2022 jähren sich der 130. Geburtstag und 80. Todestag der Breslauerin Edith Stein. Vor 100 Jahren wurde die Jüdin katholisch getauft. Die spätere Heilige ist von Papst Johannes Paul II. zur Schutzpatronin Europas ernannt worden. Alles gute Gründe für die Breslauer Ratsherren, 2022 zum Edith-Stein-Jahr auszurufen.
Es gibt Orte in Breslau, der Geburtsstadt Edith Steins, an denen ihre Erinnerung wachgehalten wird. Dazu gehört die St. Michaeliskirche im Stadtteil Elbing (Ołbin), wo Stein besonders gern die Frühmessen besuchte. Heute erinnert dort die Edith-Stein-Kapelle mit einem Altar, den die Erzdiözese Köln gestiftet hat, an die Denkerin. Dieses Gotteshaus ist nur wenige Meter vom Haus der Philosophin und späteren katholischen Ordensschwester, der Karmelitin Theresia Benedikta vom Kreuz, entfernt. Deshalb wurde Anfang des Jahres in der Michaeliskirche das Edith-Stein-Jahr eingeläutet.
Ende Januar wurde das Programm des Edith-Stein-Jahres bekanntgegeben. Man wolle diese Breslauerin den heutigen Bewohnern näherbringen und damit ihr Werk und ihre Haltung popularisieren. „Dabei möchten wir auch zeigen, wie offen unsere Stadt gegenüber ihrer Vergangenheit ist. Wir schätzen unser Erbe und unsere Helden“, sagte Marek Mutor. Er ist Leiter des „Zentrums Erinnerung und Zukunft“ (Ośrodek Pamięć i Przyszłość), das zusammen mit der Breslauer Edith-Stein-Gesellschaft das Gedenkjahr organisiert.
Station Hauptbahnhof
Das Programm des Edith-Stein-Jahres wurde im Sitz der Edith-Stein-Gesellschaft vorgestellt, im sogenannten Edith-Stein-Haus, in dem die Philosophin mit ihrer jüdischen Familie lebte. Von dort aus führte sie der Weg unter anderem an die Universitäten Breslau, Göttingen und nach Freiburg im Breisgau. Hier, im Salon im ersten Stock, führte sie ihre eigenen philosophischen Seminare durch. Und eben auch hier im Hause informierte sie ihre Mutter und die Familie über die Entscheidung, sich taufen zu lassen und in das Karmelitinnen Kloster in Köln zu gehen, um nicht wieder zurückzukehren.
Für Mutor ist der 9. August als Gedenkdatum im Stein-Jahr besonders hervorzuheben. „Am 9. August gedenken wir des tragischen Todes Steins im Vernichtungslager Auschwitz. Wir wollen sowohl hier als auch in Auschwitz daran erinnern. Geplant ist eine Konzertreihe unter dem Titel ‚Der Stern Europas‘, die von Musikern des Nationalen Breslauer Musikforums (NFM) gegeben wird“, berichtet Mutor. In Breslau wird es bereits am 8. August im Hauptbahnhof ein Konzert gegeben. Der Grund: Edith Stein fuhr vor 80 Jahren im Transport nach Auschwitz noch einmal durch den Breslauer Bahnhof.
Gedenken in Oberschlesien
Auch in den oberschlesischen Städten, Gleiwitz (Gliwice) und Lublinitz (Lubliniec), zu denen Stein eine Beziehung hatte, wird ihrer in Konzerten gedacht. „Edith Stein war sehr musikalisch, im Hause Stein gehörte das Musizieren zum Alltag, im Übrigen war es im Bildungsbürgertum Standard, eine musikalische und kulturelle Bildung zu besitzen“, erklärte der Leiter des NFM, Andrzej Kosendiak. Und auch, wenn die philosophischen Gedanken Steins nicht jedem verständlich sein mögen, so sollen „durch Musik Emotionen geweckt werden. Kunst ist ein guter Leiter für Emotionen und Symbole“, sagt er.
Um den 12. Oktober wird eine internationale Konferenzwoche durchgeführt werden. Der Geistliche Jerzy Witek, Vorsitzender der Breslauer Edith-Stein-Gesellschaft, freut sich auf zehn Veranstaltungen in seinem Haus in der ulica Nowowjejska 38. Besucher Breslaus können sich im August auf Freilichtausstellungen zu Edith Stein freuen und bereits im Mai beginnen Stadtführungen auf den Spuren der Philosophin.
In der Michaeliskirche wird an jedem 9. Tag im Monat um 18 Uhr eine hl. Messe gelesen, in der um die Fürsprache der Heiligen Theresia Benedikta vom Kreuz gebetet wird.
Klaudia Kandzia