Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Keine Eintracht

Am 29. November wurde am Tor des ehemaligen Lagers Zgoda ein Modell aufgestellt. Seine Inschrift, die von einem deutschen und einem kommunistischen Lager spricht, sorgt in schlesischen Kreisen sowie der deutschen Minderheit und bei Überlebenden für Kritik.

Das Lager Zgoda, das zu Kriegszeiten Nebenlager von Auschwitz und später ein Lager für die deutsche Zivilbevölkerung und nicht nur gewesen ist, ist nur noch durch das erhalten gebliebene Tor zu verorten. Seit Jahren ist dieses Tor Anlaufpunkt für Menschen, die an die Nachkriegstragödie der Oberschlesier erinnern wollen.

 

 

Am 29. November wurde nun vor dem Tor ein Modell des Lagers aufgestellt, das als erster Schritt hin zu einem richtigen Gedenkort sein soll. Dessen Inschrift sorgt aber für Kritik. Dort heißt es nämlich „Lager zweier Totalitarismen – des deutschen und des kommunistischen“. Neben vielen anderen Personen und Institutionen kritisiert auch die deutsche Minderheit in der Woiwodschaft Schlesien die Gegenüberstellung von „deutsch“ und „kommunistisch“ scharf. „Wir sind mit dieser einseitigen Botschaft nicht einverstanden. Unserer Meinung nach handelt es sich um eine schwerwiegende Manipulation und Schändung des Gedenkens an die Opfer. Die in diesem Fall gewählte Terminologie ist eine Folge der historischen Politik und verfolgt unseres Erachtens von oben herab das Ziel, die deutsch-polnischen sowie die polnisch-europäischen Beziehungen zu belasten“, heißt es in einer Stellungnahme des DFK Schlesien (den Wortlaut finden Sie HIER).

Gegenüber dem Wochenblatt.pl äußerte sich auch Gerhard Gruschka, jahrelang Sprecher der Opfer des Nachkriegslagers und verweist darauf, dass das Modell und die schon früher aufgestellten Gedenktafeln nun andere Inhalte haben. Die Verantwortlichen sollten auch keine unnötigen Hürden aufbauen, die das Gedenken an die Opfer zu einer Belastung werden lassen, appelliert Gruschka.

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Gerhard Gruschka ist Sprecher der ehemaligen Zgodahäftlinge.

 

Hier der gesamte Kommentar von Gerhard Gruschka:

 

Als ehemaliger Häftling des Lagers Zgoda und früherer Sprecher der Überlebenden des Lagers habe ich die Nachricht von der geplanten Enthüllung eines Modells dieser inzwischen bis auf das Tor nicht mehr bestehenden Anlage mit Freude aufgenommen und die Feier am 29. November als den Beginn einer schon seit Langem fälligen Realisierung einer würdigen, dem Leiden und der inhumanen Art des Todes der Häftlinge angemessenen Gedenkstätte mit großer Erleichterung begrüßt.

Nun aber bin ich durch Berichte von Teilnehmern an der Enthüllungsfeier und durch Beiträge lokaler Medien darüber informiert worden, daß an jenem Tag an einem Ort der Eintracht (Zgoda) Zwietracht (Niezgoda)- geherrscht hat.

Dieses ist umso bedauerlicher, als bei der Frage nach der richtigen Bezeichnung für die beiden Phasen des Lagers – Nebenlager von Auschwitz, Lager des polnischen Staatssicherheitsdienstes UB – aus meiner Sicht nicht das ehrende Gedenken an die Opfer des Lagers an erster Stelle zu stehen scheint.   Andernfalls wäre bei der Festlegung der Modellinschrift sorgfältiger und aufrichtiger verfahren worden. Der leider bereits realisierten Inschrift mangelt es sehr deutlich an Ausgewogenheit und Ehrlichkeit.

                                                                                 
Bei der Debatte um eine alle Seiten zufriedenstellende Inschrift am Modell darf nicht außer Acht gelassen werden, daß die derzeitige Inschrift an diesem Modell in einem deutlichen Widerspruch zu der Inschrift auf den Gedenktafeln vor dem Lagertor von Zgoda steht, die sich im Jahr 2009 im Rahmen von Kontakten bis hin zum „Rat zum Schutz des Gedenkens an Kampf und Martyrium“, entwickelt hat.  

Die Inschrift auf dem Modell des Lagers Zgoda lautet: Obóz Dwóch Totalitaryzmów  – Niemieckiego i Komunistycznego

Die Inschrift auf den Gedenktafeln lautet (hier in Deutsch): Es soll eine Erinnerung an die über zweitausend Opfer der Nazi- und kommunistischen Gewaltherrschaft sein, die hinter diesem Tor ihr Leben verloren haben.

Das Modell des Lagers Zgoda, das am 29. November enthüllt wurde, ist der erste, langerwartete und -ersehnte Schritt auf dem Weg zu dem Gedenkpark „Zgoda-Ort des Gedenkens und der Erinnerung“. Damit dieses überaus wichtige Projekt gelingt, bitte ich alle für seine Realisierung Verantwortlichen und alle beteiligten gesellschaftlichen Gruppierungen eindringlich, in der Causa Modellinschrift eine Lösung zu finden, die imstande ist, die zum Gelingen notwendige Eintracht wiederherzustellen.

Als vom Lager unmittelbar Betroffener und in meiner Eigenschaft als Vertreter der Lageropfer von Zgoda appelliere ich an alle beim Projekt Gedenkpark Zgoda beteiligten Personen und Behörden nachdrücklich, bei seiner Verwirklichung keine unnötigen Hürden aufzubauen, die letztlich möglicherweise für Menschen in Polen und in Deutschland zur Belastung werden könnten.

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