Knapp neun Monate nachdem ein polnischen Professor in Warschau angegriffen wurde, weil er Deutsch sprach, ereignete sich jetzt in Lodsch ein ähnlicher Fall. Deutsche Wissenschaftler wurden im Stadtzentrum – offenbar wegen ihrer Sprache verprügelt – die Täter sich noch auf freiem Fuß.
Wie polnische Medien berichten, ereignete sich die Tat am Sonntagmorgen, dem 3. Dezember. Die Opfer, eine Gruppe von deutschen Wissenschaftlern, die an einem Forschungsprojekt in Warschau teilnahmen, machten einen Ausflug nach Lodsch. Berichten zufolge wollten die Männer die Stadt kennenlernen und wurden dabei von ihrem Kollegen Jacek begleitet, einem Polen, der seit 20 Jahren in Deutschland lebt. Die Gruppe besichtigte die Stadt und feierte danach ausgelassen bis spät in den Morgen in den Clubs der bekannten Piotrowska Straße, die für ihre zahlreichen gastronomischen Einrichtungen, aber auch für gewisse Szenelokale bekannt ist.
Alkohol im Spiel
Nach Angaben polnischer Medien verließen die Männer gegen vier Uhr morgens einen Club und wollten dann in der Disco „Czekolada“ weiterfeiern. Wie die Polizei später berichtete, waren sie mittlerweile schon stark alkoholisiert, offenbar aber nicht aggressiv, unterhielten sich untereinander auf Deutsch. Auf dem Weg zur Disco trafen die Opfer auf einen betrunkenen Mann, der sie angepöbelt haben soll: „In welcher Sprache quasselt ihr hier?“, habe er wissen wollen. Als der Kollege Jacek „Proszę?“ („Bitte?) erwiderte, wurde ihm eine Bierflasche ins Gesicht geschlagen, wovon er schwere Platzwunden erlitt, was er später in sozialen Medien dokumentierte. Als die Freunde versuchten, den Angreifer aufzuhalten, eskalierte die Situation offenbar, da sich Gefährten des Täters der Prügelei angeschlossen haben. Die Deutschen wurden zu Boden geworfen und anschließend getreten. Bevor die Polizei eintraf, konnten die Angreifer fliehen.
Keine Anzeige erstattet
Kurz nach dem Vorfall wollte die Polizei die Fahndung nach den Tätern einleiten, doch der Kontakt mit den Opfern sei im Hinblick auf die hohe Promillezahl „erschwert gewesen“, so die Polizei. Kurzfristig konnte deshalb kein Fahndungsbild von den Angreifern erstellt werden, ebenfalls wurde keine Anzeige erstattet, da man den deutschen Männern mitgeteilt habe, sie müssten „bis zu einer Stunde auf die Aufnahme der Anzeige warten“. Daraufhin verließen die Opfer auf eigenen Wunsch die Polizeiwache, informierten aber das deutsche Konsulat über den Vorfall. Die Männer verließen ebenfalls auf eigenen Wunsch das Krankenhaus, obwohl ihnen mitgeteilt wurde, dass bei einem von ihnen mindestens zwei Gesichtsoperationen notwendig seien.
Deutsche als Ziel?
Aufgrund der Tatsache, dass auf beiden Seiten Alkohol im Spiel war, ist der Vorfall in Lodsch schwierig zu beurteilen. Für einige polnische Gesellschaftsexperten ist der Angriff aber das Zeichen einer beunruhigenden Tendenz. Dr. Marcin Gołaszewski aus dem Germanistischen Institut in Lodsch meint gar, die Deutschen seien im Moment „die am meisten gefährdete nationale Gruppe in Polen“.
Łukasz Biły