Die Sprache ist ein wesentliches Werkzeug in der Kommunikation. Bewusst oder unbewusst drückt sie Denkweisen und Vorurteile aus. Umgekehrt beeinflusst Sprache aber auch das eigene Denken und Handeln.
Das machte Dr. Anna Mróz bei den letzten deutsch-polnischen Gesprächen am ersten März in Potsdam deutlich. Die Sprachwissenschaftlerin aus Berlin hat einen deutsch-polnischen Vergleich der Jura-Sprachen vorgenommen und festgestellt: „In der Verordnung des Ministers für Arbeit und Sozialpolitik vom 27. April 2010 über die Klassifikation von Berufen und Spezialisierungen für den Bedarf des Arbeitsmarktes sowie über deren Anwendung (z. B. Gesetzblatt Nr. 82 Pos. 537) finden wir hier schwarz auf weiß eine Dominanz männlicher Berufsbezeichnungen. Die Verwendung ihrer weiblichen Gegenparts beschränkt sich lediglich auf Berufsbezeichnungen wie asystentka (Assistentin), higienistka (Schulkrankenschwester), fakturzystka (Fakturistin) oder auch manikiurzystka (Handpflegerin).“
Doch selbst in der allgemeinen offiziellen Sprache liegt Polen weit hinter Deutschland zurück, denn in der deutschen Sprache gibt es für fast jede Berufsbezeichnung eine weibliche und eine männliche Form. Die polnische Sprache dagegen hat nur wenige weibliche Berufsbezeichnungen. Das hänge damit zusammen, dass die polnische Sprache in Hinblick auf die Wortbildung viel komplizierter als die deutsche sei. Das wiederum würde eine geschlechtergerechte Verwendung erschweren. „Es ist aber möglich und die Sprache ist im Wandel“, betont Anna Mróz und weist daraufhin, dass langsam auch weibliche Bezeichnungen für angesehene und hoch entlohnte Berufe in den Sprachgebrauch kämen wie Redakteurin (redaktorka), Pressesprecherin (rzeczniczka prasowa), Geschäftsführerin (prezeska).
Die Einführung von weiblichen Berufsbezeichnungen sei auf lange Sicht notwendig, um eine antidiskriminierende Sprache zu etablieren, ist Anna Mróz überzeugt und plädiert darüber hinaus dafür, gleichzeitig weibliche und männliche oder geschlechtsneutrale Bezeichnungen zu nutzen, z.B. GeschäftsführerIn.
In einer nachfolgenden Diskussion zeichnete sich deutlich ab, dass die Gender-Gerechtigkeit noch nicht fester Bestandteil des Denkens und der Sprache ist. Zwar sprachen sich die Gesprächsteilnehmer und –teilnehmerinnen aus unterschiedlichen Generationen gegen Diskriminierung aus, deshalb aber die Sprache zu verändern und sie in den Alltag zu integrieren, diese Notwendigkeit sahen nicht alle.
Christian Schmidt