Das beherrschende Thema der Medien in den letzten Wochen war der Flüchtlingszustrom nach Europa. Über die Standpunkte und Sichtweisen der EU-Mitgliedsländer Polen und Deutschland diskutierten Politiker und Wissenschaftler beider Länder.
Unter dem Titel „Migrationsland Europa! Herausforderungen für Deutschland und Polen“ fand am 12. Oktober in Kattowitz (Katowice) eine Podiumsdiskussion statt, die vom Haus der Deutsch-Polnischen Zusammenarbeit (HDPZ) und der Friedrich-Ebert-Stiftung organisiert wurde. Eingangs der Diskussion stellte Rafał Rogalla, Chef des Amtes für Ausländerangelegenheiten, fest, dass es weltweit etwa 210 Millionen Flüchtlinge gebe – nach Europa käme also nur ein Bruchteil von ihnen. Rogalla betonte, dass die EU dringend eine konstruktive Migrationspolitik benötige.
Thorsten Klute, Staatssekretär für Integration beim Minister für Arbeit, Integration und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen (NRW), gab zu, dass der derzeitige Flüchtlingszustrom von zehntausend Menschen täglich für die Kommunen eine riesige Herausforderung sei, andererseits könne die Bundesrepublik im Migrationsproblem auf reiche Erfahrungen zurückgreifen, die Polen fehle. Klute stellte auch fest: „In den vergangenen Jahren beobachten wir, dass jährlich 17.000 polnische Staatsangehörige mehr nach NRW eingereist, als ausgereist sind. Wir haben also jährlich einen Wanderungsgewinn von 17.000 Menschen alleine aus Polen – mit anderen Worten haben wir jedes Jahr eine neue Kleinstadt.
Prof. Romuald Jończy, Wirtschaftsuniversität Breslau (Wrocław), betonte, dass über Jahrzehnte junge Menschen aus Polen in westliche Länder auswanderten, und zwar hauptsächlich aus wirtschaftlichen Gründen. Jończy verurteilte die aktuelle Stimmung in Polen scharf: „Für mich ist die ablehnende, ja feindliche Haltung gegenüber den Flüchtlingen in der polnischen Gesellschaft nicht nachvollziehbar.“
Johannes Rasim