Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

Sanatorium für Frauen: Heilstätte Frauenwohl

Allenstein ist vor allem ein wichtiges Wirtschafts-, Bildungs- und Kulturzentrum sowie Sitz regionaler Behörden und Institutionen. Die Stadt ist auch voll von Denkmälern, in denen sich Akzente verschiedener nationaler Einflüsse verbergen. Die Stadt an der Alle selbst ist in ein grünes Meer aus 16 Seen und drei Flüssen eingebettet, die durch eine Landschaft mit vielen Nadelwäldern fließen. Nur wenige wissen jedoch, dass gerade wegen des charakteristischen Mikroklimas an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert mehrere hochmoderne medizinische Heilstätten in der Stadt und ihren Vororten entstanden, darunter eine einzigartige Einrichtung zur Behandlung von Lungenkrankheiten, die ausschließlich für Frauen bestimmt war.

Diese hochmoderne medizinische Einrichtung für Frauen (Heilstätte Frauenwohl), die im herrlichen Stadtwald auf der rechten Seite der Landstraße von Allenstein nach Wadang liegt, wurde 1907 gegründet. Zu diesem Zweck wurden fünf Hektar Wald von der Stadt gekauft. Die Bauarbeiten dauerten ein Jahr – es waren die Jahre, in denen die Forschung auf dem Gebiet der Tuberkulosebehandlung intensiviert wurde. Es genügt, daran zu erinnern, dass Robert Koch 1905 für seine Arbeiten über diese Krankheit den Nobelpreis erhielt. Das Sanatorium wurde dank der Bemühungen des Königsberger Vereins für den Bau von Tuberkulosekliniken errichtet. Der Standort war nicht zufällig gewählt. Die günstigen natürlichen Bedingungen des Gebiets, das heißt Ozonwaldluft, abwechslungsreiches Gelände und reiche Vegetation, wurden 1911 von dem bekannten deutschen Geografen Maximilian Dumont auf der Grundlage umfassender wissenschaftlicher Untersuchungen erkannt und beschrieben.

Darstellung der Heilstätte Frauenwohl bei Allenstein zwischen 1915 und 1920
Foto: Archiv Ostpreußen

Speziell für Frauen aus Ostpreußen
Die Einrichtung entsprach aufgrund der Weite der Provinz und des Widerwillens vor allem der ostpreußischen Frauen, ihre kleine Heimat zu verlassen, einem tief verwurzelten Bedürfnis und erfreute sich einer Sympathie, die nicht nur bei den Patienten oft zu spüren war. Es waren vor allem ostpreußische Frauen, die einen großen Teil des Gründungskapitals sammelten und diese schöne gemeinnützige Einrichtung gelegentlich mit echter Zufriedenheit besuchten.

Das Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose spendete außerdem 50.000 Mark für den Bau des Sanatoriums für Frauen. Die Ostpreußische Landesversicherungsanstalt übernahm die Obhut über die Betreuung der sich in Behandlung befindenden Frauen. Die Einrichtung mit zunächst 100 Betten kostete rund 760 Millionen Mark. Sie hatte zwei Abteilungen: Die erste verfügte über 78 Betten eines niedrigeren Standards, die für eine philanthropische Behandlung bestimmt waren. Die zweite Station mit 24 Betten und höherem Standard hatte die Form einer kostenpflichtigen Pensionsunterkunft.

Aus dem Buch „Magisches Allenstein“ von Stanisław Piechocki (deutsche Ausgabe von 2008) können wir erfahren, dass diese medizinische Einrichtung eine architektonisch interessante Form erhalten hat. Es handelt sich um ein zweistöckiges, weißes Gebäude mit rotem Ziegeldach, das im Grundriss einer Burg ähnelt. Das Gebäude verfügt über ein nutzbares Dachgeschoss mit einem mehrfach abgeschrägten Dach und hallenartigen Anbauten an der Front und den Seiten. Der besondere Charakter des Gebäudes wird durch den hoch aufragenden, spitz zulaufenden Turm mit Uhr und zahlreichen, interessant in die Dachschrägen eingearbeiteten, Mansarden geprägt.

Das Haupttreppenhaus mit seiner bis heute hervorragend erhaltenen Eisentreppe ist sicherlich ein Ort, der die Aufmerksamkeit von Liebhabern technischer Denkmäler und alter Technik auf sich ziehen sollte. Die dreigängige Wendeltreppe mit Podesten wurde von der bekannten Firma „Eisenwerk Joly-Treppe Wittenberg G.m.b.H.“ hergestellt.

Die Heilstätte Frauenwohl zwischen 1905 und 1915
Foto: Archiv Ostpreußen

Die glorreichen Jahre
Das Sanatorium wurde ohne Prunk gebaut, aber komfortabel nach allen Anforderungen der modernen Hygiene ausgestattet. In der „Chronik von Allenstein“ findet sich der Vermerk, dass das Sanatorium am 30. Oktober 1907 eingeweiht wurde. Die Zeremonie fand im Beisein der Stadtverwaltung statt, die, obwohl sie nicht Eigentümerin des Gebäudes war, dessen Nutzen für die Stadt und ihre Umgebung von Anfang an aktiv unterstützte. Dies wurde durch die Schenkung eines Gemäldes der deutschen Kaiserin Auguste Viktoria und zweier silberner Kerzenleuchter symbolisiert. Die Geschenke waren mit dem Versprechen verbunden, dass es sich um reale finanzielle Zuwendungen und Vollzeitstellen für das zahlenmäßig bescheidene medizinische Personal handeln würde.

Zwei Vertragsärzte und Krankenschwestern, die Diakonissen des Krankenhauses der Barmherzigen Schwestern in Königsberg waren, waren in der Heilstätte tätig. Die Behandlung erfolgte sowohl ambulant als auch stationär. Das Sanatorium war für seinen hohen Servicestandard bekannt – unter anderem wurde hier in den 1920er Jahren die Thorakoplastik durchgeführt, ein chirurgisches Verfahren, das früher zur Behandlung von Tuberkulose eingesetzt wurde.

Im Sanatorium wurden lungenkranke Frauen bis zum Januar 1945 behandelt, bis also die Rote Armee in Allenstein einrückte. Die sowjetischen Truppen richteten dort ein Lazarett ein und verbrannten einen Teil des Gebäudes. Das Feuer verzehrte Seitenpavillons aus Ziegeln und Holzkonstruktionen.

Heute befindet sich auf dem Gelände der ehemaligen deutschen Heilstätte Frauenwohl ein Lungenkrankenhaus, das alle Einwohner von Allenstein sowie von Ermland und Masuren versorgt.
Foto: Paweł Kicowski

Zweites Leben
Das Gebäude des Sanatoriums stand nach dem Zweiten Weltkrieg aufgrund der erheblichen Zerstörungen mehrere Jahre lang leer. Danach wurde es von der Sozialversicherungsanstalt ZUS wieder aufgebaut und 1950 als Tuberkulose-Sanatorium in Betrieb genommen. Die erweiterte und modernisierte Einrichtung mit 215 Betten ist seitdem für Patienten beiderlei Geschlechts bestimmt. Das Krankenhaus begann seine neue Geschichte mit deutlich erweiterten Aktivitäten. Im Jahr 1972 wurde das Sanatorium in eine Woiwodschafts-Tuberkuloseklinik umgewandelt. Im ersten und zweiten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts wurde das Krankenhaus einer Generalüberholung unterzogen, die den Standard der Behandlungsdienste erhöhte. Aufgrund des großen onkologischen Bedarfs wurden im Krankenhaus zwei neue Stationen für die Chemotherapie von Tuberkulose und Lungenkrebs eingerichtet und eine pulmonologische Rehabilitationsstation geschaffen. Es wurde die modernste und sicherste diagnostische und therapeutische Unterabteilung für Tuberkulosepatienten im Land eröffnet. Das historische Krankenhausgebäude wurde ebenfalls einer gründlichen Renovierung unterzogen, und anlässlich des 100. Jahrestages seiner Gründung wurde die jahrhundertealte Uhr im Turm des Gebäudes, die jahrelang stillgestanden hatte, wieder zum Leben erweckt. Die Gesamtkosten für diese gewaltige Investition beliefen sich auf etwa 50 Millionen Złoty. Siebzig Prozent davon wurden aus EU-Mitteln finanziert.

Das Krankenhaus, das jahrelang als Unabhängiges Öffentliches Tuberkulose- und Lungenkrankheitskomplex bekannt war, wurde im Januar 2022 in das Ermland-Masurische Zentrum für Lungenkrankheiten umgewandelt. Die Umgestaltung wurde durch die Umsetzung eines Projekts in Höhe von 25 Millionen PLN ermöglicht. Diese modernste Einrichtung der Region bietet umfassende Dienstleistungen für Patienten mit Lungenkrankheiten und ist eine der schönsten medizinischen Einrichtungen im Herzen des Stadtwaldes. Die Heilstätte hat ihre ursprüngliche Funktion bis heute beibehalten. Sie zählt zu den größten ihrer Art im Land und besteht aus sieben Stationen, fünf Fachberatungsstellen und vier diagnostischen Labors. Sie verfügt über 332 Betten und beschäftigt 30 Allgemein- und Lungenärzte sowie siebzig Krankenschwestern.

Aufgrund des historischen Wertes des Gebäudes, wozu wissenschaftliche, historische und technische Aspekte sowie ein hoher künstlerischer Wert gehören, wurde das Hauptgebäude des Sanatoriums im Jahr 2013 durch Eintragung in das Denkmalregister unter gesetzlichen Schutz gestellt.

Seit 115 Jahren steht dieses wertvolle Bauwerk im Dienste lungenkranker Menschen, und obwohl es mehrmals den Träger wechselte, blieb der Hauptzweck seiner Tätigkeit mit einer kurzen Unterbrechung in der Nachkriegszeit unverändert und wird bis heute erfolgreich fortgeführt. Dies ist all denen zu verdanken, die sich um den Erhalt des deutschen Kulturerbes bemühen.

Alfred Czesla

Show More