von der Geschichte wissen wir, dass Ostpreußen vor dem Zweiten Weltkrieg überwiegend protestantisch war. Die Deutschen hingegen, die nach den Vertreibungen hier geblieben sind, sind hingegen katholisch. Die Größenordnung im Hinblick auf die Vertriebenen ist jedoch wesentlich kleiner. Deswegen ist es klar, dass es im Norden Polens weniger deutsche Messen als in Schlesien gibt, doch für die Bedürfnisse hier, ist die Situation meiner Meinung nach gut. Beispielsweise in Allenstein haben wir regulär wirklich jeden Sonntag eine deutsche Messe und ich glaube, dieser Mensch, der diese Möglichkeit nutzten will, dem wird die Gelegenheit auch gewährt.
Und wie wichtig sind Ihrer Meinung nach diese deutschen Messen für die Minderheit?
Ich glaube es ist schon sehr wichtig, besonders für die sogenannten „Stammgäste“ dieser deutschen Messen. Es gibt Menschen, die bei uns wirklich Sonntag für Sonntag diese deutsche Messe besuchen und es gibt manche, die kommen mal und mal kommen sie nicht, jedoch für die Menschen die regelmäßig kommen, ist es ein wichtiger Teil ihrer Identität, dass sie in der Sprache des Herzens – wie es Alfons Nossol einmal genannt hat – beten können.
Was ist aber, wenn diese Stammgruppe, von der Sie sprechen, nicht mehr da ist? Wo sehen Sie die deutschen Messen etwa in 20 Jahren?
Das ist schwierig zu sagen, weil auch aus der Perspektive meiner Seelsorge 20 Jahre eine ziemlich lange Zeit sind. Im Moment haben wir eine Situation wo es sich – ich würde mal sagen – noch stabil hält. Für die Zukunft dürfen wir uns aber natürlich nichts vormachen, weil die Generation, die noch auf Deutsch beten gelernt hat, die wird immer weniger, das ist uns allen klar. Deswegen ist es auch sehr schwierig allgemein eine Perspektive für die ganze deutsche Minderheit in 20 Jahren vorherzusehen. Aber dennoch sage ich, dass solange es Menschen gibt, die eine solche Möglichkeit wollen, dann sollte man alles Mögliche tun, um ihnen zu gewährleisten, dass sie hier in Polen auf Deutsch beten und eine Messe in deutscher Sprache besuchen können.