Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

Schluss mit Muff und Moder – Initiative will Restaurierung des Schaffgotsch-Mausoleums

Sie sind die wohl berühmtesten Mitglieder der schlesischen Adelsfamilie Schaffgotsch: Graf Hans-Ulrich und seine Frau Johanna. Das Mausoleum mit ihren Sarkophagen soll nun rastauriert werden.

 

 

Adelsfamilien faszinieren viele Menschen – egal ob die Windors oder der spanische Königshof. Geschichten über Schlösser und Prinzessinen erinnern uns an die Märchen aus Kindertagen.

 

Auch Oberschlesien in Polen hat so ein Märchen. Nämlich das des Grafen Hans-Ulrich Schaffgotsch und seiner Frau Johanna. Obwohl Joahnna aus einfachen Verhältnissen stammt, heiratet sie in eine der bedeutendsten schlesischen Adelsfamilien ein. Weil die Schlesier bis heute von dieser Geschichte fasziniert sind, soll nun das Mausoleum der beiden Schaffgotsches in Koppitz (Kopice) restauriert werden.

 

 

 

Kosten: 600.000 Zloy

Pfarrer Jarosław Szeląg öffnet für uns die schmiedeeisernen Türen des sonst verschlossenen Mausoleums.

 

 

 

 

 

 

„Verschlossen, damit kein Unfug getrieben wird“, erklärt der Pfarrer. Sonnenstrahlen durchfluten jetzt den  Raum und spenden ein wenig Wärme. Muff steigt in die Nase. Und dort stehen sie: Die Sarkophage der wohl berühmtesten Mitglieder der schlesischen Adelsfamilie Schaffgotsch. Graf Hans-Ulrich zur linken und seine Frau Johanna zur rechten Seite. Über ihnen: der Moder. So geht es nicht weiter, findet Pfarrer Jarosław Szeląg. Das Mausoleum soll restauriert werden. Die Kosten belaufen sich auf schätzungsweise 600.000 Zloy.

 

 

 

Mehr Lokalpatriotismus

Pfarrer Jarosław Szeląg ist der Kopf der Initiative, denn das Mausoleum befindet sich auf dem Gelände seiner Pfarrei. Doch er bekommt viel Unterstützung. Zum Beispiel von Jan Naściuk. Der Koppitzer wünscht sich mehr Lokalpatriotismus. „Ich bin in Koppitz aufgewachsen. Ich wusste nichts über die Schaffgotsch. Das wollen wir ändern. Die Menschen können stolz auf diesen Ort sein.“

 

 

 

Bedeutendes Vermächtnis

Um die notwendigen finanziellen Mittel aufzutreiben, rühren der Pfarrer und seine Unterstützer kräftig die Werbetrommel und hoffen auf die ein oder andere Spende – so wie Mitte November in einem Museum in Oppeln, wo ein Film über die Familie Schaffgotsch gezeigt wurde. Regisseur Andrzej Klamt, dessen Vierteiler über 1000 Jahre deutsch-polnische Geschichte im vergangenen jahr im deutschen und polnischen Fernsehen lief, freut sich über die Idee. „Es ist eigentlich eine Schande, dass so wenig an das Vermächtnis der Schaffgotsch erinnert wird, dass kaum Straßen nach ihnen benannt sind“, sagt Klamt. Das findet auch Historikerin Joanna Rostropowicz vom Schlesischen Institut in Oppeln. „Dabei waren sie doch so wichtig: Sie haben Großindustrielle und Kunstmäzene hervorgebracht. Und die größte schlesische Bibliothek. Das war eine wirklich große Leistung.“ Rostropowicz ist überzeugt: Unter allen Adelsfamilien in Oberschlesien üben die Schaffgotsches eine besondere Faszination aus. Grund dafür sei die geradezu märchenhafte Geschichte der Johanna Schaffgotsch – von vielen liebevoll Schlesisches Aschenputtel genannt.

 

 

 

Die Faszination vom schlesischen Aschenputtel

Johanna von Schaffgotsch, geborene Gryczik (nach anderen Quellen häufig auch in der Form Gryzik), stammte aus einer Bergarbeiterfamilie aus dem Landkreis Beuthen. Nach dem Tod des Vaters überließ die Mutter das Kind sich selbst. 1846 nahm Karl Godulla sich des Mädchens an, zog mit ihr in das von ihm gekaufte Schloss Schomberg und ließ das Kind von seiner Bediensteten Emilie Lucas betreuen. Karl Godulla, der ohne Nachkommen bleibt, setzt seine Adoptivtochter als alleinige Erbin seines Besitzes ein. „Sie gilt als zweitreichste Frau Europas“, so Rostropowicz.

 

Doch damit ist die Geschichte nicht zu Ende. Denn um das Erbe tatsächlich anzutreten, brauchte Johanna einen Ehemann, so wollte es das Testament, heißt es. Und mit Hans-Ulrich bekommt sie sogar einen echten Grafen zum Mann.

 

 

 

Eine Ablenkungsmaßnahme?

Das Grab von Johanna und Hans-Ulrich kann man in Koppitz besuchen. Auf eine Wiese vor dem Mausoleum wurden sie vor Jahrzehnten umgebettet. Grabsteine gibt es aber nicht mehr, Pfarrer Jarosław Szeląg ließ sie vor Kurzem entfernen. Dafür musste er aus der Bevölkerung viel Schelte einstecken. Böses Zungen behaupten nun, der vermeintliche Restaurierungsplan sei eine Art Wiedergutmachung. Pfarrer Jarosław Szeląg weist jegliche Kritik von sich, das eigentliche Andeken an Familie Schaffgotsch sei schließlich das Mausoleum. Und er hat noch einen anderen Plan: Nach der Restaurierung des Mausoleums sollen Johanna und Hans-Ulrich wieder in ihre Sarkophage zurückkehren .

 

 

 

Schloss Koppitz

Damit verbunden seien auch Hoffnungen, das Schicksal des alten Schlosses der Familie Schaffgotsch neu aushandeln zu können – sozusagen als positiver Nebeneffekt, so Jan Naściuk . Das nahe gelegene Schloss ist seit 10 Jahren in Privatbesitz ist und verfällt. Die Firma Zarmen aus Königshütte (Chorzow) wollte es Anfang des Jahres verkaufen, doch der Deal platze, als sich herausstellte, dass die Firma Hochstaplern aufgessen war. Viele Oberschlesier bedauern den Verfall

 

 

 

 

Spenden

Mehr Informationen zur Restaurierung des Mausoleums auf der Internetseite mauzoleumkopice.pl – hier kann man auch spenden.

 

 

 

 

Marie Baumgarten

Über dieses Thema berichtet auch Schlesien Journal

Show More