Minderheitenrechte: 20 Jahre Gesetz über nationale und ethnische Minderheiten
Im polnischen Innenministerium fand die 87. feierliche Sitzung der Gemeinsamen Kommission der Regierung und der nationalen und ethnischen Minderheiten statt. Diese Kommission vereint Vertreter der nationalen und ethnischen Minderheiten in Polen, Regierungsvertreter sowie Fachleute. Während der Sitzung wurde die zwanzigjährige Gültigkeit des Gesetzes über nationale und ethnische Minderheiten und die Regionalsprache analysiert, das am 6. Januar 2005 verabschiedet wurde.
Aus diesem Anlass baten wir Prof. Sławomir Łodziński von der Fakultät für Soziologie der Universität Warschau, der sich seit Anfang der 1990er-Jahre mit Minderheitenfragen in Polen befasst, um eine Einschätzung der 20-jährigen Wirkung dieses Gesetzes.
Ein Durchbruch: Gesetzlich garantierter Status
„Dank dieses Gesetzes haben nationale und ethnische Minderheiten sowie Personen, die eine Minderheitensprache oder eine Regionalsprache verwenden, erstmals in der Geschichte der polnischen Gesetzgebung eine gesetzlich garantierte Anerkennung ihrer Rechte und ihres Status erhalten. Das ist von großer Bedeutung – denn wenn man aus der Perspektive mehrerer Jahrzehnte zurückblickt, wurde die Existenz nationaler Minderheiten früher geleugnet. Heute ist sie im Gesetz verankert.

Foto: Stefani Koprek
Ich erinnere mich an die Wendezeit der 1980er- und 1990er-Jahre, in der sogar die Existenz der deutschen Minderheit in Frage gestellt wurde. Im aktuellen Gesetz ist die deutsche Minderheit jedoch auf der Liste der anerkannten nationalen und ethnischen Minderheiten aufgeführt.
Wichtig ist auch die im Gesetz verankerte subjektive Option, d. h. dass ich das bin, als was ich mich selbst betrachte. Es gibt keine behördliche oder sonstige Überprüfung dieser Zugehörigkeit. Natürlich gilt das Kriterium der polnischen Staatsbürgerschaft – Personen mit polnischer Staatsangehörigkeit, die eine andere nationale Identität als die polnische angeben, haben das Recht auf Schutz ihrer Rechte.“
Minderheitensprachen im öffentlichen Raum

Foto: Stefani Koprek
„Das Gesetz räumt Angehörigen von Minderheiten sprachliche Rechte ein, etwa die Einführung zusätzlicher Ortsnamen in der jeweiligen Minderheitensprache oder die Möglichkeit, diese Sprache in der Arbeit lokaler Behörden zu verwenden. Auch wenn dies manchmal nur symbolische Bedeutung hat, ist es dennoch sehr wichtig – denn es zeigt, dass es sich um ein kulturell vielfältiges Gebiet handelt.
Zum Zeitpunkt der Verabschiedung des Gesetzes sorgte insbesondere die Einführung zusätzlicher Ortsnamen in deutscher Sprache für große Bedenken. Dies wurde damals noch als territoriale Bedrohung oder als eine Art Germanisierung aufgefasst. Nach einigen Jahren, in denen solche Tafeln übermalt wurden, hat sich die Einstellung geändert – solche Zerstörungen kommen heute kaum noch vor.“
Dialog auf Augenhöhe: Die Gemeinsame Kommission
„Ein weiterer Aspekt des Gesetzes war die Einrichtung der Gemeinsamen Kommission, dank der Vertreter der Minderheiten auf Augenhöhe mit Vertretern der Staatsverwaltung sprechen können.
Das Gesetz regelte nicht nur die Finanzierung kultureller Aktivitäten von Minderheiten – die es auch zuvor schon gab –, sondern systematisierte diese in gewisser Weise.“
Was das Gesetz nicht regelt
„Man sollte jedoch beachten, dass das Gesetz wichtige Fragen aus Sicht der Minderheiten regelt, gleichzeitig aber bestimmte Themen anderen gesetzlichen Regelungen überlässt. Die aktuellen Herausforderungen betreffen das Bildungsgesetz – insbesondere den Unterricht in der Minderheitensprache. Ein weiteres Beispiel ist die politische Repräsentation, die im Wahlgesetz geregelt ist.
Das Gesetz erwies sich als sehr resistent gegenüber Novellierungen. Es war ziemlich gut durchdacht und stützte sich teilweise auf internationale Standards – dennoch zeigt sich ein Problem bei der praktischen Umsetzung.“
Aufgezeichnet von Manuela Leibig