Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Schlesische Schicksale

Auf dem Rathausplatz in Jauer befinden sich gleich zwei Gedenktafeln, die an zwei deutsche Einwohner der Stadt erinnern. Beide waren Literaten. Dies ist aber wahrscheinlich auch das Einzige, was die Schriftstellerin Henriette Hanke und den Lyriker Johann Christian Günther verbindet. Das und natürlich Jauer.

Henriette Hanke
Quelle: Wikipedia

Er starb mit 27 Jahren. Sie wurde 77 Jahre alt. Er wurde erst nach seinem Tod berühmt. Sie konnten ihren Erfolg zu Lebzeiten genießen. Er schrieb von den Kritikern hochgeschätzte Gedichte. Sie fand bei ihnen wenig Anklang, dafür liebten Frauen ihre Romane – Henriette Hanke und Johann Christian Günther.

Johann Christian Günther
Quelle: Wikipedia

Unglückliches Leben als Inspiration

Henriette Hanke, die 1785 in einer Kaufmannsfamilie in Jauer geboren wurde, gilt als eine der erfolgreichsten Autorinnen der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Lange Zeit wies nichts darauf hin, dass Henriette einmal eine Erfolgsautorin wird. Ihre Eltern starben früh und sie hatte sich um ihre jüngeren Schwestern zu kümmern. Mit 20 Jahren musste sie den viel älteren und verwitweten Pastor Gottfried Heinrich Carl Hanke aus Dyhernfurth heiraten. Sie war bereits seine dritte Ehefrau und musste seine sechs Kinder erziehen. Die unglückliche Ehe hatte wahrscheinlich einen großen Einfluss auf das spätere Leben von Henriette Hanke. Nach dem Tod des Ehemannes 1819 kehre Hanke in das Jauersche Elternhaus zurück. Sie verbrachte den Rest ihres Lebens in der alten Wohnung der Eltern und widmete sich ihrer Schreibkunst.

Er starb mit 27 Jahren. Sie wurde 77 Jahre alt. Er wurde erst nach seinem Tod berühmt. Sie konnte ihren Erfolg zu Lebzeiten genießen.

Weibliche Leserschaft begeistert

Angefangen hatte sie mit klassischen Familienromanen, die vor allem an Frauen gerichtet waren. Material schöpfte sie aus ihrem eigenen Leben. Sie verstand sich als eine Trösterin und Beraterin von Frauen. Die weibliche Leserschaft war von Hankes Werken begeistert, bei Kritikern fand ihr Schreiben hingegen weniger Anklang. Von der sentimentalen Schwärmerei der Popular-Romantik ging sie später zu mehr didaktischen Werken über. Ihr Nachlass umfasst 64 Bände der „Gesammelten Werke“, die u. a. ins Englische, Schwedische, Dänische, Russische und Polnische übersetzt wurden. Henriette Hanke starb im Jahre 1862 in Jauer und wurde auf dem Friedhof der Jauerschen Friedenskirche bestattet. Ihr Grab verschwand um 1970. 1997 wurde sie dann durch eine Gedenktafel an ihrem Hause in Jauer geehrt.

Gedenktafel für Henriette Hanke
Foto: A. Durecka

Streit mit dem Vater

Für Johann Christian Günther war Jauer, anders als für Henriette Hanke, nur ein zwischenzeitlicher Stopp. Er wohnt nur einige Jahre in Jauer. Geboren wurde er 1695 in Striegau als Sohn eines verarmten Stadtarztes. Im Gymnasium in Schweidnitz wurde sein literarisches Talent entdeckt. Das hatte seinen Vater aber wenig beeindruckt, der Johann zu einem Medizinstudium zwang. Letzten Endes kam es zum Streit zwischen den beiden und der Kontakt brach ab. 1716 ließ sich Günther zum „Poeta laureatus Caesareus“ krönen. Infolge der damit verbundenen finanziellen Aufwendungen kam er 1717 ins Schuldgefängnis. Auch das spätere Leben Günthers erwies sich als wenig glücklich. Er konnte nirgendwo eine feste Anstellung finden und wohnte bei Familien verschiedener Studienfreunde. Im Alter von 27 Jahren starb er an Tuberkulose in Jena.

Gedenktafel für Johann Christian Günther
Foto: A. Durecka

Später Ruhm

Dabei gilt Günther heute als einer der bedeutendsten Lyriker des 18. Jahrhunderts. Doch sein Ruhm kam erst nach dem Tod. Zu seiner Zeit wurde er einem größeren Publikum bekannt durch seine „Ode auf den Frieden von Passarowitz“ von 1718. Aber erst ein Jahr nach seinem Tod erschienen „Johann Christian Günthers aus Schlesien, Theils noch niegedruckte, theils schon herausgegebene, Deutsche und Lateinische Gedichte“, die ihm die eigentliche Bekanntheit und Popularität brachten. Goethe urteilte später: „Ein entschiedenes Talent, begabt mit Sinnlichkeit, Einbildungskraft, Gedächtnis, Gabe des Fassens und Vergegenwärtigens, fruchtbar im höchsten Grade, rhythmisch bequem, geistreich, witzig und dabei vielfach unterrichtet.“

Haus, in dem sich Johann Christian Günther in Jauer aufgehalten hat.
Foto: A. Durecka

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