Nach dem Gewinn des WM-Titels 2014 – dem 4. in der Geschichte der deutschen Fußball-Nationalmannschaft – hat diese etwas an Qualität verloren. Das lag vor allem an den oft nicht nachvollziehbaren Entscheidungen des nun ehemaligen Bundestrainers Joachim Löw.
„Jogis“ Entscheidungen, insbesondere die Personalentscheidungen nach der der WM 2014 in Brasilien, waren oft nicht nachvollziehbar und mit der Zeit sogar irritierend. Infolgedessen hat Deutschland bei den Europameisterschaften 2016 und 2020 sowie bei der Weltmeisterschaft 2018 schlecht abgeschnitten. Obendrein haben sich die Deutschen in dieser Zeit unter Joachim Löw auch in der Nations League blamiert. In der Qualifikation für die EM 2016 und als Weltmeister erlitt die Mannschaft gegen Polen ihre erste Niederlage (0:2) überhaupt. Im Rückspiel besiegte sie zwar die Schützlinge von Adam Nawałka mit 3:1 und beendete die Qualifikation für das Turnier als Gruppenerster vor dem polnischen Team, doch der Unmut blieb.
Neue Kartenvergabe
Schließlich beschloss der Deutsche Fußball-Bund unter dem immensen Druck der deutschen Öffentlichkeit, den Trainer auszuwechseln. Dieser wurde nun Hansi Flick, der mit Bayern München alles gewonnen hatte, was es zu gewinnen gab, bevor er das Amt übernahm. Er hatte die deutsche Meisterschaft, den DFB-Pokal und den DFL-Supercup gewonnen. Er triumphierte auch in der Champions League und im UEFA-Supercup. Zur gleichen Zeit gewannen die Bayern unter Hansi Flick die Klub-WM! Und das alles in einer Saison! Kein Wunder, dass sich alle Fans der deutschen Nationalmannschaft Hansi Flick als neuen Trainer wünschten. Und so kam es, dass die deutsche Nationalmannschaft bereits in den ersten Spielen unter seiner Leitung ein neues Gesicht zeigte. Die Deutschen waren wieder erfolgs- und siegeshungrig. Die Folge: Unter Hansi Flick haben die Deutschen die Qualifikation für die Weltmeisterschaft in Katar (2022) im Sturm absolviert und dabei 9 von 10 Spielen gewonnen! Die einzige Niederlage (1:2) erlitten sie sensationell zu Hause gegen Nordmazedonien. Dies geschah im dritten Spiel unter dem neuen Trainer. Im Rückspiel besiegten die Deutschen das balkanische Team jedoch auf dessen Terrain mit 4:0, wobei die Handschrift von Hansi Flick bereits im Spiel des ehemaligen Weltmeisters zu erkennen war. Es ist nun also an der Zeit, dass die Deutschen auch in der Nations League, wo sie bisher versagt haben, mehr Biss zeigen.
Zeit für die Nations League
Und da sie versagten, befinden sie sich jetzt „als Belohnung“ in einer Gruppe mit Italien und England und müssen dazu noch gegen die immer stärker werdenden Ungarn antreten. Da die WM in Katar Ende des Jahres näher rückt, können die Deutschen, aber auch die Engländer, es ruhig angehen lassen und experimentieren. Dagegen werden die Italiener und die Ungarn, beides Mannschaften, die sich nicht für die WM qualifiziert haben, in der Nations League sicherlich ihr Bestes geben und dabei ihre Gegner, die um die Weltmeisterschaft in Katar kämpfen werden, ein wenig demütigen wollen. Daher sollten die Ungarn und vor allem die Italiener als sehr schwierige Kontrahenten für Deutschland angesehen werden. Mit welcher Aufstellung wird die deutsche Nationalmannschaft antreten, welche Taktik wird sie wählen und wie wird sie ihre Kräfte verteilen? Das wissen wir noch nicht, es sind aber wichtige Fragen, denn drei Tage später (7. Juni) treffen die Deutschen in ihrem zweiten Nations-League-Spiel in München auf England, am 11. Juni auswärts auf Ungarn und am 14. Juni im Rückspiel in Mönchengladbach auf Italien. Es besteht somit kein Zweifel daran, dass trotz der Pause im Ligabetrieb, darunter auch in der Bundesliga, der Juni für die in die Nationalmannschaft berufenen Spieler sehr, sehr anstrengend sein wird, denn es wartet nun ein wahrer Fußballmarathon auf sie.
Flick hat entschieden
Der Bundestrainer kann in der Nations League nicht alle Spieler einsetzen, die er möchte. Unter anderem hat er die Torhüter Marc-André ter Stegen (FC Barcelona) und Bernd Leno (FC Arsenal) nicht einberufen. Ersterer bat um eine Auszeit, weil er sich von der vergangenen Saison müde fühlt, Letzterer ist verletzt. Im Vergleich zu den letzten Spielen verzichtete Hansi Flick auch auf Matthias Ginter und Florian Neuhaus (beide Borussia Mönchengladbach), Christian Günter (SC Freiburg), Robin Koch (Leeds United) und Julian Weigl (Benfica Lissabon), die seiner Meinung nach derzeit unter ihren Möglichkeiten spielen. Außerdem sah er davon ab, den bisherigen Vollzeit-Nationalspieler Robin Gosens von Inter Mailand zu verpflichten. Der Bundestrainer ist der Meinung, dass der Spieler noch nicht in der Form ist, die er vor seiner Verletzung zeigte. Zudem muss das deutsche Nationalteam verletzungsbedingt auf Julian Draxler von Paris SG und den aufstrebenden deutschen Fußballstar Florian Wirtz von Bayer 04 Leverkusen verzichten.
Götze wartet noch
Natürlich sind das nicht alle Spieler, die auf eine Berufung in den Kader gehofft haben. Darunter sind Klassespieler wie z. B. der 29-jährige Mario Götze vom PSV Eindhoven. „Götzinho“ erzielte bei der WM 2014 in Brasilien im Endspiel gegen Argentinien den Siegtreffer für Deutschland. Auf eine Berufung ins Team von Hansi Flick hoffte auch Ansgar Knauff, der im vergangenen Monat mit Eintracht Frankfurt die Europa League gewann, doch er wurde nicht berufen, weil er zur deutschen U21-Nationalmannschaft „eingeladen“ worden war. Ebenso wie einige andere große Talente, wie Youssoufa Moukoko von Borussia Dortmund, Jonathan Burkhardt vom 1. FSV Mainz 05 und Luca Netz von Borussia Mönchengladbach. Kevin Volland, der bei der AS Monaco eine gute Figur machte, wurde ebenfalls nicht in die Nationalmannschaft berufen und Hansi Flick hat ihn wohl endgültig aufgegeben.
Der deutsche Kader für die UEFA Nations League:
Torhüter: Manuel Neuer (Bayern München), Kevin Trapp (Eintracht Frankfurt), Oliver Baumann (TSG Hoffenheim). Verteidiger: Benjamin Henrichs (RB Leipzig), Thilo Kehrer (Paris St. Germain), Lukas Klostermann (RB Leipzig), David Raum (TSG Hoffenheim), Antonio Rüdiger (FC Chelsea), Nico Schlotterbeck (SC Freiburg), Niklas Süle (Bayern München), Jonathan Tah (Bayer Leverkusen). Mittelfeldspieler und Stürmer: Karim Adeyemi (Red Bull Salzburg), Julian Brandt, Marco Reus (beide Borussia Dortmund), Serge Gnabry, Joshua Kimmich, Jamal Musiala, Thomas Müller, Leon Goretzka, Leroy Sané (alle Bayern München), Ilkay Gündogan (Manchester City), Kai Havertz und Timo Werner (beide FC Chelsea), Jonas Hofmann (Borussia Mönchengladbach), Lukas Nmecha (VfL Wolfsburg) und Anton Stach (FSV Mainz 05).
Krzysztof Świerc