Fünf Tage lang, von Mittwoch bis Sonntag vergangener Woche, feierte das niederschlesische Bunzlau (Bolesławiec) sein Markenzeichen – die Bunzlauer Keramik – im 30. Keramikfest. Und just vor der Jubiläumsfeier zogen das Keramikmuseum und das Bunzlauer Stadtmuseum in den frisch renovierten Pückler-Palast in die ul. Zgorzelecka 29 um.
Im Pückler-Palast ist viel Platz und trotzdem kam das eigentliche Wahrzeichen der „Stadt des guten Tons“ – wie sich Bunzlau zu deutscher Zeit nannte – nicht mit an den neuen Standort. Der „Große Topf“ ist nun im neueröffneten Zentrum für Keramiktechniken in der ul. Kutuzowa 14 zu bewundern. Dieses ist eine Abteilung des Keramikmuseums. Bei dem „Großen Topf“ handelt es sich zwar nicht mehr um das 1753 von Johann Gottlieb Joppe hergestellte Objekt, aber immerhin um eine originalgetreue zwei Meter hohe, rund 600 Kilogramm schwere, und 1970 Liter fassende Nachkriegskopie, auf die man in Bunzlau heute noch stolz ist, versichert Barbara Glinkowska vom Keramikmuseum.
Doch noch stolzer ist die Archäologin und Konservatorin Glinkowska auf die ältesten Objekte, an deren Rekonstruktion sie mitwirkte. Bevor diese nun die Vitrine im neuen Museum zieren, seien sie in jahrelanger mühseliger Puzzlearbeit zusammengefügt worden. „Mein Lieblingsobjekt ist eine mit Glasur bezogene und mit einem Kruzifix verzierte Kanne aus dem 17. Jahrhundert. Sie wurde zusammen mit anderen Artefakten 2007 entdeckt und erst seit damals konnten wir einen Chronikeintrag von 1612 bestätigen, wonach die mit dieser Glasur überzogenen Gefäße tatsächlich in Bunzlau hergestellt wurden. Es wurden nämlich mehrere Dutzend Fragmente dieser Gefäße gefunden, von denen nur sieben rekonstruiert werden konnten“, sagt Glinkowska, die das 1950 ins Leben gerufene polnische Keramikmuseum als Kontinuität für das Bunzlauer Stadtmuseum sieht.
Sitz dieses 1908 gegründeten Museums der Stadt Bunzlau war bis zum jetzigen Umzug immer in der Poststraße (ul. Mickiewicza). Eine Ausnahme gab es: „Kriegsbedingt wurde es erst 1920 wiedereröffnet, besondere Verdienste darum hatte Artur Schiller“, berichtet Glinkowska. Schiller bekleidete von 1900 bis 1920 das Amt eines Aufsichtsrichters im oberschlesischen Gleiwitz (Gliwice), wo er am 1. September 1913 zum Geheimen Justizrat ernannt wurde. Er gründete das Oberschlesische Museum zu Gleiwitz, hatte sich aber auch dem Museum der Stadt Bunzlau gewidmet, „das er zu beachtlicher Höhe geführt hat. Könnte nur sein Herzenswunsch nach baulicher Erweiterung dieses ‚seines Museums‘ erfüllt werden, so dürfte es die Stadt und die Bevölkerung des Kreises, sowie eine weite Umgebung nicht zu bereuen haben, Kosten aufgewandt zu haben in einer Zeit, da ein Meister sich ihm widmet!“, hieß es im „Bunzlauer Stadtblatt“ vom 14. Mai 1928.
Schiller hätte wohl Freude an dem neuen Museum in Bunzlau, dessen Besuch, so Barbara Glinkowska „sich als eine gute Ergänzung zu einem Keramikworkshop oder nach einem Keramikeinkauf anbietet, weil es die Keramiktradition auf eine schöne Weise erzählt. Wir zeigen in unserer Sammlung Objekte von der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts bis zu heutigen Erzeugnissen. Man kann hier nachempfinden, wie sich diese Tradition entwickelte, wie sie sich im Laufe der Zeit verändert hat“, sagt sie.
Der Pückler-Palast ist mit seinen 10.000 Exponaten die europaweit größte Sammlung von „Bunzlauer Steinzeug“. Nun ist die Stadt auch Teil der Europäischen Keramikstraße, einem Kulturweg des Europarats (European Route of Ceramics).
Derneue Sitz des Kermikmuseums, der Pückler-Palast, hat ebenfalls einige Veränderungen hinter sich. 1857 wurde er aus einer schlichten klassizistischen Villa in einen dreiflügeligen Bau mit Turm im neugotischen Stil für Hermann Erdmann Konstantin von Pückler umgebaut. In den 1870er Jahren ging er in den Besitz des Grafen Hatzfeld über, später wurde das Schloss von Samuel Woller, dem Besitzer der Textilfabrik „Concordia“, gekauft. 1920 kaufte der Bunzlauer Magistrat die Villa und richtete dort ein Jugendheim und die Städtische Lesehalle sowie die Stadtbibliothek ein. In den 30er-Jahren beherbergte das Gebäude eine Sportschule, später eine Schule für Leiter des Reichsarbeitsdienstes. Nach Kriegsende diente das Gebäude eine Zeit lang ebenfalls als Schule. Nun, kernsaniert, beherbergt der Pückler-Palast sowohl das Keramikmuseum, das bislang in der ehemaligen Poststraße (ul. Mickiewicza) seinen Sitz hatte, als auch das Stadtgeschichtliche Museum aus der ulicaKutuzowa.
kan