Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Pest, Totengräber und ein giftiges Pulver

Konnte eine gruselige Geschichte aus Niederschlesien als Inspiration für das weltbekannte Buch von Mary Schelley „Frankenstein“ dienen? Ausgeschlossen ist es jedenfalls nicht. Denn was 1606 im niederschlesischen Frankenstein, heute Ząbkowice Śląskie, passierte, erhitzte die Gemüter nicht nur hierzulande.

Das Originalgebäude aus dem Jahr 1606 existiert nicht mehr. An der Stelle der alten wurde 1728 diese Kapelle gebaut.
Foto: Jacek Halicki/Wikipedia

Was ist also passiert? 1606 brach in Frankenstein die Pest aus. Über 2000 Menschen fielen der Krankheit zum Opfer. Die Schuldigen wurden schnell gefunden. Totengräber wurden beschuldigt, vergiftete Pulver und Salben in der Stadt verstreut und Türschwellen damit eingeschmiert zu haben. Doch damit nicht genug. Es wurde ihnen Hexerei und Leichenschändung vorgeworfen. Vor Gericht standen sechs Männer und zwei Frauen. Bei einem der Männer habe man ein verdächtiges Pulver gefunden. Daraufhin wurden alle Angeklagten der Folter unterzogen. Infolgedessen gestanden sie, aus Leichen ein Pulver hergestellt zu haben, mit dem sie die Menschen vergifteten. Sie sollen auch Herzen kleiner Kinder gegessen und Schwangere umgebracht haben. Mit dem andauernden Foltern wurde die Liste der Verbrechen der Totengräber logischer Weise immer länger. Am Ende wurden natürlich alle acht Personen zum Tode durch Verbrennen auf dem Scheiterhaufen verurteilt. Zusammen mit ihren Komplizen kostete diese tragische Geschichte 17 Personen das Leben.

Mary Schelley
Quelle: Wikipedia

Ein stummer Zeuge der schrecklichen Ereignisse aus dem Jahr 1606 war eine Friedhofskapelle. In der Friedhofskapelle sollen die Totengräber ihre abscheulichen Taten verrichtet haben. Am 15. März 1608, nach dem Prozess gegen die Totengräber und nachdem die Pest erloschen war, hatte Pastor Samuel Heinitz die Kapelle erneut geweiht. Das Originalgebäude existiert heute nicht mehr. An seiner Stelle wurde 1728 die Kapelle des heiligen Nikolaus gebaut, die heutige Mariä-Geburt-Kirche in Frankenstein.

Die Schauerstory aus Frankenstein wurde in vielen europäischen Zeitungen thematisiert. Dass Mary Schelley Frankenstein als Ort ein Begriff war, ist also durchaus möglich. Die Wahrscheinlichkeit aber, zumal „Frankenstein“ erst 200 Jahre später erschien, ist allerdings eher gering.

Anna Durecka

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