Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

Ein Champion mit großem Herzen

Der deutsche Boxsport blickt in seiner reichhaltigen Geschichte auf viele namhafte Champions zurück. Als allergrößter unter ihnen gilt jedoch in jedem Ranking Max Schmeling, der auch zum größten deutschen Sportler des vergangenen Jahrhunderts gekürt worden ist! Am 28. September 1905 in Klein Luckow geboren, wuchs Maximilian Schmeling in Hamburg auf. Bis zu seinem 14. Lebensjahr war seine Leidenschaft und große Liebe der Fußball.

 

Max Schmeling
Foto: Wm. C. Greene/Wikipedia

 

Besonderes Gefallen fand er dabei an der Torhüterposition. Wäre er dieser Sportart treu geblieben, würden wir ihn heute vielleicht zu den herausragendsten deutschen Keepern, zusammen mit Sepp Maier und Oliver Kahn, zählen. Doch alles veränderte sich im Leben des jungen Max Schmeling, als er den fantastischen US-amerikanischen Boxer Jack Dempsey in Aktion sah. Daraufhin sprang das Interesse des noch jungen Fußballspieler zum Boxsport über. Anfänglich trainierte er nur privat, kam damit aber so gut zurecht, dass er im August 1924, kurz vor seinem 19. Geburtstag, sein Debüt im Profiring gab! Ebenso fantastisch: Drei Jahre später war er bereits deutscher Meister im Halbschwergewicht und 1928 griff er erfolgreich nach dem Europameistergürtel in derselben Gewichtsklasse!

 

Meisterkampf jenseits des Ozeans

Nach zwei gelungenen Titelverteidigungen im Halbschwergewicht wechselte Max Schmeling zum Schwergewicht, der prestigeträchtigsten Boxgewichtsklasse, in der es aber am schwierigsten war, zu gewinnen und gleichzeitig gesund zu bleiben. Es ist auch die Gewichtsklasse mit besonders vielen Prestige-Duellen, die in der Glanzzeit des deutschen Champions vor allem in den USA stattfanden. Es konnte somit nicht anders kommen: Max Schmeling machte sich auf den Weg über den Ozean und absolvierte 1930 in New York einen Kampf um den Weltmeistergürtel gegen Jack Sharkey. Er besiegte ihn, nachdem der Amerikaner wegen eines Schlags unter der Gürtellinie in der vierten Runde disqualifiziert wurde. Zwei Jahre später kam es zwischen den beiden Boxern zur Revanche. Dabei entschieden die Richter sehr kontrovers auf Punktsieg für Jack Sharkey, obwohl dieser dem Deutschen im Kampfverlauf deutlich unterlegen war. „Wir wurden ganz einfach bestohlen”, fasste Schmelings Manager Joe Jacobs das Urteil zusammen. Das konnte allerdings nichts mehr daran ändern, dass Max Schmeling der erste europäische Weltmeister der königlichen Boxgewichtsklasse im 20. Jahrhundert geworden war.

Die frühen 1930er Jahre markierten in Deutschland den Beginn des Nazi-Regimes. Schmelings Ehefrau war damals die tschechische Schauspielerin Anna Ondráková, während sich Joe Jacobs, ein Amerikaner jüdischer Herkunft, um seine Geschäfte kümmerte. Das missfiel Adolf Hitler und er bestand auf Scheidung sowie darauf, den Manager zu entlassen. Der Führer hatte jedoch eine Schwäche für Max Schmeling, der von Millionen Deutschen bewundert wurde und drückte daher nach einem Gespräch mit ihm über die ihm missliebigen Fakten ein Auge zu. Besonders erfreut zeigte sich darüber natürlich der Boxer selbst: „In der Boxwelt gab es nie eine Aufteilung in Protestanten, Katholiken, Juden, Schwarze usw.. Uns haben nur Faustkämpfe interessiert und sonst nichts. Das versteinerte Gesichts Adolf Hitlers deutete darauf hin, dass ihm das nicht sonderlich gefiel, aber ich konnte ihn überzeugen, dass ich meine Frau sehr liebte und Herrn Joe Jacobs, durch den ich so viel in den USA erreicht hatte, dringend brauchte”. Wie das Leben zeigte, stand der größte Erfolg dem deutschen Gladiator erst noch bevor.

 

Größter Triumph in der Karriere

Im Juni 1936 erlebten 40.000 Zuschauer im New Yorker Yankee Stadium, wie Max Schmeling einen großen Champion, den bislang ungeschlagenen schwarzen US-Boxer Joe Louis, k.o. schlug. Dabei war der deutsche Boxer nicht der Favorit dieses Duells gewesen und die Buchmacher hatten seine Erfolgschancen mit nur 1:8 bewertet. „Ich war zuvor in die USA gereist, um Joe Louis gegen den spanischen Meister Paulino Uzcudun kämpfen zu sehen”, erinnerte sich Max Schmeling und fügte hinzu: „Ich bemerkte, dass er nach einem Schlag seinen linken Arm senkte und dabei die linke Kopfseite freiließ. Da wusste ich, dass ich den großen Joe Louis besiegen könnte, auch wenn alle ungläubig gelacht hatten, als ich es erwähnte und mich für verrückt hielten. Wie sich dann aber zeigte, hatte ich mich nicht geirrt. In der vierten Runde lag Joe Louis nach meiner Rechten zum ersten Mal in seiner Karriere auf den Brettern, aber er rappelte sich sehr schnell wieder auf. Er hatte einen großen Kampfgeist, war ein großer Fighter und ein sehr guter Puncher. Doch in der zwölften Runde traf ich ihn erneut hart, was ihn benommen machte, und ich schickte anschließend noch eine Rechte hinterher. Danach fiel er wieder auf die Bretter, stand diesmal aber nicht mehr wieder auf.“ Auch wenn es bei diesem Kampf nicht um einen Gürtel ging, erachten viele Experten den Sieg über Joe Louis bis heute als den größten Triumph in Schmelings Karriere. Zum Revanchekampf zwischen Max Schmeling und Joe Louis musste es früher oder später kommen. So standen sich dann beide Boxer im Juni 1938 erneut im New Yorker Yankee Stadium im Ring gegenüber. Dieses Mal verfolgten ganze 75.000 Fans das Duell der beiden Boxriesen, bei dem es um den Weltmeistergürtel im Schwergewicht ging. Niemand konnte vermuten, dass das Hit-Duell nur 124 Sekunden dauern würde! „Ich war damals fast 33 Jahre alt und hatte inzwischen bei weitem nicht mehr so gute Reflexe wie der damals 24-jährige Joe Louis. Der Kampf war kurz, ich wurde total dominiert und mein Coach schrie nur immer wieder, ich solle mich schneller bewegen. Ich war jedoch nicht in der Lage, meinen Gegner aufzuhalten. Es ist vielleicht eine schwache Ausrede, aber an jenem Abend wäre niemand mit Joe Louis fertig geworden”, erinnerte sich Max Schmeling. Später betonte der deutsche Champion rückblickend allerdings mehrmals, er freue sich, diesen Kampf gegen Joe Louis verloren zu haben. „Wäre ich damals als Sieger nach Deutschland zurückgekehrt, hätten mir die Nazis sicherlich eine Medaille gegeben. Dabei hatte ich ja mit ihnen nichts gemein und wollte es auch nicht”.

 

Max Schmeling (links) in Begleitung seines Managers Joe Jacobs
Foto: Bundesarchiv,
Bild/ Wikimedia Commons

 

Strafweise zur Armee

Nach seiner siegreichen ersten Auseinandersetzung mit Joe Louis erhielt Max Schmeling eine erhebliche finanzielle Vergütung von der NSDAP und investierte dieses Geld in ein Restaurant in Stettin. Später jedoch lehnte er einen Eintritt in die Regimepartei ab, wofür er strafweise zur Armee einberufen und im Rahmen der Operation „Merkur” nach Kreta geschickt wurde. Laut verschiedener Quellen erlitt der Boxer an der Front eine Verletzung an Knie und Wirbelsäule, doch die Wahrheit lag ganz woanders: „Ich landete auf einer Trage, aber ich war keineswegs am Knie angeschossen worden, das war Goebbels’ Propaganda. Es gab auch Gerüchte über meinen Tod, aber die Wahrheit war viel prosaischer – ich litt unter Magenkrämpfen. An den Kämpfen nahm ich überhaupt nicht teil, weil die Krämpfe mich gleich nach meinen Fallschirmabsprung aus dem Flugzeug erwischt hatten. In den Medien bestritt ich dann sofort jegliche Wunden, woraufhin Goebbels sehr erbost war und mir sogar mit dem Kriegsgericht drohte. Hätten die Deutschen diese Schlacht verloren, hätte er mich wahrscheinlich erschießen lassen”, erinnerte sich Max Schmeling. Apropos Restaurant in Stettin. Wie sich zeigt, verband nicht nur dieses Max Schmeling mit dem heutigen Polen. Der legendäre Boxer war in den Jahren 1937-45 offiziell Bewohner des Dorfes Ponickel (Ponikła), das derzeit in der Woiwodschaft Pommern liegt. Von seinem Anwesen gibt es zwar keine Spur mehr, aber es hat sich bis heute ein Wirtschaftsgebäude erhalten, das vermutlich als Trainingsraum diente. Zum Andenken an den berühmten Boxer haben im Mai 2006 Deutsche, die früher in der Gegend von Ponickel lebten, einen Obelisk gestiftet, der an einer Landstraße unweit des Dorfes Segenberg (Żabno) im Wald steht. Der deutsche Champion besaß auch ein Ferienhaus am nahegelegenen See und arbeitete 1942/43 am Flughafen in Elbing. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs kehrte Max Schmeling nochmals in den Ring zurück und absolvierte in der Heimat einige Kämpfe. Es war jedoch kein langes Abenteuer mehr mit dem Ring. Am 31. Oktober 1947 nahm er endgültig Abschied vom Boxen, nachdem er in Berlin mit 42 Jahren dem jüngeren deutschen Boxer Richard Vogt nach Punkten unterlag.

 

Ein edler, guter Mensch

Am Ende seiner Sportlerkarriere konnte Max Schmeling nicht über Geldmangel klagen. Nachdem er seine Handschuhe endgültig an den Nagel gehängt hatte, eröffnete er in Hamburg eine Vertretung der Firma Coca-Cola. Später freundete er sich mit Joe Louis, seinem großen Rivalen aus der Vergangenheit, an, der im Gegensatz zum deutschen Champion nach dem Ende seiner Boxerkarriere in extreme Armut geraten war. Max Schmeling schätzte ihn jedoch sehr hoch als Sportler und als Mensch. Er zeigte nun ein großes Herz und erwies sich als wahrer Freund, indem er Joe Louis bis ans Ende dessen Lebens finanziell unterstützte. 1981 übernahm er auch die Kosten seiner Beerdigung. „Früher drehte sich alles um Politik, Hitler, Roosevelt und Nationalstolz. Nach dem Krieg hat man mich nach Milwaukee eingeladen, wo ich die Adresse von Joe Louis in Chicago ergattern konnte. Ich fuhr zu ihm hin. Zwar traf ich ihn nicht sofort zu Hause an, aber ich gab nicht auf und wartete, bis er zurückkam. Danach hatten wir miteinander ein wunderbares Gespräch”, erinnerte sich Max Schmeling und ergänzte: „Wie sich zeigte, glaubte er nicht an all die Lügen, die über mich geschrieben worden waren. Wir wurden Freunde und haben uns dann im Laufe der Jahre mehrmals gegenseitig besucht. Zum letzten Mal sahen wir uns in Las Vegas bei einer Benefizveranstaltung, die Frank Sinatra für ihn organisiert hatte. Zu sagen, dass ich ihn mochte, ist zu wenig. Ich liebte ihn!”. Wie man sieht, war Max Schmeling eine Persönlichkeit, die ganz klar zeigt, dass das Leben nicht schwarz-weiß ist. Viele warfen ihm vor, er habe Geld von der NSDAP genommen und sich zu einem Liebling Adolf Hitlers machen lassen. Doch kann jemand schlecht sein, der dem „Führer“ die Scheidung von seiner Frau und die Entlassung seines Managers verweigerte und später auch die Möglichkeit verwarf, in die Regimepartei einzutreten? Mehr noch, Max Schmeling rettete beim Judenpogrom in der sog. Reichskristallnacht zwei Teenagern das Leben. Verhält sich so ein böser oder zumindest gleichgütiger Mensch? „Ganz bestimmt nicht! Jemand, der so handelt, zeichnet sich durch enormen Mut und großes Herz aus. Er hatte ein großes Herz, das Herz eines großen Meisters”, betonte 1989 Henri Lewin, einer der beiden vom Boxer geretteten Jungen, und fügte hinzu: „Ab dem 9. November 1938 versteckte er mich und meinen Bruder vier Tage lang in seinem Hotelappartement in Berlin. Gerade damals hatten Gestapoleute damit begonnen, die Straßen „judenfrei“ zu machen. Hätten sie uns bei ihm gefunden, hätten sie uns alle drei getötet”.

 

 

Max Schmeling hat im Profiring insgesamt 70 Kämpfe bestritten, davon gewann er 56, verlor 10 und boxte 4 unentschieden. Er wurde zum herausragendsten deutschen Sportler des 20. Jahrhunderts erklärt. Seinen Kampf gegen Walter Neusel 1934 verfolgten ca. 100.000 Zuschauer von den Stadiontribünen in Hamburg. Auch die größten Champions können heute von einem solchen Publikum nur träumen. In seiner Coca-Cola-Niederlassung war Max Schmeling bis zu seinem neunzigsten Lebensjahr beruflich tätig! Er starb am 2. Februar 2005 im Alter von 99 Jahren (nur sieben Monate fehlten zu seinem 100. Geburtstag) und bleibt damit bis heute der am längsten lebende Weltmeister im Boxschwergewicht.

 

 

Krzysztof Świerc

Show More