Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Wer war Vilma Illing?

Wer nur einmal auf dem Breslauer Gräbschen-Friedhof (Cmentarz Grabiszyński) war, dem ist bestimmt ein außergewöhnlicher Grabstein aufgefallen. Er wurde aus rotem Sandstein hergestellt und zeigt die Gestalt einer trauernden Frau. Auf dem Grabstein stehen der Name Vilma Illing sowie ihr Geburts- und ihr Todesdatum: 26. Juni 1871 – 21. Januar 1903. Doch wer war Vilma Illing?

Es gibt nicht viele Informationen über die Frau, die so jung verstorben ist. Vilma Illing war eine österreichische Schauspielerin und kam nach Breslau, weil sie dort am Städtischen Theater eine Festanstellung gefunden hatte.

Großes Potenzial
Geboren wurde Vilma Illing im österreichischen Villach, in der Familie eines Apothekers. Von klein auf zeigte sie schauspielerisches Talent und Interesse an den schönen Künsten. Als sie 12 Jahre alt war, zogen die Illings nach Wien. Dort kam Vilma unter anderem in den Genuss von Musikunterricht, besuchte aber auch eine kaufmännische Schule. Finanzielle Probleme ihres Vaters zwangen sie, ihre Ausbildung vorzeitig abzuschließen. Vielleicht war das auch ein Impuls für das junge Mädchen, sich tatsächlich auf der Bühne als Schauspielerin zu versuchen. Als sie 20 Jahre alt wurde, stand sie zum ersten Mal auf einer Theaterbühne, im Theater in Baden nahe Wien. Talentsucher erkannten schnell Vilmas Potenzial, ihr Comedy-Talent – ihr ansprechendes Aussehen spielte bestimmt auch eine Rolle. Schnell bekam sie viele Angebote von verschiedenen deutschen Theatern, aus Marburg, Bielitz, Reichenberg und Minz. Schließlich erhielt sie das Engagement am Breslauer Stadttheater, der Traum eines jeden Schauspielers, da es eines der besten in Preußen war.

Der Grabstein von Vilma Illing ist einer der wenigen Vorkriegsgrabsteine, die auf dem Gräbschen-Friedhof noch erhalten geblieben sind.
Foto: Wikipedia

Verfrühtes Ende
Von da an begann die eigentliche Karriere des österreichischen Naturtalents. Auf der Breslauer Bühne spielte Vilma ihre ersten großen Rollen. Sie stellte vor allem starke Protagonistinnen dar in Theaterstücken basierend auf den Werken von Henrik Ibsen: „Die Frau vom Meer“, „Rosmerholm“, „Wenn wir Toten erwachen“. Mit Begeisterung wurde auch ihre Rolle der Anna in Gerhard Hauptmanns Drama „Einsame Menschen“ aufgenommen. Illing spielte auch Katharina von Bora, die Ehefrau von Martin Luther. Die vielversprechende Berufsbahn wurde leider von einer Krankheit unterbrochen. Illing erkrankte an Krebs und starb am 21. Januar 1903 im Alter von nur 32 Jahren in Berlin. Sie wurde aber in Breslau bestattet. Wieso? Das kann man leider nur erahnen. Vielleicht lebte hier jemand, dem Vilma besonders wichtig war. Vielleicht fand die Bestattung in Breslau aufgrund einer Initiative des damaligen Theaterdirektors Theodor Loewe statt? Das werden wir wohl nie erfahren. Auch, wer den wunderschönen Grabstein gemacht, weiß man nicht. Die Initialen NICCL konnte bislang niemand entziffern. Der Grabstein von Vilma Illing ist einer der wenigen Vorkriegsgrabsteine, die auf dem Gräbschen-Friedhof noch erhalten geblieben sind. Vielleicht wurde er nicht zerstört, weil roter Sandstein, aus dem er gemacht wurde, nicht besonders wertvoll ist. Aber vielleicht, wer weiß, vielleicht einfach, weil er so außergewöhnlich ist?

Anna Durecka

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