Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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„Unter einem gemeinsamen Himmel“

 

 

Es ist die am längsten existierende zyklische Veranstaltung in Heilsberg und bündelt die kreativen Energien der Deutschen, Ukrainer und Polen in der Region. Bereits zum 26. Mal organisierte die Gesellschaft der deutschen Minderheit „Warmia“ in Heilsberg die Werkstatt für Jugendliche „Bethlehem der Nationen“ und die Adventsfeier am Ende dieses Projekts. 

 

Maria und Joseph
Foto: Uwe Hahnkamp

 

„Unter einem gemeinsamen Himmel“ ist das Motto des Kulturfestivals der Minderheiten, das die deutsche und ukrainische Minderheit in Ermland-Masuren seit dem Jahr 2000 alle zwei Jahre gemeinsam organisieren. Die Veranstaltung jedoch, die dieses Motto am besten mit Leben erfüllt, ist seit inzwischen 26 Jahren das Projekt „Bethlehem der Nationen“, das in der Adventszeit junge Polen, Ukrainer und Deutsche aus den Landkreisen Heilsberg, Landsberg und Bartenstein zusammenbringt.

Auch Heilsbergs Bürgermeister Jacek Wiśniowski betont die Wichtigkeit der Feier: „Die Stärke unserer Stadt und der Region entstand auf der Basis vieler Kulturen. Viele Menschen aus verschiedenen Regionen Europas kamen nach dem Krieg hierher. Dank dieser Vielfältigkeit, der Pflege dieser Kulturen und der hiesigen Traditionen sowie der gegenseitigen Wertschätzung können wir solche positiven Begegnungen wie diese hier erleben.“ Gemeinsam mit der Gemeinde und dem Landkreis Heilsberg unterstützt die Stadt das Projekt finanziell. Auch das polnische Innenministerium, die Stiftung für die Entwicklung Schlesiens und der Verband der deutschen Gesellschaften in Ermland und Masuren geben Mittel dazu.

Ein weiterer wichtiger Sponsor, das deutsche Generalkonsulat in Danzig, wurde in Heilsberg durch Guiseppe Lo Coco vertreten. Für das Konsulat ist nicht nur die Verteilung der Gelder wichtig, so der Vizekonsul: „Wir wollen auch sehen, was daraus wird und vor allem den direkten Kontakt zu den Menschen vor Ort gewinnen.“ Obwohl sein Terminplan voll war, wollte er unbedingt zur Adventsfeier „Bethlehem der Nationen“ kommen: „Heilsberg hat immer schon viel für Kinder und Jugendliche getan. Es freut mich, dass wieder so viele hier sind.“

 

Intensive Vorbereitungen

Dabei sah es anfangs bei der Zahl der Teilnehmer nicht gut aus. Das Interesse an der Werkstatt war groß wie immer, doch das Erholungszentrum „Zacisze Leśne“, das seit Jahren Quartier für die Werkstatt ist, hat den Besitzer gewechselt. „Wir hatten befürchtet, dass wir in diesem Jahr wegen höherer Preise weniger als 40 junge Menschen einladen können. Zum Glück erwies sich diese Angst als unbegründet und es waren 50 Kinder und Jugendliche dabei“, freut sich Ewa Huss-Nowosielska, die Initiatorin und Organisatorin des Projekts „Bethlehem der Nationen“.

Viel zum Schlafen kamen die deutschen, ukrainischen und polnischen Jugendlichen dort nicht. Zum einen wollten sie sich integrieren und gegenseitig kennenlernen, denn es galt, Schüler der ukrainischen Grundschule in Kanditten bei Landsberg, der Grundschulen in Frankenau und Heilsberg mit Unterricht in Deutsch als Minderheitensprache sowie Mitglieder der Tanzgruppe „Saga“ der deutschen Minderheit aus Bartenstein und der Theatergruppe „Spiegel“ aus der Region um Heilsberg unter einen Hut zu bringen. Zum anderen erwartete sie ein intensives Programm zur Vorbereitung der abschließenden Adventsfeier.
Dabei wurden u.a. die rekordverdächtige 150 Styropor-Christbaumkugeln in Découpage und anderen Techniken gestaltet. Außerdem wurde eine große Menge Weihnachtskarten gebastelt, die zu Beginn der Adventsfeier am achten Dezember im Gemeindekulturzentrum in Neuhof bei Heilsberg an die Gäste verteilt wurden. „Diese künstlerische Arbeit leiteten Agnieszka Krzywiel und Danuta Niewęgłowska, zwei bewährte Betreuerinnen, auf die wir uns seit dem ersten Projekt verlassen können“, sagt Ewa Huss-Nowosielska.

Dabei war die Aufgabe von Danuta Niewęgłowska bei den ersten Werkstätten „Bethlehem der Nationen“ die Vorbereitung der Tänze von „Saga“, die inzwischen ihre Tochter Dorota Cieklińska übernommen hat. „Bei der ersten Generation hat sie selbst getanzt, jetzt gibt sie schon seit einigen Jahren ihr Können an Jüngere weiter“, freut sich Danuta Niewęgłowska über die Entlastung. Die Handschrift von Dorota Cieklińska zeigte sich bei der Feier in einem stimmungsvollen Kerzentanz, aber auch im Schwung von anderen Tänzen der jetzigen dritten Generation von „Saga“.

 

Engel (Sylwester Maliszewski) und Teufel (Jędryk Matczak) bei der Analyse des Erdenlebens Foto : Uwe Hahnkamp

 

Zwischen Himmel und Hölle

Zu den erfahreneren und älteren Teilnehmern gehört Karolina Baluch. „Ich bin zum vierten Mal hier und freue mich, dass ich neue Menschen kennenlernen und viel basteln kann“, sagt sie. Sie ist auch schauspielerisch begabt und mit der Theatergruppe „Spiegel“ auf der Bühne aktiv. „Diesmal hatte ich nur einen kurzen Auftritt. Die Gruppe ist größer geworden und es gibt mehr junge Schauspieler. Und das ist gut so“, erklärt sie. Gut auch deswegen, weil sie selber im nächsten Jahr Abitur machen und daher nicht mehr so viel Zeit für dieses Hobby haben wird.

Die Theatergruppe „Spiegel“ unter Leitung von Sylwia Matczak schickte in diesem Jahr in ihrem Theaterstück Vertreter der himmlischen und höllischen Mächte auf die Erde, um die Situation zu analysieren. Der Engel (Sylwester Maliszewski) und der Teufel (Jędryk Matczak) erleben unter anderem das Durcheinander des menschlichen Alltags, so die freudige Vorbereitung einer Hochzeit, die in Tränen endet, weil aus der Trauung nichts wird, zugleich auch zwei Mädchen unter einem Birnbaum, die nur in ihre Handys schauen, von allem gelangweilt sind und sich von den beiden Streithähnen nur gestört fühlen. Ihr Fazit im Bericht an ihre Chefs: „die Menschen haben sich einen Himmel auf Erden mit einer Prise Hölle geschaffen.“

Auf die Suche nach diesem Himmel machen sich anschließend Maria (Wiktoria Matuszów) und Josef (Michał Jacyna). Sie treffen auf die Vertreter der polnischen Kultur, die an Heiligabend auf den ersten Stern am Himmel warten und befolgen ihren Rat: „Ihr seid überall dort willkommen, wo Weihnachtslieder gesungen werden.“ Irritiert sind sie dann aber davon, dass in anderen Häusern in ganz anderen Sprachen, nämlich ukrainisch und deutsch, gesungen wird.
Für die musikalische Seite war Nadzieja Ortyńska mit ihrem Mann Orest verantwortlich. „Wir sind seit Jahren dabei und freuen uns, dass wir hier unsere ukrainischen Traditionen präsentieren, aber auch andere Kulturen erleben können. Wichtig ist die gegenseitige Achtung schon in jungen Jahren“, betont sie. Dazu gehört das gemeinsame Singen von Adventsliedern, zu dem der Chor der Gesellschaft der deutschen Minderheit „Warmia“ in Heilsberg unter der Leitung von Ewa Huss-Nowosielska und die Teilnehmer der Werkstatt das Publikum animierten. Krönung der Feier am Ende war wie immer die dreisprachige Version des bekanntesten Weihnachtsliedes „Stille Nacht“. Wie Maria auf der Bühne sagte: „An einem Ort drei Sprachen, drei Kulturen, drei Nationen – und man kann zusammen leben. Denn es gibt drei Religionen und einen Erlöser.“

 

 Uwe Hahnkamp

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