Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Minderheiten sind gefährlich?

Die letzte Sitzung der Gemeinsamen Kommission.

Die letzte Sitzung des Gemeinsamen Ausschusses der Minderheiten und der polnischen Regierung fand am 21. Dezember statt. Dabei wurden die Vertreter der Volksgruppen nicht nur informiert, wie die Förderung im Jahr 2017 aussehen wird, sondern auch wie sie vom Inlandsgeheimdienst (ABW) gesehen werden. Der Bericht löste Entrüstung aus.

 

Die Vertreter der Minderheiten erwarteten, dass der Bericht zeigt, wie der Inlandsgeheimdienst die Minderheiten vor extremistischen Gruppierungen schützt. „Es gab ja u.a. Ausschreitungen gegen die Ukrainer in Przemysl, regelmäßig hören wir auch von Zerstörungen von Denkmälern usw. Wir wollten also wissen, was der Inlandsgeheimdienst da unternimmt“, sagt Mariola Abkowicz, die im Gemeinsamen Ausschuss die Karaimer vertritt.

 

Gefährliche Minderheiten

 

Stattdessen erfuhren die Vertreter der Minderheiten, dass sie als Volksgruppen genauso wie extremistische Gruppierungen in Polen unter Beobachtung der Geheimdienste stehen. „Es ist klar, dass auch unter den Mitgliedern jeder Minderheit gefährliche Personen sein können, genauso wie  es in der Mehrheitsgesellschaft auch schwarze Schafe gibt. Es geht aber nicht, dass wir unter eine Art Generalverdacht gestellt werden“, sagt Mariola Abkowicz.

 

Die Vertreter der Minderheiten haben daher eine Stellungnahme veröffentlicht, in der sie sich gegen den Bericht des Inlandsgeheimdienstes stellen. Sich auf die polnische Verfassung berufend klagen die Minderheiten an, wegen ihrer nationalen Herkunft diskriminiert zu werden: „Im Artikel 35 der Verfassung der Republik Polen wird polnischen Staatsbürgern anderer Nationalität die Freiheit der Pflege der eigenen Sprache, Kultur und Traditionen gewährt … Die Nutzung dieser Rechte darf also nicht gleichzeitig generell Anlass sein, um diese Staatsbürger aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer nationalen oder ethnischen Minderheit zu einer radikalen oder gefährlichen Gruppe zu zählen“, lesen wir in der Stellungnahme.

 

Gleichzeitig fordern die Minderheitenvertreter, dass der Inlandsgeheimdienst auf die für die Volksgruppen wichtigen Fragen nach ihrem Schutz vor extremistischen Gruppierungen nochmals antwortet. „Wann dies aber geschehen wird, wissen wir nicht. Denn bislang war es Tradition, dass wir am Ende des Jahres einen Sitzungsplan für die kommenden zwölf Monate vom Innenministerium bekamen. Jetzt wurde uns ein solcher nicht vorgelegt, sodass wir gar nicht wissen, wann wir uns mit welchem Thema beschäftigen werden können“, beklagt Mariola Abkowicz.

 

Keine finanzielle Sicherheit

 

Generell gebe es in diesem Jahresbeginn eine Vielzahl von Fragezeichen, nicht nur nach einem erneuten Treffen mit Vertretern des ABW. Auch die Finanzen der Minderheiten sind noch nicht in trockenen Tüchern. Zur Erinnerung: Ende 2016 wurden die Fördermittel für die Kulturarbeit der Minderheiten vom Innenminister verteilt und es kam heraus, dass 5 Millionen Zloty zurückgehalten werden, um sie im Lauf des Jahres auszugeben. Nach einem Protest der Minderheitenvertreter sollten diese Einsprüche einlegen, wenn für sie wichtige Projekte keine Finanzierung erhalten haben. „Das haben wohl alle Minderheiten gemacht, aber wir wissen immer noch nicht, ob und in welchem Ausmaß diese Einsprüche gelten werden. Ich kann ja ein Kulturprojekt auf Eis legen und es gegebenenfalls später realisieren. Wir haben aber gleichzeitig auch fixe Kosten wie Miete oder Gehälter für Mitarbeiter. Wenn wir also nicht rechtzeitig erfahren, wie die Finanzierung letztendlich aussehen wird, stehen wir vor einem großen Problem“, sagt Mariola Abkowicz.

 

Das nächste Treffen des Gemeinsamen Ausschusses der Minderheiten und der polnischen Regierung soll Mitte Februar stattfinden. Wir werden darüber berichten.

 

Rudolf Urban

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