Auf Einladung des Verbandes der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen (VdG) fand am Sonntag (29.01.) in Lamsdorf (Łambinowice) die diesjährige zentrale Gedenkveranstaltung für die Opfer der Oberschlesischen Tragödie statt. Im Mittelpunkt der Feierlichkeiten standen eine Andacht in der örtlichen Kirche St. Maria Magdalena sowie die sich daran anschließende Kranzniederlegung auf dem symbolischen Friedhof der Lageropfer.
Bereits zum 14. Mal wurde mit der Zeremonie in Lamsdorf an das Schicksal der deutschen Bevölkerung in Schlesien und anderen Regionen im östlichen Europa nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges erinnert – an Vertreibungen und Deportationen, an Folter, Vergewaltigungen und Internierungen, an Leid und an Tod. Geleitet wurde die deutschsprachige Andacht in der Lamsdorfer Pfarrkirche von Bischofsvikar Dr. Peter Tarlinski. Unterstützt wurde er von Diakon Marek Dziony.
Arbeitslager oder Konzentrationslager?
Im Anschluss an die Andacht begaben sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Gedenkveranstaltung zum symbolischen Friedhof des Arbeitslagers, wo sie Kränze niederlegten, Kerzen entzündeten, Gebete sprachen und im Gedenken an die Opfer der Nachkriegstragödie innehielten.
In einer kurzen Ansprache bezeichnete der VdG-Vorsitzende Rafał Bartek das Lager in Lamsdorf als einen „Ort der Grauens und des menschlichen Verderbens, des menschlichen Untergangs“. „Die einen sind hier verstorben. Und die anderen haben hier ihre Menschlichkeit verloren, indem sie diese Menschen nur aufgrund ihrer Volkszugehörigkeit gefoltert und umgebracht haben“, so Bartek.
Weiter hob er die heute würdige Erinnerung in Lamsdorf mit der bereits 1995 eingeweihten Gedenkstätte für die Opfer des sogenannten Arbeitslagers hervor, das in Wirklichkeit ein „Konzentrationslager für Deutsche“ gewesen sei. Gleichzeitig bedauerte er, dass „an den anderen Erinnerungsorten dieser Tragödie der Deutschen im Osten solche gepflegten und durchdachten Denkmäler“ fehlten. „Wir dürfen diese Ereignisse und Orte nicht vergessen. Sie sind Teil unseres Erbes, Teil einer Botschaft, die weitergehen muss, denn nur im Bewusstsein der damaligen Gräueltaten können wir immer wieder Schlussfolgerungen für die Zukunft ziehen“, mahnte Bartek.
„Immerwährende Verantwortung“
Der Leiter des Deutschen Konsulats in Oppeln, Peter Herr, richtete sich ebenfalls mit einigen Worten an die Versammelten. „Was unsere hier lebenden Landsleute, ihre Vorfahren und Familienmitglieder durch permanenten Hunger, Demütigung und Krankheit, durch Entrechtung, Zwangsarbeit, Folter und Vergewaltigung erlitten haben, und teils heute noch als schmerzliche, nie verheilende Wunden in ihren Seelen und ihren Herzen tragen, erfüllt uns auch heute noch, an diesem Tag und an dieser Stätte, mit Trauer und Schmerz“, betonte der Konsul.
Das Leid, das die einst in Schlesien lebenden Deutschen als Folge vorangegangener Taten anderer Deutscher in schrecklicher Weise über sich ergehen lassen mussten, bedeute „eine immerwährende Verantwortung für uns als Nachfolgegeneration“, sagte er weiter – und appellierte zugleich: „Lassen Sie uns gemeinsam alles dafür tun, dass Lamsdorf und das, was zu Lamsdorf führte, sich nie und nirgendwo mehr wiederholt. Es gilt, die Erinnerungen der Zeitzeugen zu bewahren, die uns mahnen, dass ähnliches Leid anderen Menschen nicht mehr widerfahren darf.“ Peter Herr schloss seine Ausführungen mit der chinesischen Weisheit: „Lass dir von der Vergangenheit nicht das Leben diktieren, aber lass sie dir für die Zukunft ein guter Ratgeber sein.“
Auch die Vizemarschallin der Woiwodschaft Oppeln, Zuzanna Donath-Kasiura, und der Sejm-Abgeordnete der Deutschen Minderheit, Ryszard Galla, nahmen an der Gedenkveranstaltung teil und hielten ebenfalls kurze Reden.
Zum Abschluss des Ganzen fanden sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer noch im Dorfsaal von Bielitz (Bielice) ein, wo sie bei Kaffee und Kuchen einem Vortrag von Dr. Renata Kobylarz-Buła vom Zentralen Museum der Kriegsgefangenen in Lamsdorf über das dortige Arbeitslager aus der Perspektive von Familien lauschten.
Lucas Netter