Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Schlesische Hirtenlieder wecken Erinnerungen

 

 

Die Krippenausstellung auf dem Schmiedehof des Theologenehepaares Katrin und Reinhard Müller ist zur Adventszeit im niederschlesischen Nieder-Seifersdorf wieder liebevoll dekoriert. Katrin Müller hat diese Arbeit trotz aller Corona-Widrigkeiten verrichtet und will ihre 300 Krippen aus über 40 Ländern in aller Welt Menschen zeigen, die sich von der Atmosphäre anstecken lassen möchten.

 

Katrin Müller hat zu jeder ihrer 300 Krippen eine Geschichte parat. Die älteste Krippe ist von Ehemann Reinhard.
Foto: K. Kandzia

 

 

Es hat sich längst herumgesprochen, dass man nach einer telefonischen Anmeldung bestimmt nicht in Eile zu geraten braucht. Das würde auch dem Wesen der Ausstellung in keiner Weise entsprechen, denn in Nieder-Seifersdorf im Landkreis Görlitz gibt es manches gute Wort als Extra noch dazu. Gerne lässt sich Katrin Müller dabei auch mit anderen theologischen und weltanschaulichen Denkweisen konfrontieren, denn ein Gespräch darüber schätzt die Hausherrin sehr.

 

 

Corona erfordert Umdenken

Ganz wie sonst kann es 2020 natürlich nicht sein. Der Besuch von Gruppen in der Schmiede des Hofes wird aufgrund der Pandemievorgaben nicht machbar sein, letztlich ist ja nur die Zusammenkunft von Angehörigen zweier Haushalte möglich. Aber selbst im kleinen Kreis kann ein Verweilen am Kaminfeuer, wenn auch mit Mundschutz, seelisch wärmen.

 

Kinder langweilen sich dabei bestimmt nicht, denn eine Playmobilkrippe, die bespielt werden darf, ist ebenso dabei. „Es war ein Geschenk aus Frankreich. ‚Oh super, dachte ich, mir fehlt noch eine französische Krippe‘. Ich packte den Karton auf und was war drin? Playmobil! Dabei hatte ich auf etwas Traditionelles gehofft“, sagt Katrin Müller. Ihr Wunsch erfüllte sich später durch eine echte französische Krippe.

 

In der oberen Etage der Schmiede gibt es über Krippen hinaus auch historische Haushaltsgegenstände und altes Spielzeug. Sogar die Puppe, die Katrin Müller auf der Flucht aus der Nähe von Trebnitz (Trzebnica) bei Breslau begleitete. Stolz zeigt sie auch eine weiße Leinenbluse mit Stickerei. Diese bekam ihre aus Estland stammende Mutter vom Vater geschenkt. „Sie musste ja traditionsgemäß nach Riesengebirgsart eingekleidet werden“, erinnert sich die pensionierte Pfarrerin.

Begonnen hat die Sammelleidenschaft einst mit einer von Katrin Müllers Vater geerbten Krippe aus den 50er Jahren. „Meine älteste Krippe war schon in den 1880er Jahren im Besitz der Familie meines Mannes aus Schneeberg“, berichtet Katrin Müller, die als Pfarrerin in Weißwasser ihre Sammelleidenschaft aufnahm. Sie stellte dort zur Weihnachtszeit Krippen aus und musste sich diese ausleihen. „Da dachte ich mir, es ist einfacher, wenn ich selbst welche habe.“ Schnell wurden es so viele, dass der Platz zum Lagern nicht mehr ausreichte.

 

 

„Und sie kamen eilend“

Bei einem Besuch in Nieder-Seifersdorf sahen die Müllers eine alte, verfallene Schmiede.
Sofort wurde ihnen klar – das ist der ideale Platz für die Krippen. So kauften sie die Schmiede, restaurierten sie und zogen nach Nieder-Seifersdorf um. Besonders stolz sind die Müllers auf den Fußboden aus Eichenscheiben. „Auf diesem zeigen sich noch Spuren eines Granatsplitters, der daran erinnert, dass wir hier auch den Krieg hatten“, sagt sie.
Die Schmiede wurde übrigens 1903 zum Stall umfunktioniert und ist heute „Schmiede und Stall, wo Jesus geboren wurde“, sagt Reinhard Müller mit Blick auf die vielen Krippen. „Gott ist auch heute geboren, in allen Menschen“, fügt er dazu an.
Und so soll es am 1. Januar 2021 auch wieder die traditionelle Andacht am Hirtenfeuer geben. Dieses Jahr im Freien und ohne die beliebte Käsesuppe. „Und sie kamen eilend“, lautet das Motto, bei dem zum Start in das Neujahr schlesische Hirtenlieder erklingen sollen. „Die kenne ich noch aus meiner Kindheit“, freut sich Katrin Müller auf diese Auswahl.

 

kan/ tsk

 

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