Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Evangelische Kirchen in Masuren

Von der früher in Ostpreußen dominierenden Evangelischen Kirche ist fast nichts mehr erhalten. Heute zählt in seinem südlichen Teil die Evangelisch-Augsburgische Kirche in Polen noch 5.000 Gläubige. Doch in der jetzigen Diözese Masuren existieren noch viele Kirchen als stumme Zeugen der Geschichte. Ihrer Dokumentation hat sich die Familie Grygo aus Kruttinnen angenommen. Einen Ausschnitt präsentierten sie Mitte September bei den Sorquitter Gesprächen.

 

Sorquitter Gespräche in der Kirche. Foto: Uwe Hahnkamp

Seit einigen Jahren organisieren die evangelisch-augsburgische Gemeinde in Sorquitten und der Verein „Freunde Masurens“ aus Scharnhorst die Sorquitter Gespräche. Im aktuellen Vortrag stellte Maria Grygo, Deutschlehrerin aus Kruttinnen, in der evangelisch-augsburgischen Kirche in Sorquitten auf Deutsch und Polnisch sieben Kirchen vor, eine heute katholische in Klein Jerutten (Jerutki) und sechs weiterhin evangelische.

 

Schwierige Nachkriegsgeschichte
In dieser Auswahl steckt ein tragischer Teil der Geschichte der Kirchen im südlichen Ostpreußen. Nach dem Zweiten Weltkrieg änderte sich die religiöse Zugehörigkeit der Bevölkerung. Die neuen polnischen, katholischen Einwohner benötigten Gotteshäuser. Manche Kirchen wurden einfach übernommen, wie im Kreis Johannisburg (Pisz). Nur die von Maria Grygo vorgestellte in Weissuhnen (Wejsuny) blieb evangelisch. Bei anderen, wie in Drengfurth (Srokowo), kam es zu einem Tausch mit kleineren Kirchen oder Kapellen. Viele andere, wie die Kirche in Warpuhnen (Warpuny), blieben ungenutzt und verfielen zusehends, da es spätestens seit der Auswanderungswelle in den 60er und 70er Jahren kaum noch Gemeindemitglieder gab. Für diese Kirche engagiert sich der Verein „Freunde Masurens“, dessen Vizevorsitzender Pastor Fryderyk Tegler dort aufwuchs. Inzwischen sieht das Gebäude viel besser aus, die Renovierung des Turms konnte mit einem Dankgottesdienst am 14. September gefeiert werden.

 

Die Kirche in Jerutki/Klein Jerutten. Foto: Krzysztof Grygo

Hohe Kirchen, kleine Schmuckstücke
Ein weiterer, weithin sichtbarer Kirchturm mit besonderen Dachziegeln, steht in Nikolajken (Mikołajki). Um für die Renovierung die passenden Ziegel zu finden, musste ein früherer Pfarrer bis ins Emsland im nordwestlichen Deutschland fahren, so Maria Grygo: „Im Gegensatz dazu wurden die Ziegel für die Weissuhner Kirche vor Ort gebrannt.“ Das gilt auch für die älteste evangelische Kirche der Region in Passenheim (Pasym), deren Kuppeldach über dem Großen Calbensee thront. Sie war üppig ausgestattet, vor allem ihre Orgel ist bis heute bekannt. Im Pfarrhaus daneben war beim Durchzug der französischen Armeen Anfang des 19. Jahrhunderts Napoleon persönlich untergebracht.
Die Sympathien von Maria Grygo liegen aber bei den kleineren Kirchen. Etwa bei der Kirche mit dem in Fachwerk errichteten und weiß getünchten Kirchenschiff in Klein Jerutten. „Hier waren 1802 preußische Truppen zu einer Militärparade unter König Friedrich Wilhelm III. zugegen. Auch sein Sohn Friedrich Wilhelm IV war auf den Spuren seines Vaters hier“, erzählt Maria Grygo. Ihr Favorit ist jedoch die kleine, an ein Märchenschlösschen erinnernde Steinkirche auf einem Hügel in Raschung (Rasząg). „Das Malerische endet aber nicht beim Äußeren. Die Wandbemalung und sehr schöne Glasmalereien in Blautönen runden das Schmuckstück ab“, schwärmt Maria Grygo, „ so erhält es eine sehr ruhige Atmosphäre.“ Ein Besuch dort und in der Region lohnt sich also, sowohl in historischer als auch in künstlerischer Hinsicht.

 

 

Uwe Hahnkamp

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