Mit Christiane Polański, einer der letzten lebenden Gründerin der deutschen Minderheit und langjähriger Buchhalterin im DFK Gogolin, spricht ihre Enkelin Andrea Polański.
Wie kamst Du damals in die deutsche Minderheit?
Es war das Jahr 1989. In dieser Zeit fingen wir in Schlesien an, mutig über die hiergebliebenen Deutschen zu reden. Nach 1945 war es für uns Deutsche ganz normal, auf der Straße miteinander Deutsch zu sprechen, demnach kannten wir uns auch sehr gut. Offiziell war die deutsche Sprache damals jedoch verboten. Meine ersten Treffen mit den deutschsprachigen Gogolinern, also Johann Kroll, Erich Schmidt, Herbert Stannek und Karl Sapok, fanden in Haus vom Herrn Kroll statt.
Warum fingst Du an, Dich auch zu engagieren?
Schon immer, also seit meiner Geburt, benutzen wir zu Hause die deutsche Sprache. Sich zu engagieren bedeutete für mich, endlich offiziell untereinander Deutsch reden zu können. Nach den ersten Treffen im Haus von Johann Kroll, fand im Dorfsaal von Herrn Krok in Strebinow (heutiger Stadtteil Strzebniów) ein Treffen für Leute aus Gogolin und der Umgebung statt. Wir starteten mit dem Sammeln von Unterschriften. Es gab so viele Freiwillige, dass die Liste kein Ende hatte. Jeder, der sich wie wir Gründer, als Deutscher fühlte oder die Sprache auch nur teilweise konnte, gab uns seine Unterschrift. Da ich sehr gut Deutsch konnte, war es mir eine Herzensangelegenheit, mitzuhelfen. Als wir nach mühsamer Arbeit unser erstes Büro dank des damaligen Bürgermeisters Norbert Urbaniec im Rathaus zur Verfügung gestellt bekommen haben, konnten wir endlich auch offizielle Sachen in Deutsch erledigen. Das war ein großer Erfolg für uns.
Wenn man über die Anfänge der deutschen Minderheit hört, hört man meistens über die Männer. Welche Frauen haben sich neben Dir auch noch engagiert?
Wir waren schon mehrere Frauen. Meistens waren es die Ehefrauen der Männer, die sich neben mir engagiert haben. Frau Anna Jarosz, Erika Radwan, Margarette Sapok, Maria Kolodziej, Adelheid Schmidt, Edith Stannek und Margot Krzyża waren auch von Anfang an dabei. Sie gründeten 1990 unseren Chor.
Was waren damals, bei der Gründung der deutschen Minderheit vor 30 Jahren, Eure Ziele?
Unser erstes und wichtigstes Ziel war es, die deutsche Sprache wieder ohne Probleme im Alltag nutzen zu können und sie auch in den Schulen einzuführen. 1990 gründeten wir einen Chor, in dem wir Lieder in deutscher Sprache sangen. Er war viele Jahre sehr aktiv.
Was fand früher noch statt, außer dem typischen „Kaffee und Kuchen“ ?
Da wir alle Christen sind, gab es schon von Anfang an deutsche Messen, Maiandachten, Rosenkränze und Kreuzwege. So, wie schon vorher gesagt, haben wir auch sehr viel gesungen und darauf Wert gelegt, es in deutscher Sprache zu tun.
Welche neue Projektideen kamen mit den Jahren?
Wir gedenken während all der Jahre unserer Verstorbenen und bis heute organisieren wir einmal im Jahr eine Messe für die Opfer der oberschlesischen Tragödie. Ein sehr interessantes Projekt ist der Samstagkurs. Kinder bis zum 11. Lebensjahr lernen dort auf spielerische Weise Deutsch. Außerdem organisieren wir viele Ausflüge. Wir besuchen interessante Orte, die früher auch zu Deutschland gehörten. Letztens waren wir z.B. in Luboschütz und Ratibor auf den Spuren von Eichendorff, aber wir waren auch schon in Berlin, Dresden, Potsdam, Breslau und wohl in einem der für uns wichtigsten Orte: Kreisau.
Worauf bist du stolz? Was ist Euch, den Gründern wirklich gelungen?
Ich bin sehr stolz auf unsere jährlichen Maiandachten an der Muttergotteskapelle in Gogolin. Dieses Jahr sind es schon 30 Jahre, dass sie stattfinden. Wir treffen uns unabhängig vom Wetter jeden Maisonntag bei der Kapelle auf den Wiesen, wo wir in unserer Herzenssprache singen und beten. Wir haben auch bei uns in Gogolin die deutschsprachige Zeitung „Gute Besserung“ in der Kirche eingeführt, wo sie jeden Sonntag erhältlich ist.
Warum wird heutzutage Tradition zugunsten der Politik in den Hintergrund gerückt?
Tradition, das bedeutet für mich die Angehörigkeit zu Schlesien, welches jahrelang zu Deutschland gehörte. Tradition stelle ich mit der deutschen Sprache gleich. Beide sind sehr wichtig. Die Politik ändert sich ständig, deswegen ist es wichtig, an den richtigen Werten festzuhalten. Die deutsche Sprache ist wohl das wichtigste Element, welches uns als Minderheit am Leben erhält. Dank der Sprache hat unsere Jugend viel mehr Möglichkeiten in Europa und der Welt.
Kann man Minderheit und Sprache als zwei separate Sachen betrachten?
Die deutsche Minderheit und die Sprache kann man nicht trennen. Deutsch macht uns als deutsche Minderheit ja eigentlich aus.