Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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„Ich empfinde Respekt für jeden“

Mit Julia Kaiser aus Rybnik, Jugendaktivistin der Partei Junge Linke (Nowa Lewica) und der Deutschen Minderheit, sprach Andrea Polański über politisches Engagement junger Menschen und ihre Tätigkeit in der Politik.

Julia, Politik wird in der Gesellschaft zu einem immer präsenterem Thema, für das sich immer mehr junge Menschen interessieren. Wie schätzt Du dieses Phänomen bei der jungen Generation ein?

Natürlich interessieren sich junge Menschen immer mehr für dieses Thema. Es gibt ein völlig anderes Bewusstsein für das, was passiert und Sorgen darüber, was in der Zukunft passieren wird. Jeder von uns wird früher oder später von Themen rund um die Wirtschaft, Steuern, den Zusammenbruch des polnischen Bildungswesens, die Einschränkung der Meinungsfreiheit, die Unfähigkeit, über den eigenen Körper zu entscheiden oder den ständigen Ansturm auf alle Arten von Gemeinschaft, wie z. B. LGBT oder ethnische und nationale Minderheiten. Die politische Bildung in unserem Land ist gering. Wir, die Jungen, wollen Veränderung, wir wollen nicht in einem Land wie dem heutigen Polen leben.

Welche Rolle spielen die Eltern in der politischen Bildung der Kinder? Welche Stellung gegenüber politischen Themen wurde Dir zu Hause vermittelt?
Die Werte, die mir zu Hause weitergegeben wurden, pflege ich bis heute ausnahmslos. Konsistenz der Ansichten ist mir sehr wichtig. Egal, ob rechts oder links, ich habe Respekt vor allen, die nicht blind den üblichen Mustern folgen, sondern nach einer eigenen Definition ihre Ansichten suchen. Ich bin als politische Beobachterin aufgewachsen. In meiner politischen Welt ist es das Wichtigste, einen nüchternen Blick auf das Geschehen zu werfen, Basisarbeit, die schlesische Angelegenheit und sich um die am stärksten Bedürftigen und auf Schritt und Tritt Stigmatisierten zu kümmern.

Wie hat es bei Dir angefangen, dass Du begonnen hast, Dich in der Politik zu engagieren?

Julia Kaiser
Foto: privat

Der Wendepunkt war der Moment, als Frauen vor zwei Jahren auf die Straße gehen mussten, um sich gegen rücksichtslose Macht zu stellen und für das Recht auf ihren eigenen Körper zu kämpfen. Ich verdanke auch viel der Tätigkeit von Łukasz Kohut, der im schlesischen Fall sehr viel macht und schon gemacht hat. Er kooperiert mit der deutschen Minderheit und teilt Werte, die uns auch sehr nahestehen. Im Kohut-Team bin ich seit Beginn meiner politischen Tätigkeit aktiv, die eigentlich mit dem Eintritt in die Junge Linke begann.

Wofür setzt Du Dich ein, was sind die Themen und Werte, die Du durch Dein Engagement vertrittst?
Derzeit bestehen alle meine Aktivitäten aus dem täglichen Besuch unserer Informations- und Hilfsstelle der Linken für die Flüchtlinge. Ich bin stolz auf unsere Gesellschaft, dass sie sich auf so wunderbare Weise vereinen konnte. Schade, dass dazu ein Krieg nötig war. Davor waren meine Aktionen hauptsächlich lokal und werden es wahrscheinlich immer sein. Die Arbeit an der Basis ist mir am wichtigsten. Ich kämpfe für die Rechte von LGBT+ Menschen, den Fall Schlesien auf internationaler Ebene, für die Rechte von Minderheiten und aller diskriminierten Personen.

Es gab also diese prägenden Themen, die Dich bewegt haben, sich zu engagieren. Wie ging es weiter, nachdem Du der Jugendfraktion der Partei beigetreten bist?

Nach dem Eintritt in die Jugendpartei habe ich mich relativ schnell eingewöhnt. Zunächst begann ich im Kohut-Team und in der Jugendpartei. Später versuchte ich mich in verschiedenen Funktionen in der Jungen Linken. Ich bin stellvertretende Koordinatorin im Bezirk Gleiwitz, ich bin Mitglied im Revisionsausschuss. In der Partei wurde ich zum Mitglied des Woiwodschaftsrates der Neuen Linken in Schlesien gewählt. In Rybnik wurde ich zum Kreisrat gewählt und in Katowice arbeite ich auch im Programmausschuss. Nächstes Jahr finden die Kommunalwahlen und Wahlen zum Regionalrat statt und womöglich wird man in Bezug darauf noch von mir hören.

Du bist auch in der Deutschen Minderheit aktiv. Diese vertritt eher konservative Werte, wiederum ist die Linke liberal eingestellt. Trotzdem engagierst Du Dich in den Strukturen dieser beider Gruppen. Wie verbindest Du das? Was sind die Parallelen, welche Unterschiede gibt es?

Auf den ersten Blick scheint es tatsächlich so, als hätten die beiden nicht viel gemeinsam. Als Person, die sich sowohl als Deutsche wie auch als Schlesierin fühlt, muss ich das entschieden verneinen. Wir sind gleichermaßen geeint, wir lassen uns vom Wohl für die Menschen leiten, die diskriminiert werden, sowie von ethnischen und nationalen Minderheiten. In diesem Fall ist es möglich, in derselben Angelegenheit bereichsübergreifend tätig zu werden. Ich bin aus genau denselben Gründen in der Minderheit, aus denen ich in der Partei und in der Jugendpartei bin. Ich will überall dabei sein, wo bereichsübergreifend etwas Gutes wirkt, sei es in der schlesischen oder in der deutschen Angelegenheit.

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