Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Überall gibt es Harmonie, Geometrie, Metaphysik

Mit Adrian Wojtaszewski, dem diesjährigen Preisträger der 45. gesamtpolnischen Deutscholympiade und Absolventen des I. Marie-Skłodowska-Curie-Lyzeums in Schneidemühl, sprach Andrzej Niśkiewicz.

Warum hast Du dich entschieden, an einem solchen Wettbewerb teilzunehmen und dann auf der höchsten gesamtpolnischen Stufe?

Ich wollte mich testen. Die Idee, an diesem Wettbewerb teilzunehmen, wurde mir von meiner Deutschlehrerin – Jolanta Mrotek-Szczepkowska schon in der ersten Klasse vorgeschlagen. Sie ist Mitglied der örtlichen Deutschen Sozial-Kulturellen Gesellschaft, der ich auch vor kurzem beigetreten bin. Damals waren wir auf dem Weg zur mündlichen Pilotprüfung DSD II (Deutsches Sprachdiplom), die in Landsberg an der Warthe durchgeführt wurde. Ein Jahr später habe ich diese Sprachprüfung auf dem Niveau C1 – also für Fortgeschrittene – bestanden. Damit bin ich berechtigt, an jeder beliebigen Universität im deutschsprachigen Raum ein Studium aufzunehmen.

Wie viele Teilnehmer haben an der 45. Deutscholympiade teilgenommen?

Nach zwei Etappen sind 73 Personen ins Finale gekommen. Davon waren 27 Teilnehmer aus ganz Polen Preisträger, und ich habe den 3. Platz belegt. Traditionell dominieren die Regionen Oppeln und die Woiwodschaft Schlesien. Es ist eine große Ehre für mich, weil Deutsch keine Sprache ist, die ich von Geburt an beherrsche, obwohl meine Mutter Marzena und damit auch ich deutscher Herkunft sind.

Deshalb wurdest Du schon als Schüler unser Mitglied…

Ja, ich bin seit mehr als drei Jahren Mitglied der DSKG. Erstaunlicherweise habe ich schon als Kleinkind deutsche Wiegenlieder gehört und seit der Mittelstufe interessiere ich mich ernsthaft für Kultur, insbesondere für die Literatur des deutschen Sprachraums. Ich habe Fachzeitschriften über Wissenschaft, Technologie, Ökologie gelesen… und zahlreiche Podcasts, Fernsehsendungen sowie Lieder und Musik von deutschen Künstlern, wie etwa Rammstein oder Tim Bendzko, gehört.

Adrian Wojtaszewski
Foto: A. Zygmunt

Und wie war Deine Einstellung zur Schulbildung und zur deutschen Sprache?

Ich habe ganz gut gelernt. Im Lyzeum habe ich eine Klasse besucht, in der Mathematik, Physik und Informatik auf dem erweiterten Niveau unterrichtet wurden, sodass ich nach den Rechenaufgaben genug Zeit hatte, um dem sprachlichen Hobby nachgehen zu können. In meiner Schule habe ich neben Deutsch auch Englisch und Spanisch gelernt.

Und warum interessierst Du dich auch für die Werke von Franz Kafka?

Er ist ein interessanter und zugleich auch eigenartiger Autor, weil er durch seine Werke zur Einführung des neuen Adjektivs kafkaesk beigetragen hat, welches den Konflikt eines versklavten Individuums mit einer unbestimmten übergeordneten Macht beschreibt. Dieses Motiv ist auch in meiner Lieblingserzählung ,,Die Verwandlung‘‘ zu finden, in der die Hauptfigur im Körper eines abstoßenden Ungeziefers gefangen ist. Ich schätze Kafka auch für die in seinen Werken enthaltenen autobiografischen Bezüge, die den Leser zu einer eingehenden Analyse anregen.

Ist es Dir gelungen, die literarischen Werke dieses Autors während der Deutscholympiade hervorzuheben?

Selbstverständlich! Neben Dürrenmatt ist Kafka mein Lieblingsautor und eben ihre Werke habe ich vor allem während der Vorbereitung auf die Olympiade eingehend studiert. Ich habe mich hauptsächlich mit den Themen Gerechtigkeit und Rache in der Literatur beschäftigt. Bei der Olympiade wurden Kenntnisse in drei Themenbereichen geprüft, nämlich in Literatur-, Geschichts- und Kulturwissenschaften sowie in der Anwendung der deutschen Sprache in Alltagssituationen.

Wie bist Du als leidenschaftlicher Naturwissenschaftler mit Geschichte und Landeskunde zurechtgekommen?

Meine Lehrer haben immer darauf hingewiesen, dass ich ein typisch mathematisch-logisches Denken und die Seele eines Humanisten hätte. Allerdings ist es nicht einfach, der Geschichte zu entkommen und eben deswegen interessiere ich mich besonders für die Familien- und Regionalgeschichte. Ich habe mich sogar mit dem Thema der deutschen Volksliste und der Verfolgung von Volksdeutschen durch die kommunistische Nachkriegsregierung auseinandergesetzt. Dieses Wissen habe ich auch während der Deutscholympiade genutzt, was das Interesse des Prüfungsausschusses geweckt hat.

Dem Ausschuss gehörten die Vertreter…

… der germanistischen Elite an! Professoren der Adam-Mickiewicz-Universität und der Samuel-Bogumił-Linde-Hochschule für Fremdsprachen in Posen.

Fast sechs Jahre – am Gymnasium und im Lyzeum – hast Du die deutsche Sprache gelernt. Hast du irgendwelche besonderen Methoden oder Geheimnisse, wie man sie erlernen kann?

Sicherlich reicht der Unterricht in der Schule allein nicht aus. Ich habe Nachhilfestunden bei der Germanistin Alicja Barbusińska genommen. Vor allem musste ich aber viel allein lernen, manchmal auch mehrere Stunden lang, bis spät in die Nacht. Ich habe mich auf mein Ziel konzentriert und damit meine Vergnügungen eingeschränkt, um keine Zeit mehr für unnötige Dinge zu verplempern.

Und was ist Dein Ziel?

Das ist eine gute Frage! In Deutschland zu studieren und danach vielleicht sogar dort zu leben.

Hast Du schon etwas ausgewählt?

Ja, Nanotechnologie an der Leibniz Universität Hannover.

Als junger Mensch zeigst Du eine hohe persönliche Reife, Du bist diszipliniert, organisiert, erweckst den Eindruck, offen für Menschen zu sein und hier eine solche Wahl weit weg von den Geisteswissenschaften…

Nanotechnologie ist ein interdisziplinärer Studiengang, der Wissen aus vielen Bereichen verknüpft, und der Laborunterricht ermöglicht die Zusammenarbeit und den Erfahrungsaustausch mit anderen Studenten. Ich bin der Meinung, dass zwischenmenschliche Kontakte gepflegt werden sollten…

Hast Du dank der deutschen Sprache etwas gelernt?

Vor allem Präzision und Disziplin. Entgegen der landläufigen Meinung finde ich diese Sprache sehr logisch und daher kann jeder Verehrer von Naturwissenschaften mit einer etwas humanistischen Seele damit klarkommen, da sie beides perfekt vereint.

Hast Du es überprüft?

Hmm… Ja! Bei zahlreichen Wettbewerben und im Alltag. Dieses Prinzip funktioniert immer! Das habe ich auch während der Integrationsreise der Olympiaden-Sieger nach Oeversee gemerkt, die als schönster Preis den Erfolg bei der Olympiade krönte. Die meisten der wunderbaren Menschen, die ich kennengelernt habe, gehörten auch zum „Team Mathematik und Physik“ und sprachen gleichzeitig fließend Deutsch.
Goethes Sprache verbindet nicht nur die Wissenschaften, sondern auch die Menschen.

Im Hafen von Aabenaraa während der Sommerschule „Grenzen suchen“
Foto: Caroline Honervogt

Ganz genau, die wertvollste Belohnung für die Mühen des Lernens ist das Bewusstsein, eine Fremdsprache zu beherrschen. Auch den Aufbau deiner Muttersprache verstehst Du auf jeden Fall besser. Aber es gab auch noch andere Belohnungen, oder?

Die größte Belohnung war die Teilnahme an der deutsch-polnischen Sommerschule Grenzen suchen, finden, überwinden in Oeversee, bei der ich Erfahrungen austauschen und sowohl die dänische Minderheit in Deutschland (Flensburg) als auch die deutsche Minderheit in Dänemark (Aabenraa) besuchen konnte. Am wertvollsten waren jedoch die deutsch-polnische Integration und die Diskussionen bezüglich der kulturellen und sprachlichen Unterschiede während der Kennenlernabende.

Was ist Dein Credo im Leben?

Ich glaube, es ist eine Maxime von G. W. Leibniz, die besagt, dass es überall Harmonie, Geometrie, Metaphysik und auch Moral gebe. Wissen und Fähigkeiten ermöglichen es, anderen zu helfen, wie zum Beispiel heute, als eine Dame mit der Bitte zu uns gekommen ist, ein offizielles Schreiben zu übersetzen.

Nun, eine ungewöhnliche Belohnung von mir wäre die Bitte, den Text des Interviews mit Dir zu übersetzen?

Haha…, das mache ich gerne.

Übersetzt von Adrian Wojtaszewski

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