Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Literarischer Abschied vom Sommer

Mit einer literarisch-kulinarischen Veranstaltung hat die Kulturgemeinschaft der Deutschen „Heimat“ in Ortelsburg am 31. August den Sommer verabschiedet. Unter dem Titel „Sommer mit Erich Kästner“ gab es einen Vortrag zu diesem vor fünfzig Jahren verstorbenen Schriftsteller – und in der Pause Würstchen vom Grill.

Erst die Arbeit, dann das Vergnügen. Bevor die Mitglieder der Gesellschaft „Heimat“ sich Ende August im Rahmen eines Kleinprojekts der ethnokulturellen Begegnungsstättenarbeit 2024 in die Literatur und ins Grillen stürzten, trafen sie sich Mitte August zu einer gemeinsamen Aufräumaktion, denn in den Sommerferien bleibt doch immer etwas liegen. Um so reger war der Andrang zwei Wochen danach zum Vortrag „Sommer mit Erich Kästner“ und kulinarischem Genuss.

Ortelsburger Samstag, Verabschiedung des Sommers mit Erich Kästner
Bild: Uwe Hahnkamp

Von Grillen, Grillen…

Der im Jahr 1899 in Dresden geborene Schriftsteller Erich Kästner hat die ganze schwere und schwierige Geschichte der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts mitgemacht und starb am 29. Juli 1974 in München. Er hat noch den König von Sachsen erlebt, Dresden in seiner Blüte vor dem verheerenden Bombenangriff, Militarismus sowie preußische Erziehung und Drill. Als Jugendlicher entwickelte er eine Antipathie gegen das Militär und die damals übliche Pädagogik, zumal er zuhause andere, bessere Lehrer erleben durfte. Seine Familie war arm, sie hatte Untermieter und das waren fast alles Lehrer. Von ihnen erwarb Erich Kästner eine pädagogische Ader und seine – vor allem für sein damaliges Alter – ungewöhnlich hohe sprachliche Begabung.

Erich Kästner, der Raucher – des Vortrags zweiter Teil
Bild: Monika Krzenzek

Grillen eins: schrullige und seltsame Einfälle. In seiner literarischen Zeit – die 20er Jahre des 20. Jahrhunderts – studierte Kästner, war Journalist für kulturelle Themen, aber dank seiner sprachlichen Kapriolen auch Texter für Kabarett. Seine zeitkritische, zynische und spitze Feder in Artikeln, Gedichten und Prosa verschaffte ihm einige Feinde, vor allem im rechten politischen Spektrum, denen der demokratische, weltoffene und bissige „Asphaltliterat“ (so nannte ihn Joseph Goebbels) ein Dorn im Auge war. Aus dieser Zeit stammte sein erstes Kinderbuch – Stichwort: Pädagogik – „Emil und die Detektive“.

Für das seelische und leibliche Wohl der Ortelsburger deutschen Minderheit wurde gesorgt.

Grillen zwei: trübe Stimmung. Kästners Grillen ließen sich gerade nach 1933 nicht mehr vertreiben. Die Bücherverbrennung durch die Nationalsozialisten in Berlin erlebte er persönlich, sah, wie Goebbels seine Bücher ins Feuer warf. Emigriert ist er nicht. Zum einen wollte er, wie er sagte, „Zeuge der Zeit sein“, zum anderen sich um seine Mutter kümmern. Er konnte unter Pseudonym ein wenig schreiben. Heraus kamen trotz seiner schwarzen Gedanken erstaunlich gelungene Komödien wie etwa das später verfilmte „Drei Männer im Schnee“.

…Grillen und Grillen

Grillen drei: liebenswerte Insekten mit manchmal etwas nervtötender Musik. Die Vielfalt der Werke des großen Autors Erich Kästner in der Präsentation von Uwe Hahnkamp zog die Zuhörer in ihren Bann. Während man im Haus eine Stecknadel fallen hören konnte, war draußen das letzte sommerliche Zirpen der Grillen zu hören. „Es war ein ausgezeichneter Beitrag, den die Teilnehmer mit größter Aufmerksamkeit aufnahmen. Ich habe schon lange nicht mehr erlebt, dass alle so gut zuhören“, fasste Monika Krzenzek, die Vorsitzende der Kulturgemeinschaft „Heimat“ und Organisatorin des Nachmittags ihre positiven Eindrücke in Worte.

Wurst vom selbst gebauten Grill in der Pause
Bild: Monika Krzenzek

Grillen vier: an den Grill. Auch für das leibliche Wohl der Ortelsburger deutschen Minderheit wurde gesorgt. Zur Pause im Vortrag gab es Würstchen und andere Köstlichkeiten von einem selbst gebauten Grill, den das Vereinsmitglied Reinhard Krzenzek dem Verein für das Projekt zur Verfügung gestellt hatte. Auch sie vertrieben den Teilnehmern ihre Grillen, der Sommer endete für sie in positiver Stimmung, doch es steht nach den zitierten Worten von Monika Krzenzek zu hoffen, dass die Zuhörer einige witzige Grillen von Erich Kästner mit nach Hause genommen haben.

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