Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Zwei Seiten einer Medaille

In Dresden kamen Vertreter von Organisationen der Vertriebenen sowie der deutschen Minderheiten in Europa zur ersten internationalen Begegnungstagung unter dem Motto „Zwei Seiten einer Medaille“ zusammen. Ziel der Konferenz war es zu schauen, wie die Zusammenarbeit der Heimatvertriebenen und –verbliebenen funktionieren kann.

 

Gleich sieben Schlesier von westlich und östlich der Oder Neisse Grenze nahmen an der Konferenz in Dresden teil.
Foto: facebook.com

 

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurden Millionen von Deutschen in das Nachkriegsdeutschland vertrieben und ausgesiedelt und gründeten dort ihre Interessenvertretungen – die Landsmannschaften. Millionen blieben aber weiterhin in ihren angestammten Heimaten, in denen, wie im Fall Polens, ihre Existenz geleugnet wurde. Eine Wende brachte erst das Ende der 80er Jahre und der Zusammenfall des Sozialismus. „Helmut Kohl und Wolfgang Schäuble, als den maßgeblichen Gestaltern der Deutschen Einheit in der damaligen Bundesrepublik Deutschland, war bewusst, dass dieschmerzvolle Anerkennung der Oder-Neiße-Linie als endgültige deutsch-polnische Grenze nicht dazu führen dürfe, das kulturelle und geschichtliche Erbe der Heimatregionen der deutschen Vertriebenen und Aussiedler aus dem gesamtdeutschen Bewusstsein zu verdrängen“, sagte zum Auftakt der Konferenz Hartmut Koschyk, ehemaliger Bundesbeauftragter für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten. Deshalb sei damals auch die Unterstützung für die Vertriebenen wie auch die Minderheit verstärkt worden.

 

 

Unterschiede

Die darauffolgende Diskussion zeigte deutlich, wie sich die Zusammenarbeit der Heimatverbliebenen wie auch die der Vertriebenen unterschiedlich entwickelte. „Die Sudetendeutsche Landsmannschaft hat uns, den Deutschen in Tschechien, nicht nur in der Anfangsphase sehr geholfen, sie ist auch bis heute unser wichtiger Partner.Große Projekte, wie z.B. die Dokumentation deutscher Gräber in Tschechien sind wichtig, sowohl für uns als auch für die Vertriebenen“, sagt Martin Dzingel, Vorsitzender der Landesversammlung der Deutschen in Tschechien.Steffen Hörtler von der „Stiftung Sudentendeutschen Sozial- und Bildungswerk“ betonte, die deutsche Minderheit in Tschechien spiele als Brückenbauer eine enorme Rolle, denn sie ist für die Vertriebenenverbände der natürliche Partner vor Ort, der die dortigen Verhältnisse bestens kenne.

Anders sah die Zusammenarbeit dagegen bei den Russlanddeutschen aus. Olga Martens vom Internationalen Verband deutscher Kultur in Russland sagte, Kontakte zur Landsmannschaft in Deutschland haben nicht gleich Anfang der 90er Jahre begonnen. „Dies musste sich erst langsam entwickeln und reifen. Heute funktioniert die Zusammenarbeit aber sehr gut“, meint Martens.

 

 

Beispiel Schlesien

Das Verhältnis zwischen der Landsmannschaft Schlesien und der deutschen Minderheit in dieser Region hatte dagegen einen etwas anderen Weg. Während die Vertriebenen, wie Hartmut Koschyk sagte, in der Anfangszeit die Minderheit sowohl materiell als auch politisch unterstützt haben, kam eine engere Zusammenarbeit in den folgenden Jahren größtenteils zum Erliegen. „Die Zeiten haben sich inzwischen geändert und nun sind wir es, die die Hilfe der Deutschen in Schlesien brauchen. Zwar nicht im materiellen Sinn, aber durch die Sicherheit, dass Ihr in der Heimat immer noch einen Anker habt und wir nun gemeinsam unsere Kultur bewahren und weiterentwickeln“, sagte Stephan Rauhut, Vorsitzender der Landsmannschaft Schlesien.

Es gehe aber nicht darum, im eigenen Saft zu schmoren, wie Bernard Gaida, Vorsitzender des Verbandes deutscher Gesellschaften in Polen sagte. Die gemeinsame Arbeit müsse auch immer eine Botschaft an die Mehrheitsgesellschaften haben, denn immer noch bestehe zu wenig Wissenauf beiden Seiten der Oder und Neiße über die Bedeutung der Landsmannschaften und der Minderheiten.
Dies bestätigt auch Hartmut Koschyk. „Ich selbst habe mehrfach erlebt, wie sich dort, wo aktive landsmannschaftliche Arbeit vor Ort geleistet wird, auch einheimische Mitbürger ohne Vertriebenenbezug für die Kultur und Traditionen der Vertriebenen und Aussiedler interessieren. Das gleiche Phänomen ist dort festzustellen, wo die Kultur-, Bildungs-und Geschichtsarbeit deutscher Minderheiten Strahlkraft und Attraktivität auch für die nichtdeutsche Bevölkerung entwickeln“, meint der ehemalige Bundesaussiedlerbeauftragte.
Neben einer Zusammenarbeit zwischen den Landsmannschaften und den Minderheitenverbänden diskutierten die Teilnehmer auch über konkrete Kooperationen im Bereich Jugend, Digitalisierung und Wissenschaft. Die Konferenz wurde organisiert von der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen und der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Minderheiten mit finanzieller Unterstützung des Freistaates Sachsen.

 

Rudolf Urban

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