Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Der erste große Kampf

Borys Budka von der Bürgerplattform ist das Gesicht des Gerichtsstreites Foto: Adrian Grycuk/Wikimedia Commons
Borys Budka von der Bürgerplattform ist das Gesicht des Gerichtsstreites Foto: Adrian Grycuk/Wikimedia Commons

Der Streit der regierenden Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) und der nun oppositionellen Bürgerplattform (PO) um die Verfassungsmäßigkeit der Gesetze über das Verfassungsgericht scheint nach den Urteilen eben des Verfassungsgerichts nicht für die Regierungspartei zu sprechen. Trotzdem stellt sie und Präsident Duda das Land vor vollendete Tatsachen.

 

Es ist für den Otto-Normal-Verbraucher ein verwirrendes Spiel um Macht und Einfluss beim wohl wichtigsten Kontrollorgan in Polen – dem Verfassungsgericht. Zur Erinnerung: Die Bürgerplattform hat einige Monate vor dem Ende der letzten Legislaturperiode die Gesetzeslage so geändert, dass die Neuwahl von Richtern, deren Amtszeit zu Ende geht, noch in ihre Regierungszeit fiel. Die Partei Recht und Gerechtigkeit hat ihrerseits sofort nach der Machtübernahme ebenfalls eine Novelle im Eilverfahren im Sejm abstimmen und vom Präsidenten unterzeichnen lassen, sodass nun der neue Sejm die Richter wählen sollte. Es wurde also das Verfassungsgericht angerufen, um zu entscheiden, welche Partei nun recht habe und welche fünf Richter diejenigen sind, die rechtens berufen wurden.

 

Doch soweit kam es nicht, denn Präsident Andrzej Duda, der sich geweigert hatte, von den von der Bürgerplattform lancierten Richtern den Eid abzunehmen, tat es mitten in der Nacht von den von der PiS-Partei gewählten, was für viele als ein Versuch angesehen wurde, das Land vor vollendete Tatsachen zu stellen.

 

Dessen ungeachtet trat das Verfassungsgericht zusammen und urteilte im Fall des Gesetztes der Bürgerplattform, dass es teilweise die Kompetenzen überschritten habe. Das zweite Urteil über das Gesetz der PiS wurde in allen Schlüsselpunkten für verfassungswidrig erklärt. Soweit das Verfassungsgericht.

 

Die regierende Partei lässt sich nach Außen nicht aus der Ruhe bringen und der polnische Präsident sieht wohl die Sache als erledigt an, denn er hat ja die seiner Meinung nach einzig richtig gewählten Richter vereidigt, also die, die der neue Sejm unter der PiS-Regierung gewählt hatte.

 

Die Oppositionsparteien haben nicht die Möglichkeit, effektiv gegen diese Entschlüsse vorzugehen und organisieren deshalb Proteste, um auf die missliche Lage aufmerksam zu machen. Dabei haben sich bereits Teile der Wähler aktiviert, und zwar auf beiden Seiten der Barrikaden. Denn bereits bei der Urteilsverkündung gab es zwei gegensätzliche Manifestationen von aufgebrachten Bürgern.

 

Die regierende Partei PiS sieht wohl aber keinen Handlungsbedarf und meint, die Fehler der Vorgänger seien schnell behoben worden und nun solle man sich wichtigeren Themen widmen. Eine solche Taktik geht allerdings bis jetzt nicht auf und der Streit um das Verfassungsgericht und seine Politisierung kann in den kommenden Wochen aus dem Ruder laufen.

 

Heute kann aber nicht mit Bestimmtheit gesagt werden, wer daraus siegreich hervorgeht.

 

Rudolf Urban

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