Es ist Dezember 1911, kurz vor Weihnachten. Marie Wegner sitzt an ihrem Schreibtisch in der Breslauer Wohnung und schreibt: „‘Die Frau im Osten‘ hat im letzten Jahre wider allen Erwartens so zahlreiche Freunde auch in West- und Süddeutschland gefunden, dass der Verlag sich entschloss, noch eine zweite Auflage unter dem Titel ‚Frau der Gegenwart‘ herauszugeben“.
Als Marie Wegner diese Worte schreibt, da ist ihre Zeitung „Die Frau im Osten“, die komplett von Frauen gemacht wird, bereits seit über zwei Jahren auf dem Markt! Und Marie Apolonia Pauline Wegner (geborene Wegner) kann sich rühmen, die erste schlesische Zeitungsmacherin zu sein.
Ihre Zeitung ist kein typisches Frauenblatt. Es gibt dort keine Kochrezepte, Anleitungen zur Handarbeit oder Modetipps. Mit ihrer „Frau im Osten“ will Marie Wegner die Frauen zum sozialen, politischen und wirtschaftlichen Engagement anregen. Sie selbst ist nie ein Hausmütterchen gewesen. Geboren am 16. September 1859 auf einem Rittergut in Bogdanowo (heute Großpolen), lässt sie sich an der Lehr- und Erziehungsanstalt in Dresden ausbilden. 1883 heiratet sie den Reichsbahnrat Gustav Wegner. Der muss sich schnell an die häufige Abwesenheit seiner Frau gewöhnen. Denn Marie Wegner ist eine engagierte Frauenaktivistin.
Bild: Krzysztof Stręcioch
Im niederschlesischen Glogau (Głogów) gründet sie den Verein „Frauenwohl”. Ihr Ziel: Frauen aus armen Bevölkerungsschichten zu helfen. Ab 1903 wirkt sie in Breslau, wird Vorsitzende des „Schlesischen Frauenverbandes“. Sie kämpft um sichere Altersvorsorge für Frauen, Gleichberechtigung im Bereich Ausbildung für Mädchen und um die Rechte der Landarbeiterinnen. Mit Vorträgen zur Frauenfragen bereist sie schlesische Städte: Sohrau, Glatz, Landeshut und Schweidnitz. Gleichzeitig schreibt sie unermüdlich Artikel, verfasst Appelle und Schreiben. Eine Feministin, wie sie im Buche steht!
Die Veröffentlichung „Superhelden_innen Schlesiens“ wurde vom Haus der Deutsch-Polnischen Zusammenarbeit herausgegeben und aus Mitteln des Goethe-Instituts Krakau finanziert. Man kann sie kostenlos unter www.haus.pl runterladen.
