Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Eine Brücke zwischen Ost und West

Das Breslauer Rathaus ist das Wahrzeichen der Stadt und mittlerweile auch über Europas Grenzen hinweg bekannt Foto: Mirand/Wikimedia Commons
Das Breslauer Rathaus ist das Wahrzeichen der Stadt und mittlerweile auch über Europas Grenzen hinweg bekannt Foto: Mirand/Wikimedia Commons

So will sich das heutige Breslau als Kulturhauptstadt 2016 Europa präsentieren und vergisst dabei nicht, dass zum Brückenschlag auch die Geschichte dazugehört, die in der niederschlesischen Metropole auch sehr tragische Kapitel geschrieben hat.

 

Am 16. und 17. Januar ist der offizielle Auftakt für Breslau als Kulturhauptstadt, die im Veranstaltungskalender neben bereits bekannten Events (diese werden aus dem besonderen Anlass umfangreicher gestaltet) auch neue Festivalitäten anbietet. Dazu gehört u.a. die bereits einen Tag vor dem offiziellen Start eröffnete Ausstellung mit Arbeiten des baskischen Künstlers Eduardo Chillida. Denn San Sebastian im Baskenland ist die zweite Kulturhauptstadt Europas 2016. Ebenfalls als Hommage an San Sebastian ist am 20. Januar eine “Tamborrada” geplant. Dabei sollen am Tag des Heiligen Sebastian zahlreiche Breslauer wie sonst bei diesem Event im Baskenland üblich zum Beispiel als Wasserträgerinnen oder Köche verkleidet durch die Stadt ziehen.

 

Nicht nur für die „Touris“

 

Alle Kulturangebote im Jahr 2016 richten sich dabei nicht nur an die Touristen, sondern vor allem auch an die Einwohner der niederschlesischen Hauptstadt, die ebenso wie die erwarteten Besucher aus allen Herren Ländern Europas die Stadt aufs Neue erleben sollen. Daher gilt es eben nicht nur für die Gäste Breslau mit seiner Geschichte zu erleben, sondern auch für die Breslauer selbst, die damit ein Gefühl für ihre Heimatstadt bekommen sollen. Breslau will ja nicht nur Brücke zwischen Ost und West für die Besucher sein, sondern auch Vermittler für die eigenen Einwohner.

 

Doch im Vordergrund steht vor allem Kultur in all ihren Facetten. So wird z.B. am 18. Februar das Nationale Symphonieorchester aus Washington zusammen mit dem chinesischen Pianisten Lang Lang in Breslau gastieren. Am 23. April dagegen wird die Literaturnacht veranstaltet, da Breslau zur gleichen Zeit auch UNESCO-Buchhauptstadt der Welt ist. Im Mai treten dann sowohl die Londoner als auch die Wiener Philharmoniker in Breslau auf und im Juli heißt es „Singing Europe“, wenn zahlreiche Chöre aus ganz Europa ihr Können zum Besten geben.

 

Deutsche Minderheit mischt mit

 

Bei den vielfältigen Kulturangeboten darf auch die Breslauer Deutsche Minderheit (DSKG) nicht fehlen. So will die dortige DSKG das Kinderbuch „Etwas von den Wurzelkindern“ der Autorin Sibylle von Olfers ins Polnische übersetzen und veröffentlichen. Geplant ist außerdem die Aufführung eines Stummfilms, der neu vertont und dessen Textpassagen ebenfalls ins Polnische übertragen werden sollen. Als Favorit gilt Gerhardt Hauptmanns „Die Weber“ mit seinem historischen Bezug zu Breslau. Die Musik zum Film wird übrigens am Abend der Vorführung live von einer Band gespielt.
Bereits in Arbeit ist ein Projekt zum deutschen Widerstand während der Nazi-Herrschaft. Dabei hat Ruben Gallé, der bei der Breslauer deutschen Minderheit als ifa-Kulturmanager tätig ist, das Ehepaar Moltke ins Auge gefasst: Helmuth James Graf von Moltke war der Begründer des Kreisauer Kreises. Nach seiner Festnahme durch die Gestapo 1944 wartete er im Gefängnis in Plötzensee auf seine Hinrichtung und führte von dort aus mit seiner Frau Freya einen berührenden Briefwechsel. Geplant ist eine Lesung dieses Briefwechsels mit anschließender Diskussion mit Historikern und Politikern. Im Zentrum steht die Frage, wie in Deutschland und Polen der deutsche Widerstand rezipiert und politisch instrumentalisiert wurde.

 

International besetzter Abschluss

 

Die Veranstaltungen im Rahmen der Kulturhauptstadt enden in Breslau am 17. Dezember. Dann führt der englische Künstler Chris Baldwin in der Jahrhunderthalle Regie bei der Performance “Niebo” (“Himmel”). Dabei sind Künstler aus Deutschland, Frankreich, Israel und Großbritannien gemeinsam auf der Bühne zu sehen.

 

Alle aktuellen Informationen über die Veranstaltungen in Breslau im Rahmen der Kulturhauptstadt Europas 2016 finden sie im Internet unter www.wroclaw2016.pl und auch das Wochenblatt berichtet natürlich das ganze Jahr darüber, was in der niederschlesischen Hauptstadt los sein wird.

 

Rudolf Urban, mb

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