Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Der streitbare Schlesier in der katholischen Kirche

Empfang für Joachim Kardinal Meisner – Abschied aus dem Amt nach 25 Jahren
Foto: © Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons)

Am 5. Juli 2017 verstarb der frühere Erzbischof von Köln Joachim Kardinal Meisner. Zeitlebens hat er nie seine schlesische Heimat vergessen und galt als Mitgestalter der deutsch-polnischen Versöhnung. In der katholischen Kirche wurde er aber für seine konservative Haltung immer wieder von Gläubigen und Teilen der Kirche kritisiert. Am 15. Juli findet er in der Bischofsgruft des Kölner Doms seine letzte Ruhe.

 

 

Kardinal Meisner wurde am Weihnachtstag 1933 in Breslau-Lissa (Leśnica) geboren. Nach der Vertreibung, die er als zwölfjähriger Junge mit seiner Familie erlebte, kam er nach Thüringen, wo er zunächst eine Lehre zum Bankkaufmann absolvierte und später in Erfurt Theologie studierte und als Spätberufener ins Priesterseminar eintrat. 1975 ernannte ihn Papst Paul VI. zum Weihbischof des Bischöflichen Amtes Erfurt-Meiningen. Seine folgende Berufung zum Bischof von Berlin 1980 machte ihn zum Hirten einer der damals schwierigsten Diözesen im geteilten Deutschland (zum Bistum Berlin gehörten sowohl Ost- wie auch Westberlin, Brandenburg und der deutsche Teil von Vorpommern). „In seiner unnachahmlichen Art, seiner Unerschrockenheit und seinem entschlossenen Eintreten für die katholische Kirche machte er das Bistum Berlin zu einem sichtbaren Zeichen in der geteilten Stadt”, sagte Bernd Fabritius, Vorsitzender des Bundes der Vertriebenen.

 

Der Schlesier

1989 übernahm Meisner, der bereits 1983 zum Kardinal erhoben worden war, das Erzbistum Köln, dem er 25 Jahre vorstand. Es war vielleicht eine besondere Fügung des Schicksals, dass er damit Erzbischof in der Stadt wurde, die 1956 die Patenschaft über die vertriebenen Breslauer übernommen hatte. Die gläubigen Schlesier hatten in Kardinal Meisner stets einen guten Hirten, die deutschen Heimatvertriebenen insgesamt einen guten Freund. Es war ihm gegeben, für die Nöte deutscher Heimatvertriebener stets die richtigen Worte der Tröstung und Ermutigung zu finden.

Besonders verbunden war er aber seinen schlesischen Landsleuten und der Bundesvereinigung der Breslauer. Dort fühlte er sich stets „darheeme”. So ist es nicht verwunderlich, dass sich Kardinal Meisner vor allem nach dem Fall des Eisernen Vorhangs auch für das heutige Schlesien eingesetzt hatte. U.a. in seinem Heimatort Breslau-Lissa übernahm er eine Patenschaft über einen Kindergarten, den er auch finanziell unterstützte. Im Jahr 2012 nahm er auch an der Wallfahrt der Minderheiten nach Maria Hilf bei Zuckmantel teil. Im August 2016 war Kardinal Meisner zuletzt im Haus Schlesien in Königswinter bei Bonn, wo er die Schirmherrschaft über eine Breslau-Ausstellung übernommen hatte.

 

Sehen Sie hier unser TV-Magazin “Schlesien Journal” aus dem Jahr 2012 mit einem bericht von der MInderheitenwallfahrt nach Maria Hilf (ab Min. 0:33)

 

 

Auszeichnungen

Immer wieder zog es ihn nach Schlesien, denn – wie er in einem Interview für die Deutsche Welle im Jahr 2008 sagte – brauche jeder eine Heimat, einen Ort, an dem er die ersten Lebenserfahrungen gemacht hatte und Breslau-Lissa sei eben ein Teil seiner Identität. An der Breslauer Päpstlichen Theologischen Fakultät wurde ihm 1996 die Ehrendoktorwürde verliehen, ähnlich wie im Jahr 2005 an der Katholischen Universität in Lublin.

Für seine Verdienste um die Förderung der deutsch-polnichen Zusammenarbeit und für die Rettung von Kulturgütern und Denkmälern in Polen wurde Kardinal Meisner im Jahr 2012 von Staatspräsident Bronisław Komorowski das Große Kreuz des Verdienstordens der Republik Polen verliehen.

 

 

Konservativer

So geschätzt er in den Kreisen der vertriebenen Schlesier und der deutschen Minderheit in Polen gewesen ist, so sehr kritisiert wurde er von Teilen der Kirche und der deutschen Gesellschaft für seinen Konservatismus. Das Magazin „Der Spiegel“ bezeichnete ihn gar als „Wachhund Gottes“. Die Kirche und ihre Lehre sollten sich seiner Meinung nach nicht an den Zeitgeist anpassen und so lehnte er das Frauenpriestertum, die Abschaffung des Zölibats, Homosexualität, Abtreibung oder das Mitfeiern des evangelischen Abendmahls für katholische Priester strikt ab. Daher verband ihn eine innige Freundschaft mit dem hl. Papst Johannes Paul II. und Benedikt XVI., mit der Kirchenpolitik des jetzigen Papstes Franziskus haderte er dagegen und trat auch öffentlich gegen sie auf.

Aber auch außerhalb der Kirche zeigte Kardinal Meisner unerschrocken seine Meinung, auch wenn es nicht ohne Fauxpas´ geblieben ist. So warnte er z.B. vor „entarteter Kunst“ und sagte eines Tages seinen Kirchenmitgliedern im Erzbistum Köln: „Eine Familie von euch ersetzt mir drei muslimische Familien“.

Nach seiner Emeritierung lebte Joachim Meisner die vergangenen Jahre zurückgezogen in der Kölner Innenstadt. Am 5. Juli sei er während seines Urlaubs in Bad Füssing “friedlich eingeschlafen”. Der Kardinal wurde 83 Jahre alt.

 

 

Trauerfeierlichkeiten

Joachim Kardinal Meisner wurde in der Kirche St. Gereon aufgebahrt, wo seit dem 7. Juli die Gläubigen Abschied nehmen können von ihrem langjährigen Oberhirten. Am 15. Juli wird Kardinal Meisner nach einem Hochamt im Kölner Dom  in der dortigen Bischofsgruft beigesetzt.

Bis zur Beerdigung von Kardinal Meisner wird täglich um 15 Uhr in allen Kirchen des Erzbistums Köln für 15 Minuten die Totenglocke geläutet und es gibt Trauerbeflaggung an kirchlichen Gebäuden.

BdV/Rudolf Urban

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