Wer schon einmal eine Fremdsprache gelernt hat, weiß, Vokabeln und Grammatik zu lernen ist vor allem lästig. Genau diesem Vorurteil hat sich das Projekt „Deutsch vor Ort“ entgegengestellt. Mit kreativen pädagogischen Konzepten haben Lehrerinnen und Lehrer polenweit versucht, Deutsch mal ganz anders zu unterrichten. Die Projektkoordinatorin Dorota Rybczyk-Heinz erzählt im Interview, was dieses Projekt für sie so besonders gemacht hat:
Erzählen Sie doch ein bisschen über das Projekt, worum geht es bei „Deutsch vor Ort“?
Gestartet ist das Projekt im Juni 2023 unter dem Namen „Sprachförderung in der Organisation“. Wir wollten im Rahmen von Kleinprojekten wie Workshops, Seminare und anderen Aktionen, die sprachlichen Kompetenzen auf kreative Weise verbessern. Wichtig dabei war, dass hinter der kreativen Umsetzung auch ein pädagogisches Konzept steht. Dabei wollten wir vor allem zum praktischen Gebrauch der Sprache anregen. Der Unterricht muss nicht zwangsläufig von ausgebildeten Lehrern gehalten werden, aber ein Interesse an der Vermittlung der Sprache und natürlich gute Deutschkenntnisse sollten vorhanden sein.
Wie haben Sie denn Deutsch gelernt?
Ich habe schon früh als Kind Deutsch gelernt. Tatsächlich habe ich in frühen Kindertagen mit meinen Eltern nur deutsch gesprochen und habe mir Polnisch im Kindergarten und der Grundschule selbst beigebracht. Später hatte ich dann auch in der Schule Deutschunterricht und habe schließlich auch ein Germanistik-Studium begonnen. Ebenso habe ich schon früh angefangen, mich für die deutsche Minderheit zu engagieren. Mein Weg wurde so sehr von der Zweisprachigkeit geprägt, dass ich meine Kinder heute selbst zweisprachig erziehe. Als es dann um die Projektkoordination für „Deutsch vor Ort“ ging, war es die perfekte Gelegenheit, wieder für den VdG zu arbeiten.
Zurück zu den Konzepten: Was für Kurse wurden innerhalb des Projektes umgesetzt?
Das Schöne an diesem Projekt war wirklich, dass wir es geschafft haben, alle Altersklassen miteinzubeziehen: Ich erinnere mich an einen Kurs, der Senioren Sprachkenntnisse mit deutschen Kirchenliedern und Gebeten vermittelt hat. Gerade bei der älteren Generation ging es nicht so sehr um die Grammatik, als vielmehr um das Verstehen und das Sprechen selbst, in einem Kontext, den sie auch ausleben können. Dieses Konzept war pädagogisch so schön aufgearbeitet worden, dass ich es gezielt weiterempfohlen habe und noch in drei weiteren Gruppen die Ideen mit den Kirchenliedern aufgegriffen haben.
„Ich war fast bei jedem Antrag wieder überrascht, auf welch schöne und ausgefallene Ideen die Lehrerinnen und Lehrer so gekommen sind.“
Auf der anderen Seite gab es Gruppen, die mit deutscher Popmusik gearbeitet haben. In jeder Sitzung wurde ein neues Lied unter die Lupe genommen und damit auch die sprachlichen Besonderheiten dahinter. Je nach Alter und Niveau der Gruppe wurde die Musik ausgewählt.
Eine ganz besonders schöne Idee war es auch, Deutsch anhand der Märchen der Gebrüder Grimm zu vermitteln. Wenn eine Sprachenstunde mit dem Satz „Es war einmal“ beginnt, macht es doch gleich viel mehr Spaß.
Das klingt nach einem großen Erfolg?
Das war es! Insgesamt haben wir im letzten Jahr über 40 Kleinprojekte in ganz Polen umsetzen können. Ich war fast bei jedem Antrag wieder überrascht, auf welch schöne und ausgefallene Ideen die Lehrerinnen und Lehrer so gekommen sind.
Um schließlich auch den Namen des Projekts etwas kreativer zu gestalten, haben wir überlegt und uns schließlich für den kurzen und knackigen Titel „Deutsch vor Ort“ entschieden, statt des ursprünglichen Namen „Sprachförderung in der Organisation“. Ein Kernelement ist schließlich, dass die Kurse in den DFKs, bei den Menschen vor Ort, stattfinden.
Ein besonderer Erfolg war dieses Jahr bereits unser Oster-Workshop. Rund um alle Traditionen des Osterfestes wurde die deutsche Sprache vermittelt. Am Ende durfte natürlich auch eine Bastelstunde nicht fehlen, für die kleineren Teilnehmer.
Und wie geht es in diesem Jahr weiter?
Die bisher umgesetzten Kurse waren für alle Beteiligten ein Erlebnis! In ganz Polen haben wir verschiedenste Kurse anbieten können – und das wirklich für alle Altersklassen. Momentan laufen unsere letzten Kurse und Ende Juni endet erst einmal die aktuelle Laufzeit des Projekts.
Für weitere Fragen melden Sie sich bitte unter der Mailadresse von Frau Rybczyk-Heinz: dorota.rybczyk@vdg.pl
Annemarie Zertisch
Fotos: Dorota Rybczyk-Heinz