Das Breslauer Nationalmuseum hat seit dem 15. Mai wieder geöffnet. Im Vier-Kuppel-Pavillon werden Werke des Ausnahmekünstlers Michael Willmann als „Opus Magnum“ gezeigt. Die Ausstellung darf jedoch von nicht mehr als 50 Besuchern auf einmal bestaunt werden.
Nach mehr als 75 Jahren kehrte der berühmte Zyklus „Apostelmartyrien“ von Michael Leopold Willmann – wenn auch nur vorrübergehend – nach Niederschlesien zurück. Pandemiebedingt konnten längst nicht alle Interessierten diese monografische Schau besuchen, doch das Nationalmuseum möchte die Präsentation des „Schlesischen Rembrandts“, wie der 1630 in Königsberg (Preussen) geborene und 1706 im schlesischen Leubus (Lubiąż) verstorbene Barockmaler gerne bezeichnet wird, verlängern. Gezeigt werden fast 100 Gemälde von ihm, was ein Drittel der erhalten gebliebenen Werke Willmanns ausmacht. Viele dieser Bilder landeten nach Kriegsende in Warschau und wurden für die Schau ausgeliehen.
„Dass man die in Leubus entstandenen Werke nun in Breslau sehen kann, ist ein historisches Ereignis. Die monumentalen Gemälde aus dem Kloster Leubus werden in einer extra für die Präsentation geschaffenen großen Konstruktion in ihrer ursprünglichen Anordnung gezeigt“, so Prof. Piotr Oszczanowski, Leiter des Nationalmuseums Breslau und Kurator der Ausstellung. „Weil Michael Willmann so viele Werke schuf, bezeichnen wir die gesamte zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts hier in Schlesien als die Willmann-Epoche. Das ist ein Grund, stolz auf diesen Ausnahmekünstler zu sein, denn er baute die kulturelle Identität dieses Teils Europas auf“, so Oszczanowski.
Michael Willmann verließ mit 20 Jahren seine Heimatstadt Königsberg und begab sich auf eine zehnjährige Kunstreise durch Europa. Als ausschlaggebend für sein späteres Schaffen wird die Begegnung 1656 mit dem Abt des Klosters Leubus, Arnold Freiberger, bezeichnet. „Ab jenem Augenblick verbindet Willmann sein ganzes Leben mit diesem schlesischen Zisterzienserkloster“, so Kustorin Ewa Houszka. In Leubus soll Willmann seine Ehefrau, Helena Regina Lischka aus Prag kennengelernt haben. Er konvertierte vom Calvinismus zum Katholizismus und nahm dabei vermutlich die Taufnamen Leopold nach dem herrschenden Kaiser und Lukas nach dem Schutzheiligen der Maler an. Er ließ sich in Leubus ein Haus mit Atelier bauen, das jedoch Anfang des 19. Jahrhunderts einem Brand zum Opfer fiel.
Abt Freiberger beauftragte Willmann, vierzehn große Leinwände mit Motiven des Apostelmartyriums zu schaffen. Diese Martyrien hingen in der Klosterkirche sehr hoch, sodass die meisten Gläubigen diese oft drastischen Szenen gar nicht richtig erkennen konnten. Die meisten Werke Willmanns haben bis zum Kriegsende im Kloster Leubus überdauert und wurden erst nach 1945 aus Leubus weggebracht, hauptsächlich nach Warschau.
Zwei Jahre lang wurde an der Präsentation gearbeitet. Oszczanowski musste in 14 Warschauer Kirchen bei den heutigen Besitzern der Willmann-Werke „Klinken putzen“ gehen. Hilfe bekam er von dem Geistlichen Dr. Miroslaw Nowak, dem Leiter des Erzdiözesanmuseums Warschau. „Es freut mich, dass Willmanns Werke, wenn auch nur für eine begrenzte Zeit, zurück nach Schlesien gekommen sind und dort in ihrer ganzen Schönheit präsentiert werden können“, so Nowak. Die Werke, die sich meistens noch in ihren Originalrahmen befinden, wurden anlässlich dieser Ausstellung auch restauriert.
„Die in der Schau präsentierten Werke haben zu Willmanns Ruhm beigetragen und werden als sein „Opus Magnum“ bezeichnet“, begründet Prof. Oszczanowski die Wahl des Ausstellungstitels.
Klaudia Kandzia