Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Von Kirchen und Dämonen

Es war das bereits 32. Begegnungstreffen der Masurischen Gesellschaft, das im September im Dorf Kruttinnen (Krutyń) stattfand. Unter dem Motto „Vergangenheit in der Gegenwart – Materielles kulturelles Erbe von Ermland und Masuren“ warteten auf die Teilnehmer viele Besichtigungen, einige Referate mit breit gefächerten Themen und musikalische Unterhaltung.

Die Begegnungstreffen der Masurischen Gesellschaft haben eine jahrzehntelange Tradition. Bis vor Kurzem reichten die finanziellen Mittel für zwei große Veranstaltungen im Jahr, inzwischen konzentriert sich die Aktivität auf das Herbstseminar. Nach den vielfältigen, eher theoretischen Einblicken in die masurische Kultur vor den Pandemiejahren hatten die Teilnehmer dieses Mal die Möglichkeit, Masuren – und ein wenig auch das Ermland – persönlich in Augenschein zu nehmen.

Kirchen, Dämonen und schlesische Farbtupfer
Doch für das Reisevergnügen des Wochenendes hatten die Organisatorinnen der Masurischen Gesellschaft, Barbara Willan und Ewa Dulna, für die an Masuren Interessierten drei Referenten für Denkanstöße eingeplant. Denn wie der Beauftragte für Minderheitenfragen des Marschalls der Woiwodschaft Ermland-Masuren (und selbst Masure) Wiktor Marek Leyk zur Begrüßung betonte: „Gott gab den Menschen den Verstand, um ihn zu benutzen.“

Bischof Paweł Hause
Foto: Uwe Hahnkamp

So führte Paweł Hause, Bischof der Evangelisch-Augsburgischen Kirche in Polen, die Zuhörer durch das Leben und die Geschichte der Protestanten in seinem Zuständigkeitsbereich, der Diözese Masuren – und damit deutlich über die Grenzen seiner eigenen Gemeinde Rastenburg (Kętrzyn) hinaus, die das ursprüngliche Thema war. Auch der Gast aus Schlesien, Engelbert Miś, der erste Chefredakteur des „Wochenblatt.pl“, das damals noch „Schlesisches Wochenblatt“ hieß, erzählte und plauderte über weit mehr als nur über das kulinarische Erbe im schlesischen Grenzland. Selten waren Referate über den Tellerrand hinaus lehrreicher und unterhaltsamer als jene am ersten Nachmittag der Veranstaltung.

Engelbert Miś beim Plaudern
Foto: Uwe Hahnkamp

Fahrten auf dem Wasser …
Nach der kirchlichen Seite des Glaubens der Masuren entführte Anita Romulewicz von der Woiwodschaftsbibliothek in Allenstein (Olsztyn) die Gäste in die Welt der „Dämonen aus Wind und Wasser“ und hielt ein Referat über die Herkunft der Figuren in den Märchen von Ermland und Masuren. Da gibt es positive aus der Zeit der Pruzzen, wie die Zwerge, und andere, die mit der Christianisierung einen negativen Charakter annahmen, wie der Hausgeist Kłobuk, sowie krankheitsbildende Wesen, die Menschen drangsalieren. Besonders wichtig und typisch im Land der vielen Seen waren aber die Wassergeister. Jedes Gewässer in der Region hat seinen Beschützer, andererseits locken Ertrunkene weitere Opfer an. Stille Wasser sind tief – das gilt auch für Masuren. Der Hinweis war auch deswegen notwendig, da sich die Teilnehmer des Seminars am zweiten der folgenden Tage zu einer Schiffsreise auf dem Niedersee (Jezioro Nidzkie) südlich von Rudczanny (Ruciane) aufmachten.

Heimat der Wassergeister – Insel auf dem Niedersee
Foto: Uwe Hahnkamp

… und an der Religionsgrenze
Doch bevor es auf die Fahrt in die nähere und weitere Umgebung ging, gab es noch einen regionalen musikalischen Leckerbissen: eine Musikgruppe mit zwei Gesichtern wie der römische Gott Janus. „Mazurska Nuta“ und „Wibramfon“ setzen sich aus denselben Künstlern zusammen, haben aber jeweils ein anderes Repertoire – jedoch machen all ihre Musikstücke Lust auf Mitsingen und Tanzen und schenken viel Energie.

„Mazurska Nuta“ spielt zum Tanz auf.
Foto: Uwe Hahnkamp

So waren die Teilnehmer bereit für die Besichtigung von Heiligelinde (Święta Lipka), dem katholischen Wallfahrtsort im protestantischen Masuren und von Rößel (Reszel), der nächsten Stadt, die bereits im Ermland liegt. Am folgenden Tag ging es nach Weissuhnen (Wejsuny) in der Gemeinde Johannisburg (Pisz) mit seinem Regionalmuseum sowie in den Ort Pranie mit seinem Forsthaus, in dem sich das Museum für den polnischen Dichter Konstanty Ildefons Gałczyński (1905 – 1953) befindet.

Heiligelinde
Foto: Uwe Hahnkamp

Die interessanten Ecken in der allgemeinen Schönheit Masurens sind leider weit verstreut, aber nach diesem Wochenende zumindest bekannter. Doch es gibt immer noch viel zu sehen in den nächsten Jahren.

Uwe Hahnkamp

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