Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Die Gedanken sind frei

USA gegen Europa?

Heute, am Morgen des 4. März, hat Trump die Militärhilfe für die Ukraine eingestellt. Gegen die Meinung der NATO-Verbündeten. Es ist wahrscheinlich, dass diese Entscheidung, die das Schicksal eines ganzen Landes und vielleicht sogar Europas betrifft, aus Kleinlichkeit getroffen wurde, weil der US-Präsident am Freitag beleidigt war. Es ist kaum zu glauben. Am Freitag sind mir viele Weisheiten in den Sinn gekommen, die von Generation zu Generation weitergegeben wurden, angefangen mit der Idee, dass „Emotionen kein guter Ratgeber sind“, wobei ich Präsident Selenskyj seine Emotionen nicht übelnehmen kann. Ich habe die Kleinlichkeit von Trump und vor allem von Vance neben der Rhetorik über ein Streben nach Frieden gesehen.

Meine Oma hätte mit den Worten der Bibel gesagt: „Stolz kommt vor dem Zusammenbruch“ (Spr 16,18). Der zweite Teil dieses Bibelverses lautet „und Hochmut kommt vor dem Fall“, und er erinnerte mich an die Rede von J. D. Vance in München, als er Europa eine „Abkehr von einigen seiner fundamentalsten Werte“ vorwarf. Die Bewertungen des Gesprächs zwischen Trump und Selenskyj sind unterschiedlich, aber alles, was von seinen Worten vor drei Wochen übriggeblieben ist, ist eine Ruine aus leeren Floskeln. Ich gebe zu, dass ich damals an seine Sorge um die Werte glaubte. Heute bin ich stolz darauf, in einem Europa zu sein, das trotz seiner vielen Ängste und Fehler, die nach Veränderung verlangen, nicht aufhört, Russland als Aggressor zu bezeichnen, dem rohe Gewalt nichts nützen sollte. Europa stellt sich auf die Seite des Schwächeren, der deshalb nicht gedemütigt werden darf, vor allem, wenn er sich mit übermenschlichen Anstrengungen wehrt. Herr J. D. Vance!

Dies ist die Welt der Werte und nicht der amerikanische Zynismus, der sich im Sicherheitsrat weigert, die russische Invasion zu verurteilen und Russland als Aggressor zu bezeichnen. Trump argumentiert, um mit Russland zu verhandeln, müsse man die Werte vergessen, den Beschluss des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag ignorieren, der Putin in die Reihe der Kriegsverbrecher stellt, und seine Vorbedingungen für Gespräche akzeptieren. Er wolle Geschäfte auf Kosten der Angegriffenen machen. Es geht nicht darum, die internationalen Werte und die internationale Ordnung zu verteidigen. Mit ihrem Rückzug aus der Unterstützung für die Ukraine haben die USA sogar ihre eigene Ehre an den Nagel gehängt. Immerhin haben sie 1994 in Budapest zugesagt, die Unverletzlichkeit der ukrainischen Grenzen zu verteidigen.

Entzaubern wir also diese erste Demokratie der Welt, die in der Regel selbst entschied, was sie ist. Ihre „demokratischen“ Präsidenten haben die Sklaverei zu einer Zeit verteidigt, als es in Europa keine Leibeigenschaft mehr gab. Als Schlesier erinnere ich mich daran, dass Stalin in Jalta von Roosevelt nicht nur die Zustimmung erhielt, die polnischen Grenzgebiete in die UdSSR einzugliedern und die deutschen Ostprovinzen an Polen abzutreten, sondern auch mehrere Millionen Menschen aus ihrer Heimat zu vertreiben und sogar menschliche Reparationen zu leisten, d. h. die Deportation Hunderttausender deutscher Zivilisten in die mörderische Sklavenarbeit der Nachkriegszeit. Bei uns nennen wir dies die Oberschlesische Tragödie. Heute werden solche Handlungen als Verbrechen gegen die Menschlichkeit anerkannt. Es ist an der Zeit, die europäischen Werte, die Einheit, die Diplomatie und die Fähigkeit, uns zu verteidigen, auf die Probe zu stellen.

Bernard Gaida

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