Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Keine Dämonen wecken

Die Gedenktafel für die Opfer der Oberschlesischen Tragödie in der Oppelner Kathedrale.
Die Gedenktafel für die Opfer der Oberschlesischen Tragödie in der Oppelner Kathedrale.

Es war die erste große Veranstaltung am Volkstrauertag in der Region, als in der Oppelner Kathedrale die Gedenktafel für die Opfer der sogenannten Oberschlesischen Tragödie eingeweiht wurde. Es war aber auch ein berührendes Treffen mit Zeugen dieser Zeit.

 

Der Volkstrauertag, der in diesem Jahr auf den 15. November fiel, wurde in Oberschlesien bisher nur vereinzelt in den DFK begangen. Die Oppelner SKGD wollte dies ändern und initiierte eine ökumenische Andacht in der Oppelner Kathedrale, um den Bewohnern der Region die Bedeutung des Gedenkens an die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft näher zu bringen. In Oberschlesien gedenkt man dabei vor allem der Opfer der sogenannten Oberschlesischen Tragödie, über die der Oppelner Bischof Andrzej Czaja in der Predigt sagte: “Wir müssen offen über die oberschlesische Tragödie sprechen und ihrer Opfer gedenken. Doch damit sollen keine Dämonen geweckt werden, wir müssen die Wahrheit vor dem Vergessen bewahren.” Und zu dieser Wahrheit zählt Czaja nicht nur die Vertreibung der Deutschen und die Verschleppungen, sondern auch die Morde, Vergewaltigungen und Repressalien des Staatsapparates nach 1945.

Dem Bewahren der Geschichte dient von nun an eine Bronzetafel, die in der Piastenkapelle der Oppelner Kathedrale eingeweiht wurde. “Private Sponsoren, Unternehmer und Kommunalpolitiker haben dies möglich gemacht und ich danke Ihnen sehr dafür, weil dadurch klar wird, dass diese Tafel unser aller Gedenkort ist”, sagte SKGD- Chef Rafał Bartek.

Doch eine Tafel allein reicht nicht aus, um das Wissen über die Oberschlesische Tragödie zu verbreiten, daher organisierte nach der Andacht das Haus der Deutsch-Polnischen Zusammenarbeit ein Treffen mit Experten und Zeitzeugen, die in der Caritasbibliothek die tragischen Ereignisse im Januar 1945 näher beleuchtet haben. “Die meisten Unterlagen über diese Zeit befinden sich aber in Russland und es ist sehr schwer an sie heranzukommen. Daher sind wir vor allem auf Menschen angewiesen, die diese Zeit hautnah miterlebt haben”, sagte Dr. Adriana Dawid von der Universität Oppeln über Gespräche mit Zeitzeugen. Und Rafał Bartek betonte: “Das HDPZ kann noch so viele Publikationen über diese Zeit herausgeben, es finden sich aber immer Menschen, die behaupten, nichts gewusst zu haben. Daher sind solche persönlichen Treffen ein weiterer Schritt, um die Oberschlesische Tragödie bekannter zu machen”.

Doch obwohl die Zeitzeuginnen bei dem Treffen sehr offen und emotional über die Flucht vor den Russen, den Frontverlauf an der Oder oder den Verlust der Verwandten gesprochen haben, sagte Krista Slotta, eine von ihnen, es sei für sie und ihre Leidensgenossen auch heute noch schwer, über das eigene Schicksal zu sprechen. Vielleicht sind es ja die Dämonen aus ihrer Kindheit, vor denen die heute betagten Frauen immer noch Angst haben.

 

Rudolf Urban

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