Sie schießen wie Pilze aus dem Boden – Weingüter in der Woiwodschaft Niederschlesien. Mit mehr als 50 Keltereien belegen die Winzer dieser Woiwodschaft Platz drei auf Polens Weinbauskala, gleich hinter Kleinpolen und der Woiwodschaft Lebus.
Die meisten Weinkeller findet man: nördlich von Breslau in der Nähe von Trebnitz (Trzebnica); im Süden Breslaus um den Zobten (Ślęża) herum und im Westen auf der Höhe von Liegnitz, unweit von Glogau (Glogów) und bei Goldberg (Złotoryja). Viele davon kann man mit der Bahn erreichen.
Grünberg in Schlesien (Zielona Góra) ist als „das Weingebiet“ polenweit bekannt. Doch die Woiwodschaft Niederschlesien zieht nach und trumpft mit Kellereien, die man mit der Bahn erreicht.
Schlesischer Weinberg
Von der Bahnstation Bunzlau (Bolesławiec) geht’s zum Weingut Silesian. Es sind gerade einmal 10 Minuten Fußweg zum Familiengut der Mazureks in Teichenau (Bagieniec). Drei Generationen mühen sich hier um den Rebsaft. Begonnen hat alles vor mehr als 30 Jahren, als Landwirt Jarek hier hauptsächlich Getreide und nebenher Wein anbaute. Sein Lieblingswein sei der Souvignier Gris 2018, dem er seine ganze Liebe schenke. Diese Sorte, so sagt er, sei dank ihrer recht dicken Haut gegen Krankheiten resistent. Im Glas gefalle ihm die „vordergründige Pfeffrigkeit und die schüchtern anmutende Süße der Passionsfrucht“, so Jarek.
Die Seniorin der Familie, Ludwika Mazurek (84), ist die erfahrenste Weinkennerin der Familie. Seit den 80er-Jahren beschäftigt sie sich mit dem Weinbau, während Enkelin Marysia erst beginnt, in die Fußstapfen der Großmutter zu treten. Derzeit studiert sie in Margaret River, Australien, Weinwirtschaft. Die zweite Enkelin Sonia arbeitet bereits mit ihrem dänischen Verlobten Esben Madsen im Familienunternehmen. Und dann ist da noch Mama Viola. In ihrem beruflichen Leben hat sie sich dem Journalismus und der Kultur verschrieben, aber auch sie konnte dem Familiengeschäft nicht entfliehen. So verbindet sie beides, indem sie Veranstaltungen organisiert, zu denen sie Künstler an Bord holt. Am 1. September veranstaltet sie ein Brot-Picknick, zu dem es sicherlich auch Wein geben wird.
Bei Jaworeks in Nimkau
Drei Minuten vom Bahnhof Nimkau (Miękinia) entfernt liegt das Weingut von Ewa und Lech Jaworek. Als Standort dient ihnen ein historisches Herrenhaus von 1903. In diesem alten Haus entstand etwas Neues, denn vor gerade mal 23 Jahren haben die Jaworeks dort ihren Weinkeller, Lager-, Gär- und Abfüllräume sowie eine Verkostungsstube mit Terrasse eingerichtet. Nur 500 Meter vom Herrenhaus entfernt und von Bäumen des Naturschutzgebietes Saabor (Zabór) geschützt, gedeihen die Reben. Einen zweiten, kleineren Weinberg bewirtschaften die Jaworeks im Katzengebirge.
Ein weiteres Familienweingut erreicht man mit der Eisenbahn, wenn man in Kraschnitz (Krośnice) hält. 2014 hatte Dariusz Przerwa auf dem Hügel, den er „Fünfzehnter“ nennt, die ersten Rebstöcke gepflanzt. Ihr Weingut nannten die Przerwas „Anna“ – nach ihrer jüngsten Tochter. Annas Weinberge liegen im malerischen Bartschtal (Dolina Baryczy), nur 10 km von Militsch (Milicz) entfernt.
Handarbeit in Kraschnitz
„Da wir ein kleiner Familienbetrieb sind, können wir jede einzelne Pflanze pflegen, die Qualität der Frucht kontrollieren und uns mit ganzem Herzen der Produktion widmen“, so das Familienhaupt. Er berichtet stolz vom Pflücken der Trauben von Hand und wie man sie behutsam in die Kisten legt, damit sie unbeschädigt die Kellerei erreichen. „Da wir keine Massenproduktion haben, können wir kein standardisiertes Produkt auf den Markt bringen, aber wir produzieren Weine ohne Stabilisatoren, Konservierungsstoffe und Zusätze jeglicher Art“, verspricht er.
Ähnliche Familiengüter findet man in Trebnitz (Weingut 55-100), nördlich von Goldberg (Weingut Agat) oder das Weingut Hedwig in Sponsberg (Winnica Jadwiga Ozorowice) an der Bahn-Trasse nach Trachenberg (Żmigród).
kan