Am heutigen Donnerstag (06.10.) hatten vier hochrangige Vertreter der deutschen Minderheit in Polen einen wichtigen Termin im Europäischen Parlament in Straßburg. Vor den Mitgliedern der interfraktionellen Arbeitsgruppe für traditionelle Minderheiten, nationale Gemeinschaften und Sprachen machten sie auf die derzeitige Diskriminierung der deutschen Volksgruppe in Polen aufmerksam – und brachten ihre Enttäuschung über die Untätigkeit der Europäischen Institutionen in dieser Frage zum Ausdruck.
Deutsch als Minderheitensprache
Seit Anfang September wird nur noch eine Unterrichtsstunde Deutsch als Minderheitensprache pro Woche aus dem Staatshaushalt finanziert, vorher waren es drei. Diese Situation betrifft die Schüler in den drei Woiwodschaften Oppeln, Schlesien und Ermland-Masuren. Einige Kommunen haben beschlossen, zusätzlichen Deutschunterricht aus eigenen Mitteln zu finanzieren. In vielen Gemeinden hat sich jedoch dafür kein Geld gefunden.
In Berlin tagt gerade die Föderalistische Union Europäischer Nationalitäten, bei der auch das Thema Deutsch als Minderheitensprache in Polen im Fokus lag. Daneben wurde Bernard Gaida, bis vor kurzem Vorsitzender des Verbandes deutscher Gesellschaften in Polen, Vize-Präsident der FUEN.
Am vergangenen Sonnabend feierten Deutsche in Polen das Kulturvestival. Mehr als 4.000 Besucher waren in der Breslauer Jahrhunderthalle da, auch wir mit dem Mikrofon.
Seit jeher gilt Oberschlesien als Schmelztiegel von Kulturen und Sprachen. Polnisch, Schlesisch und Deutsch – Mehrsprachigkeit ist bis heute ein Markenzeichen der Region. Viele Menschen sind stolz auf diese Tradition und pflegen die deutsch-polnische Zweisprachigkeit auch weiterhin.
Gemischte Gefühle
In wenigen Tagen treffen wir uns in der Breslauer Jahrhunderthalle zum Kulturfestival der deutschen Minderheit. Ich hatte die Ehre, die letzten Ausgaben zu eröffnen und habe in meinen Worten immer wieder auf die Freude an der deutschen Identitätsbildung hingewiesen, aber auch auf die Schwierigkeiten, die auf diesem Weg auftauchen und aus Schwächen der Minderheitenpolitik, der fehlenden Realisierung der Bestimmungen europäischer Dokumente oder der fortgesetzten Nichtnutzung des Potenzials der polnisch-deutschen Beziehungen bestehen.
Im Februar senkte der Bildungsminister die Zahl der Unterrichtsstunden für Deutsch als Minderheitensprache von drei auf eine pro Woche. Auf diese Weise sollten die im Staatshaushalt festgeschriebenen Einsparungen bei der Bildungssubvention erzielt werden. Premierminister Mateusz Morawiecki hat vor wenigen Tagen aber bestätigt, dass die Kürzungen auch für die kommenden Jahre beibehalten werden.
Am 1. September trat eine Verordnung des Bildungsministers in Kraft, die die Anzahl der Stunden für Deutsch als Minderheitensprache von drei auf eine pro Woche reduziert. Der Vorsitzende des Verbandes deutscher Gesellschaften, Rafał Bartek, hat an die Schulleiter, aber auch an die Kommunen appelliert, die Zahl der Deutschstunden zu erhöhen.
Im neuen Schuljahr beginnt die Verordnung, nach der es nur noch eine Stunde Deutsch als Minderheitensprache in der Woche geben wird. Schon seit 2021 dauert der Streit. Wir schauen zurück auf die vergangenen Monate und werfen auch einen Blick in die nähere Zukunft.
Am 21.07. trafen sich Vertreter der deutschen Minderheit mit der Abgeordneten des Europaparlaments Birgit Sippel (SPD). Thema des Gesprächs waren die Kürzungen des Deutschunterrichts in Polen und die mögliche Unterstützung aus Brüssel.