Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Kein Kompromiss

Das Verfassungsgericht steht wieder im Mittelpunkt des politischen Streits Foto: Lukas Plewnia/Wikipedia, www.polen-heute.de
Das Verfassungsgericht steht wieder im Mittelpunkt des politischen Streits
Foto: Lukas Plewnia/Wikipedia, www.polen-heute.de

Einige Wochen schien es so, als sei innenpolitisch der Streit um die Reform des Verfassungsgerichts beigelegt. Nun tauchte er im Zuge der Debatten um Polen in der Europäischen Kommission und dem EU-Parlament wieder auf. Daher lud auch Regierungschefin Szydło Vertreter aller Parteien zu einem Gespräch ein.

Ziel dieser Debatte war die endgültige Beilegung des Streits um das Verfassungsgericht, doch war von Anfang an klar, dass ein Kompromiss nicht zu erreichen sei. Die regierende Partei PiS sieht nämlich die Angelegenheit als abgeschlossen an, da das im Oktober 2015 gewählte Parlament einige Beschlüsse außer Kraft und neue Gesetze beschlossen hatte. Danach wurden dann die vakanten Sitze im Verfassungsgericht vergeben und der Präsident nahm von den neuen Richtern den Eid ab.

 

Die Bürgerplattform verlangt allerdings, dass die vom vorherigen Parlament gewählten drei Richter binnen zwei Wochen vereidigt werden und ihre Arbeit am Verfassungsgericht beginnen. Sollte dies nicht geschehen, so werde an das EU-Parlament ein Resolutionsvorschlag geschickt, der zeigen solle, wie die Wirklichkeit in Polen aussehe.

 

In den Streit meldete sich auch der Vorsitzende des Verfassungsgerichts Prof. Andrzej Rzepliński mit einem Kompromissvorschlag: Im April ende die Wahlperiode eines weiteren Richters, an dessen Stelle einer der drei von der Bürgerplattform gewählten Richter treten könnte. Eine solche Lösung schlug die PiS allerdings aus mit der Begründung, der Beschluss des vorherigen Sejms über die Wahl der Richter wurde ja vor einigen Wochen vom neuen Parlament außer Kraft gesetzt. Es gebe also keine Richter, die gewählt wurden und auf eine Vereidigung warten. Dabei wurde Rzepliński auch generell für seine Wortmeldung in diesem Fall von der Regierungspartei gerügt. Dies sei ein politischer Streit, sagte Premierministerin Beata Szydło, und es sei ihr nicht bekannt, dass Richter Rzepliński ein Politiker sei, der sich einmischen könne.

 

Der Streit um das Verfassungsgericht scheint also noch lange kein Ende zu nehmen. Die Vorschläge der Regierung, die Opposition könne nach einer weiteren Reform die Mehrheit der Richter bestimmen, wurde ausgeschlagen, ebenso wie die Idee der Partei Kukiz 15, dass das Gericht 18 Richter statt wie jetzt 15 haben könnte. Weiter forderte Paweł Kukiz ein Referendum über das Verfassungsgericht, was aber die anderen Oppositionsparteien ebenfalls nicht angenommen haben.

 

Es scheint fast, dass eine Weiterführung des Streits vor allem für die Oppositionsparteien von Bedeutung ist, auch wenn PR-Strategen meinen, das Ausschlagen aller Kompromissvorschläge der Regierung der Opposition langfristig schaden werde.

 

Rudolf Urban

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