Am Dienstag wurde Armin Laschet (CDU) zum neuen Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen gewählt. Zukünftig wird also dieses bevölkerungsreichste Bundesland gemeinsam von der CDU und FDP regiert. In ihren Koalitionsvertrag fanden auch die Vertriebenen, Landsmannschaften, Spätaussiedler und die Deutschen in Oberschlesien Eingang.
Für die Deutsche Minderheit in der Woiwodschaft Schlesien scheint vor allem der Abschnitt des internationalen Engagements und der Partnerschaft der Regionen wichtig zu sein, denn da heißt es im Koalitionsvertrag: „Die seit 2014 bestehende Kooperation mit Schlesien und der Région Hauts-de-France im Rahmen des „Kleinen Weimarer Dreiecks“ wollen wir im Dialog mit den Partnern weiterentwickeln, auch unter Einbeziehung der deutschen Minderheit in Oberschlesien”.
Was heißt das aber nun konkret für die Deutschen in Oberschlesien? Wie Heiko Hendriks, Landesvorsitzender der Ost-und Mitteldeutschen Vereinigung (OMV) der CDU NRW, unterstreicht, wurde die deutsche Minderheit in Polen zum ersten Mal überhaupt in einem Koalitionsvertrag in NRW erwähnt. „Für die Deutschen in Oberschlesien bietet sich damit eine gute Plattform für eine engere Zusammenarbeit mit NRW“, meint Hendriks.
Skepsis
Die Deutschen in der Woiwodschaft Schlesien selbst sind eher reserviert, wie Eugeniusz Nagel, der stellvertretende Vorsitzende der dortigen SKGD sagt. „Als es z.B. mit den einzelnen Städtepartnerschaften in der 90er-Jahren des 20. Jahrhunderts losging, waren es zumeist unsere Mitglieder, die diese mitorganisierten. Doch als dann die Kontakte und die Zusammenarbeit auf Regionsebene zwischen Nordrhein-Westfalen und unserer Woiwodschaft institutionalisiert wurden, wurden wir Deutsche aufs Abstellgleis gestellt. Heute erfahren wir meistens im Nachhinein, dass es z.B. ein Partnerschaftstreffen gegeben hat“, meint Nagel. Daher habe man zwar eine gewisse Hoffnung auf eine Verbesserung, große Freude auf Anhieb spürt man aber nicht.
Ähnlich vorsichtig äußert sich auch der Vorsitzende des Verbandes deutscher Gesellschaften in Polen Bernard Gaida: „Wir wissen, dass eine Umsetzung der Deklarationen immer schwieriger ist als die Deklaration selber und es braucht dazu beide Partner. Man darf auch nicht vergessen, dass der Koalitionsvertrag der CDU und FDP über die Partnerschaft einseitig ist und den Willen in der Partnerregion braucht. Die NRW-Landesregierung wird dafür das Marschallamt in Kattowitz überzeugen müssen.” Außerdem, so Bernard Gaida weiter, ist hier auch trotz ihrer Skepsis die SKGD in der Woiwodschaft Schlesien gefragt, die sich mit Ideen, einem Engagement und der Bereitschaft zur Zusammenarbeit aktiv einbringen sollte.
Erinnerungsort
Die in NRW lebenden Vertriebenen aus Schlesien, deren Nachkommen sowie die sog. Spätaussiedler wurden ebenfalls im Koalitionsvertrag bedacht. So soll vor allem ein zentraler Erinnerungsort an Flucht, Vertreibung und Aussiedlung entstehen und zwar an einem Ort, der auch heute noch vielen Oberschlesiern ein Begriff ist. „Unna Massen (eines der größten ehemaligen Übergangslager für Aussiedler und Asylsuchenden, Anm. d. Red.) ist, wie Friedland für das Bundesgebiet, für Nordrhein-Westfalen ein Ort, der mit der Geschichte und den einzelnen Schicksalen dieser Menschen fest verbunden ist. Eine Erinnerungsstätte gehört genau dorthin. Und deshalb begrüßen wir es auch, dass die Erinnerung an eben diese Schicksale der Flucht, Vertreibung und Aussiedlung stärker im Unterricht thematisiert werden sollen“ schrieb in einer Pressemitteilung der OMV-Vorsitzende in NRW Heiko Hendriks.
Zukunft
Zudem soll laut Koalitionsvertrag ein konkreter Ansprechpartner für die Verbände der Aussiedler und Vertriebenen bestimmt und die bestehenden Kultur- und Geschichtseinrichtungen der Oberschlesier, wie das Oberschlesische Landesmuseum in Ratingen, weiter gefördert werden.
Die Koalitionspartner von CDU und FDP haben auch festgeschrieben, dass die Anerkennung der beruflichen Qualifikationen und Hochschulabschlüsse verbessert werden müsse. „Der Weg, die Anerkennungsgesetze zu vereinfachen, zu entbürokratisieren und die Anerkennungsverfahren insbesondere für die Spätaussiedler besser zu organisieren, ist genau richtig und muss auch auf der Bundesebene eingeschlagen werden. Hier ist auch besonders positiv zu bemerken, dass nach dem Willen der Koalitionäre jeder kostenfreien Zugang zur Beratung im Anerkennungsprozess haben soll. Der Geldbeutel darf nicht entscheidend dafür sein, ob eine Fachkraft dem Arbeitsmarkt zur Verfügung gestellt wird oder nicht“, meinte Heiko Hendriks.
Rudolf Urban