Die Zeichen stehen nicht gut für die Bürgerplattform (PO), denn aktuelle Meinungsumfragen geben dieser Partei geringe Chancen auf einen Sieg bei der Parlamentswahl am 25. Oktober. Mehr noch: Es könnte zum ersten Mal seit 1989 passieren, dass eine Partei eigenständig regieren wird, und zwar Recht und Gerechtigkeit (PiS) von Jarosław Kaczyński.
Es ist nicht nur die aktuelle Politik der PO gegenüber den Flüchtlingen, die den Polen anscheinend missfällt und sie sich deshalb gegen die bisher Regierenden stellen. Es war der Sieg Andrzej Dudas als Kandidaten der PiS bei der Präsidentschaftswahl, der den Beginn des Abwärtstrends für die Bürgerplattform darstellt. Im Mai hat diese Partei zum ersten Mal seit vielen Jahren verloren und die Anhänger der konservativen Rechten spüren wohl, dass noch mehr möglich ist, auch eine Regierung ohne Koalitionspartner. Für die PO wäre dies ein Desaster, denn die von Erfolgen verwöhnte Partei müsste gleich zwei Wahlschlappen hintereinander hinnehmen.
Nun muss sich also die Bürgerplattform einen Ausweichplan überlegen. Der eine könnte heißen, dass man seinen Wahlkampf einfach so weiterführt und darauf hofft, PiS würde nicht alleine die Regierung stellen können, sodass man dann alle anderen Parteien zusammenbringt und sich gegen Recht und Gerechtigkeit stellt. Eine solche Koalition mit mehreren Partnern wäre schwierig, sie würde aber der PO die Möglichkeit geben an der Macht zu bleiben.
Die Partei wartet aber nicht erst darauf, was nach den Wahlen geschieht, sondern versucht – auch wenn es Geister einer längst vergangenen Zeit sind – alte Ängste gegen die PiS neu zu entfachen. Da sich die kontroversen Politiker Kaczyńskis für die Zeit des Wahlkampfes versteckt hält, musste einer gefunden werden, dem man etwas anheften kann, um so einen konkreten Gegner zu haben.
Dieser Gegner und ein Symbol für die „finstere Regierungszeit“ der PiS ist Zbigniew Ziobro, der ehemalige Justizminister in der Kaczyński-Regierung und heutige EU-Abgeordnete. Die Bürgerplattform hat ihn vor das Staatstribunal zitieren wollen und wirft ihm vor, er habe in seiner Zeit als Minister einen rechtswidrigen Einfluss auf die Polizei, Staatsanwaltschaft und die Antikorruptionsbehörde ausgeübt. Außerdem solle er all diese Institutionen für politische Zwecke missbraucht haben. Bei der letzten Sejmsitzung wurde nun also über Ziobro entschieden, doch der Antrag, ihn vor das Staatstribunal zu stellen. erreichte die erforderliche Stimmenzahl nicht, wenn auch nur knapp.
Für die PO ist aber das Ziel erreicht, denn durch die Erinnerung an die Politik Ziobros und der gesamten Partei PiS wird die Angst vor dieser Partei gewiss in einigen Kreisen wieder belebt. Doch reicht das aus? Die Menschen scheinen einen Wechsel an der Spitze zu wollen und daran werden Ängste aus der Vergangenheit nicht viel ändern.
Rudolf Urban