Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Renaissance des Winzerhandwerks in Nordschlesien

Winzer und Weingüter, Weinverkostungen und Weingeschichte, Weinkeller und Weinmuseum: die Weinlandschaft Nordschlesiens wird seit 20 Jahren wieder belebt.

Krzysztof Fedorowicz (rechts), sein Vater und der Übersetzer des Buches: „Jenseits des Vergänglichen. Geschichten von Grünberg und seinem Wein“ von Hans Gregor Njemz.
Foto: K. Kandzia

Der Weinbau in Schlesien habe eine lange Geschichte und angesichts der aktuellen Entwicklungen auch eine hoffnungsvolle Zukunft, so Agnieszka Bormann, Kulturreferentin für Schlesien am Schlesischen Museum zu Görlitz. „Was die Gegenwart zu bieten hat, wollen wir an drei Tagen sehen, erleben und schmecken“, sagt sie und lädt zu einer dreitägigen Exkursion nach Sprottau (Szprotawa), Grünberg (Zielona Góra), Saabor (Zabór), Günthersdorf (Zatonie), Sagan (Żagań) und Wichelsdorf (Wiechlice) ein. Höhepunkt werden die „Tage der Offenen Weinkeller“ in Grünberg sein. Historische und im Alltag oft unzugängliche Weinkeller, die von der Bedeutung Grünbergs als Weinstadt zeugen, „werden zu Weinverkostungslokalen, in denen regionale Winzer ihre Weine präsentieren und ausschenken“, verspricht sie.

Im Zentrum des östlichen Weinbaugebiets

Die Stadt Grünberg war jahrhundertelang das Zentrum der östlichsten Obst- und Weinbauregion Deutschlands. Nach 1945 wurde die Tradition des Weinbaus erst einmal nicht fortgesetzt und wäre beinahe untergegangen. Erst seit etwa 20 Jahren erlebt das Winzerhandwerk eine Renaissance. Kleine und mittelgroße Weingüter entstehen und gedeihen im spezifischen Mikroklima an der Oder.

Weinkultur, Seuchen, Hexenprozesse oder die Auswanderung der Altlutheraner: Nordschlesien erzählt Geschichte(n).

Wie existenziell der Weinbau für die Region war und wie wichtig er für ihre heutige Identität ist, lasse neben dem Besuch im Grünberger Weinmuseum auch die Lektüre des Buches „Jenseits. Geschichten von Grünberg und seinem Wein“ von Krzysztof Fedorowicz nachvollziehen, so Bormann.

Weingut „Miłosz“ bei Saabor 
Foto: StudioW66

In „Jenseits des Vergänglichen“ wird die Geschichte der Weinstadt Grünberg zum Fundus literarischer Motive. Der Winzer August Grempler (1793-1869), berühmt für den ersten deutschen Sekt produziert nach der Champagner-Methode, führt den Leser durch verschiedene Zeiten. Fedorowiczs Protagonist Grempler beschließt im pandemischen Jahr 2020, die Grünberger Winzer und ihre Geschichten aus dem Jenseits ins Heute zu bringen.

Wahrheit und Fiktion

„Poetisch, bildhaft, aber auch informativ werden hier wahre Begebenheiten in die fiktiven Erzählstränge integriert“, sagt Bormann. Zu literarischem Stoff hatte Fedorowicz außer dem Weinbau noch weitere Themen aus der Geschichte der Stadt Grünberg verarbeitet wie z. B. die Pestseuchen, die sog. Hexenprozesse oder die Auswanderung der Altlutheraner aus der Grenzregion Schlesien-Brandenburg-Großpolen nach Südaustralien Mitte des 19. Jahrhunderts. Da sich unter ihnen auch Winzer befanden, lebt die Grünberger Weintradition bis heute in Barossa Valley, dem bekanntesten Weinbaugebiet Australiens. „Fedorowicz, der auch Winzer ist, wird die Exkursionsteilnehmer in seinem Weingut einige Kilometer östlich von Grünberg empfangen, Geschichten erzählen und Wein einschenken. Der von ihm bewirtschaftete Weinkeller in Grünberg wurde Ende des 18. Jahrhunderts erbaut und war bereits kurz nach seiner Entstehung eine der größten Attraktionen der Stadt“, sagt sie.

Weine und Sekte im Saganum

Kulturgeschichte und Landeskunde mit Genuss für Leib und Seele
Foto: Władysław Czulak

Im berühmtesten Weinkeller von Sagan wiederum, im ehemaligen Augustinerchorherrenstift, lagert das Weingut Saganum seine Weine und Sekte – wie bereits die Mönche vor über 700 Jahren. Der historische Weinkeller wurde nach umfangreichen Sanierungsarbeiten im Jahr 2020 eröffnet – mit einem Weinbau-Minimuseum, einem Verkostungsraum und dem Lagerraum, wo die Erzeugnisse von Saganum reifen. Und auch der Klostergarten wurde wieder mit Wein bepflanzt. Doch der Augustinerkomplex birgt eine noch größere Sehenswürdigkeit: die historische Bibliothek aus dem 15. Jahrhundert. In der heutigen Gestalt, mit Fresken von Georg Wilhelm Neunhertz, existiert sie seit dem 18. Jahrhundert.

Die dreitägige Exkursion vom 31. Mai bis zum 2. Juni will kulturgeschichtliche und landeskundliche Inhalte mit Genuss für Leib und Seele verbinden. Informationen und Anmeldung bei Senfkorn Reisen, Brüderstraße 13 in Görlitz, info@senfkornreisen.de.

kan

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