Vor genau 135 Jahren, am 24. Juli 1889, kam die Schriftstellerin Hertha Pohl in Krappitz zu Welt. Sie wuchs in einer armen oberschlesischen Familie auf. Ihrem schriftstellerischen Schaffen widmete sich Pohl gänzlich erst nach dem Ersten Weltkrieg.
Der Vater der Dichterin, ein Stubenmaler, war nicht imstande, mit seinem bescheidenen Einkommen seine Familie zu ernähren. So musste ihre kränkliche Mutter mit Handarbeitsstunden etwas dazuverdienen. Aus diesem Grund wurde Hertha zusammen mit ihrem Bruder von der Großmutter erzogen, der sie viel zu verdanken haben. Dank ihr hatte die wissbegierige Hertha immer Zugang zu Büchern und sie hörte ihrer Oma gerne zu, wenn sie ihr und ihrem Bruder Märchen und Geschichten und insbesondere ihre eigenen Erinnerungen erzählte. So erwachte in ihr die Sensibilität für Literatur.
Trotz der Armut und der alltäglichen Sorgen war es für die Eltern wichtig, dass ihr Sohn eine Ausbildung machte und schickten ihn deshalb auf ein Gymnasium. Während er die Ferien zu Hause verbrachte, erzählte er Hertha von deutscher Literatur. Sie hörte ihm mit großem Interesse zu, denn so konnte sie ihren Wissenshunger stillen.
Als Hertha Pohl die Grundschule in ihrer Heimatstadt abgeschlossen hatte, begab sie sich nach Breslau und arbeitete dort bei einer älteren, blinden Frau als Vorleserin. Jedoch starkes Heimweh, das die junge Hertha ergriff, verursachte, dass sie wieder in ihr Elternhaus zurückkam. Kurz darauf begann sie eine Arbeit als Kopistin von Stickmustern in der Teppichfabrik vor Ort.
Erste Schreibversuche
Im Alter von achtzehn Jahren besorgten ihr ihre Verwandten aus Berlin eine Betätigung als Näherin in einer Blusenschneiderei, wo sie die nächsten sieben Jahre arbeitete. Die Arbeitsbedingungen waren sehr anstrengend – der Arbeitstag dauerte zehn Stunden. Trotzt der beschwerlichen Arbeit war die Zeit in der Hauptstadt eine erfüllte Etappe ihres Lebens. Berlin bot ihr ein reiches kulturelles Leben, dank dessen sie ihren Horizont erweitern konnte. Gerne ging sie ins Theater und schaute sich die auf der Bühne belebenden Aufführungen an. Von ihrem ersparten Geld kaufte sie sich Bücher mit klassische Literatur. Die neue Beschäftigung in der Nähabteilung einer Tapisseriewarenfabrik ermöglichte ihr, sich in die Welt ihrer eigenen Fantasie zu begeben. Sie konnte über das nachdenken, was Interesse ihn ihr weckte. Die Geschichten, die in ihrem Kopf auflebten, schrieb sie später nieder. Ein bedeutsames Ereignis, das das schriftstellerische Leben von Hertha prägte, war die Begegnung mit der Dichterin Martha Grosse, die sie zu weiteren Schreibversuchen ermunterte.
In jener Zeit verbesserte sich auch das Berufsleben von Hertha Pohl. Sie fand eine Stelle in einem Wäschegeschäft, die ihr ein besseres Gehalt als die vorherigen Beschäftigungen garantierte. Leider verlor sie durch den Ausbruch des Ersten Weltkrieg diese Arbeit. Aus diesem Grund beschloss sie im Jahre 1915, in ihre Heimatstadt wiederzukehren. Die Entscheidung, nach Krappitz wiederzukommen, ergab sich auch aus der schriftstellerischen Perspektive als richtig für sie. Denn die Zeit, die sie zu Hause verbrachte, ließ ihre literarische Kreativität aufblühen. Die schlesische Umgebung, mit der sie sich verbunden fühlte, entfaltete ihr Schaffen.
Erste Publikationen
Im Jahre 1922 erschien ihre erste Sammlung von Erzählungen „Die klagende Nacht. Oberschlesische Erzählungen“. Im selben Jahr wurde ihr Roman „Tina Stawiks Ernte“ bei einem Literaturwettbewerb ausgezeichnet und zwei Jahre später als Buch herausgegeben. In den nächsten Jahren wurden noch weitere ihrer Erzählungen veröffentlicht. In Freiburg im Breisgau, wohin sie im Jahre 1931 übersiedelte, schrieb sie noch zwei Romane. Wichtig ist zu erwähnen, dass in dieser Zeit, als Hertha sich außerhalb von Schlesien befand, sie wenig geschrieben hat.
Hertha Pohl wurde als Dichterin der Armen bezeichnet.
Hertha Pohl war ihr ganzes Leben lang besonders empfindsam für die Probleme der armen Menschen, da sie diese selbst aus ihrem eigenen Leben kannte. Sie zeigte vor allem Interesse für die Armut und für die Menschen, die sich aufgrund ihrer Lebensbedingungen dem Bösen zuwandten. In ihren Werken widerspiegelt sich die christliche Moral, die von ihren Nächsten Mitleid und Verständnis für die Bedürftigen verlangt. Auch die Landschaft ihrer Heimat ist in einigen ihrer Erzählungen zu finden.
Letzte Erzählungen
Die letzten Jahre ihres Lebens waren nicht einfach für Hertha. Die Schriftstellerin musste mit ihrer Krankheit zurechtkommen und machte sich dazu Sorgen um ihr Dasein. Sie hatte keine Familie gegründet und war eine Einzelgängerin. Leider musste sie sich noch damit abfinden, dass ihre Werke nicht mehr auf der verlegt wurden. Erst nach einer langen Pause, kurz vor ihrem Tod, erschien ihre letzte Sammlung von Erzählungen.
Hertha Pohl ist nach schwerer und langer Krankheit in Freiburg i. Br. am 4. Oktober 1954 gestorben. Viele Oberschlesier kamen zur Beisetzung der Schriftstellerin, um ihr die letzte Ehre zu erweisen. Durch ihr Schaffen hat sie die Herzen der Oberschlesier ergriffen und wurde als ,,Dichterin der Armen” bezeichnet.
Nikola Adamczyk
Im Rahmen der Reihe “Studierende schreiben über Schlesien” publizieren wir Texte der Studentinnen und Studenten der Oppelner Germanistik, die im Rahmen des Faches “schlesienbezogene Forschung” mit Dr. Monika Czok geschrieben werden.