Mit Jerzy Farys, dem Lokalhistoriker aus der Gemeinde Turawa, DMI-Gemeinderatsmitglied und Buchautor, sprach Dominika Bassek.
Sieben Jahre lang haben Sie an der Buchreihe über die Geschichte der Gemeinde Turawa gearbeitet. Was haben Sie gefühlt, als Sie endlich die frisch gedruckten Bücher in den Händen hielten?
Ehrlich gesagt dachte ich, es wären größere Emotionen. Vielleicht, weil ich jetzt langsam erschöpft bin. Ich habe viele Jahre meines Lebens dieser Reihe gewidmet. Dahinter stecken häufige Reisen, Treffen oder die Aufarbeitung gesammelter Materialien. Einerseits war es eine aufregende Zeit für mich, andererseits war es sowohl intellektuell als auch physisch sehr anstrengend. Menschen, die mit historischen Quellen in den Archiven gearbeitet haben, werden dies sicherlich verstehen. Jetzt brauche ich viel Ruhe und möchte meiner Familie etwas Zeit widmen. Umso mehr, als meine Angehörigen die Vorbereitung der historischen Reihe geduldig ertrugen.
Was war die größte Herausforderung bei der Arbeit an dieser Serie?
Die Arbeit mit Dokumenten erfordert eine angemessene Vorbereitung. Ich habe Latein gelernt, um Dokumente in dieser Sprache zu übersetzen. Viele, mit denen ich mich befasste, entstanden in der deutschen Gotik. In der gedruckten Version gibt es kein großes Problem beim Lesen. Es kann sogar aus dem Internet gelernt werden. Das Problem beginnt, wenn wir uns mit handgeschriebenen Dokumenten befassen. Artur Kupka, der permanent in Deutschland lebt, hat mir hier sehr geholfen. Wenn es um die Publikation geht, gab es seit Jahren keinen Tag, an dem ich nicht am Computer gearbeitet habe. Dabei hat mir mein Freund Andrzej Byra geholfen. Die beiden haben es uneigennützig gemacht, wofür ich ihnen dankbar bin. Ich musste selber den Computer-Satz erst erlernen und dann machen.
Wie kam es eigentlich dazu, dass Sie sich für die Geschichte der Gemeinde Turawa interessiert haben und es zu Ihrer Leidenschaft wurde?
Ich bin von Beruf Geschichtslehrer und in Kadlub Turawa (Kadłub Turawski) aufgewachsen. Es gab keine Anzeichen dafür, dass diese Leidenschaft mich so sehr anziehen und ein wichtiger Teil meines Lebens wird. Es begann klein, mit kurzen Artikeln über die Geschichte der Turawa-Gemeinde in einer lokalen Zeitschrift vor 30 Jahren. Im Jahr 2010 hat mich Pfarrer Dr. Sławomir Pawiński gebeten, ein Buch über die Geschichte unserer Pfarrgemeinde vorzubereiten. Ich stimmte zu. Übrigens habe ich die Geschichte der Dörfer beschrieben, die ein Teil der Gemeinde sind. Die Suche nach Informationen über die Vergangenheit der Region Turawa hat mich immer stärker angezogen. 2013 erschien eine weitere Publikation zu diesem Thema. Es war das “Buch der Geschichte der Region Turawa”. Es bestand aus 2 Bänden.
Jetzt haben Sie, nach sieben Jahren, die Geschichte der ganzen Gemeinde Turawa veröffentlicht. Was findet der Leser darin?
Dies ist eine Serie, die aus 6 Bänden besteht und sich natürlich der Geschichte der Region Turawa widmet. Jeder Band hat ungefähr tausend Seiten, was insgesamt 6.000 Seiten entspricht. Sie handeln von der Geschichte einzelner Dörfer, es werden wichtige Persönlichkeiten, Institutionen und Organisationen dargestellt. Auch kirchliche Gebäude und die Geschichte der örtlichen Pfarrgemeinden durften nicht fehlen. Der letzte Band beschäftigt sich mit der Herrschaft und Regierung in der Gemeinde. Die Kosten für die Veröffentlichung meiner Bücher habe ich aus eigener Tasche übernommen. Die gedruckte Auflage war nach zwei Tagen ausverkauft. Ich gebe zu, dass ich kein solches Interesse erwartet habe.
Wie Sie selber sagten, ist die neuste Ausgabe nicht Ihre erste Veröffentlichung über Gemeinde Turawa. Wie unterscheidet sie sich von zuvor veröffentlichten Publikationen?
Diese historische Reihe unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht von meinen vorherigen Büchern. Beginnen wir mit der Tatsache, dass das Material durch neue Informationen, die ich über viele Jahre sammeln konnte, bereichert wurde. Bei der Vorbereitung früherer Veröffentlichungen habe ich mich weitgehend auf die Erinnerungen der Bewohner der Gemeinde Turawa gestützt. Ich fand dann heraus, wie unzuverlässig das menschliche Gedächtnis sein kann. Die Menschen betrachten die Ereignisse auch sehr subjektiv. Historiker finden es daher schwierig, sie als verlässliche Quelle zu behandeln. Erinnerungen haben Wert, aber man muss die dargestellten Fakten überprüfen. Bei der Vorbereitung der neuen Veröffentlichung habe ich mich auf dokumentierte Quellen konzentriert. Ich habe viel Zeit darauf verwendet, sie in polnischen und deutschen Archiven zu durchsuchen. Ich überprüfte die lateinischen Besuchsberichte, die seit dem 17. Jahrhundert aufgeschrieben wurden. Ich fand viele interessante Informationen in deutschen Dokumenten, auch in der Zeitschrift “Oppelner Kreisblatt”. Es erschien in den Jahren 1835-1944. Nicht alle Exemplare sind im Archiv in Oppeln verfügbar. Zwei Jahre lang besuchte ich regelmäßig das Archiv, um Fotos von ihnen zu machen und sie dann zu lesen. Doch einige Exemplare musste ich aus Deutschland kommen lassen. Dabei lernte ich viele interessante Dinge über unsere Gemeinde und ihre Bewohner. Die Deutschen waren in dieser Hinsicht sehr akribisch. Meine Reihe enthält viele interessante Informationen und ist zugleich eine Liste von Quellen. Es scheint mir objektives historisches Wissen zu sein, das auf Fakten basiert. Meine Bücher enthalten viele Bilder und verschiedene Arten von Verzeichnissen: von Bewohnern, Selbstmorden, Betrunkenen oder Gefallenen während des Ersten und Zweiten Weltkriegs.
Sie wissen viel über die Gemeinde Turawa. Gab es jedoch bei der Recherche Informationen, die sie überrascht haben?
Ja, es gab doch viele solche Situationen. Wie bereits erwähnt, waren die deutschen Dokumente sehr genau und die Ereignisse wurden ausführlich beschrieben. Ich war überrascht von Informationen über Auktionen von Häusern oder Bauernhöfen durch erste Impfungen gegen Pocken, die aus dem Jahr 1850 stammen. Ich konnte Informationen über Banken finden. Im “Oppelner Kreisblatt” konnte man lesen, wer wen beleidigt oder sich entschuldigt hat. Eine Liste der Betrunkenen wurde auch geführt. Sie wurde öffentlich verkündet und diese Menschen durften nicht in den Schenken sein. Viele Informationen beziehen sich auch auf Tierepidemien. Die Quarantäne und Schließung des Dorfes war eine übliche Handlung zur Vorbeugung von Infektionskrankheiten. Ich denke, wir idealisieren die Menschen, die einst gelebt haben. Es ist nicht wahr, dass sie so anständig waren, wie wir denken. Viele Kinder wurden außerhalb der Ehe geboren. Beleidigungen, Plaudern oder Trunkenheit waren übliche soziale Verhaltensweisen. Ich habe einen Teil dieser Veröffentlichung auch den polnischen und deutschen Minderheiten gewidmet.