Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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„Nicht mehr meine Partei“

Erika Steinbach

Über 40 Jahre war Erika Steinbach mit der CDU verbunden und sitzt seit 1990 für diese Partei im Deutschen Bundestag. Am vergangenen Wochenende hat sie nun ihrer Partei den Rücken gekehrt. 

 

Als sie Präsidentin des Bundes der Vertriebenen (BdV) gewesen ist, war sie vor allem in Polen eine kontroverse Persönlichkeit, da sie nach Meinung eines Teils der polnischen Gesellschaft die Täter-Opfer-Rollen in der Zeit des Zweiten Weltkrieges verändern wollte. In den letzten Monaten wurde Erika Steinbach aber auch in deutschen Medien als kontrovers dargestellt, da sie sich durch Aussagen und Einträge in sozialen Netzwerken immer eindeutiger von der Politik Angela Merkels distanziert hatte. Nun griff Erika Steinbach zum letzten Mittel und trat aus Protest aus der CDU aus.

 

Nicht nur Flüchtlinge

 

Dabei ist für Erika Steinbach die Flüchtlingspolitik nur der bisherige Höhepunkt der Probleme, wie sie in ihrer Presseerklärung schreibt: „Seit der Regierungsübernahme 2005 durch die CDU/CSU hat sich das politische Agieren der CDU mit Bundeskanzlerin Angela Merkel an der Spitze im Laufe der Jahre beunruhigend, ja dramatisch verändert, wie ich rückblickend erkennen muss.“ Sie kritisiert dabei die Euro-Rettungspakete, die bedeuteten, dass entgegen der Versprechen nun doch ein EU-Land für das andere finanziell einstehen müsse. Und auch den beschlossenen Atomausstieg Deutschlands nach der Fukushima-Katastrophe sieht Steinbach als Rechtsbruch.

 

Zum Thema Flüchtlingskrise wirft sie der Bundesregierung vor allem vor, gegen geltendes Recht verstoßen und durch das unabgestimmte Vorgehen Deutschland in Europa isoliert zu haben. Außerdem: „Ohne das aufopferungsvolle Engagement zahlloser ehrenamtlicher Helfer wäre unser Land im totalen Chaos versunken. Die staatlichen, eigentlich zuständigen Stellen, waren und sind teils noch immer heillos von dieser Massenzuwanderung überfordert“, schreibt Erika Steinbach in ihrer Erklärung.

 

Die persönliche Abrechnung

 

Zum Schluss holt sie zum persönlichen Schlag gegen Bundeskanzlerin Merkel aus, indem sie schreibt: „Da ich überzeugt bin und befürchte, dass sich politische Entscheidungen unter einer Parteivorsitzenden und Kanzlerin Merkel weiterhin nicht primär am langfristigen Wohle Deutschlands und am geltenden Recht ausrichten werden, sondern aufgrund einer mir unbegreifbaren diffusen Gesinnung, muss ich nach über vierzig Jahren CDU-Mitgliedschaft mit Trauer im Herzen leider feststellen: Das ist nicht mehr meine Partei.“

 

Die CDU-Zentrale hat den Parteiaustritt von Erika Steinbach nicht kommentiert, wohl aber einige Bundestagsabgeordnete der Union. So sagte CSU-Innenexperte Hans-Peter Uhl, selbst wenn er die Linie des Pfarrers missbilligen würde, trete er deshalb nicht aus der Kirche aus. Und Steinbachs Nachfolger im Amt des Präsidenten des BdV, Bernd Fabritius (CSU) meinte, er teile zwar einige wenn auch nicht alle Meinungen Steinbachs, bedauere deshalb, „dass eine profilierte Kollegin nun politisch heimatlos wird“.

 

Rudolf Urban

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