Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Vor dem Papierkorb retten

Mit Ewa Czeczor, der Archivleiterin beim Forschungszentrum der deutschen Minderheit, sprach Ewa Stolz über die Tätigkeit der Einrichtung und darüber, wie das Archiv der deutschen Minderheit aufgebaut wird.

Womit beschäftigt sich das Forschungszentrum der deutschen Minderheit?

Das Forschungszentrum der deutschen Minderheit ist eine Einrichtung, die der deutschen Minderheit und ihren Vereinen dienen soll. Wir befassen uns mit der Geschichte der Deutschen in Polen und mit der Geschichte der Vereine, die vor über 30 Jahren gegründet wurden. Meine Aufgabe besteht darin, ein zentrales Archiv der deutschen Minderheit aufzubauen.

Welche inhaltlichen Schwerpunkte hat das Forschungszentrum?

Wir sind seit drei Jahren eine eigenständige Institution, die Bücher herausgibt. Vor allem Geschichtsbücher, die sich mit der Geschichte der deutschen Minderheit, mit sogenannten weißen Flecken befasst. Es sind Themen, die nicht nur schlesienbezogen sind, sondern generell mit dem Thema „Deutsche in Polen“ befassen. Kürzlich haben wir das Buch von Adriana Dawid: „Fremd im eigenen Land“ auf Deutsch herausgegeben. Wir haben mittlerweile mehrere Publikationen, die wir kostenlos vertreiben.

Ewa Czeczor, die Archivleiterin des Forschungszentrums der deutschen Minderheit. Foto: Rudolf Urban

Neben den Veröffentlichungen – womit beschäftigt sich das Forschungszentrum noch?

Wir wollen unsere Einrichtung erst einmal bekannter machen, damit unsere Vereine, unsere DFKs wissen, dass es hier ein Archiv gibt. Und wir arbeiten auch mit Zeitzeugen zusammen, die uns die Entstehungsgeschichten der Organisationen der deutschen Minderheit erzählen, von ihren Erfahrungen aus jener Zeit berichten. Wir gehen davon aus, dass diese Zeitzeugeninterviews, es sind mittlerweile etwa 400, in Zukunft der Forschung dienen werden. Das ist ein Bereich, den wir schon seit 2016 kontinuierlich weiterentwickeln.

Darüber hinaus organisieren wir Konferenzen, mit denen wir versuchen, auf die Thematik der deutschen Minderheit, der Geschichte der Deutschen in Polen aufmerksam zu machen.

Was sind Ihre Aufgaben als Archivleiterin?

Zunächst gilt es, Archivmaterial zu gewinnen und das Archiv auszubauen. Helmut Paisdzior hat uns sein ganzes Abgeordnetenbüro übergeben. Heinrich Kroll hat uns ebenfalls seine Archivalien übergeben. Die müssen jetzt ausgewertet und katalogisiert werden. Wir bekommen aber mittlerweile auch viel Material aus den DFKs. Wenn sich eine Ortsgruppe auflöst, sind wir die Anlaufstelle, an die man alle Dokumente übergeben kann. Wir haben ein Verzeichnissystem im Internet, das ist praktisch für jeden zugänglich, jeder kann etwas hinzufügen. Es ist kostenlos und unser Forschungszentrum ist eines von über 200 kleinen Archiven, die dort ihre Bestände präsentieren.

Welche Dokumente sind für das Forschungszentrum besonders wertvoll? Was genau machen Sie damit?

Manche denken, wir möchten nur ganz alte Sachen aus der Vorkriegszeit, das ist aber nicht der Fall. Uns interessieren vor allem Sachen ab den 80er Jahren und jünger. Wir bekommen meistens nicht nur ein Dokument, sondern oft sind es einfach eine Kiste oder mehrere Ordner. Die Auswertung bereitet viel Arbeit. Aber die Arbeit im Archiv ist gar nicht so langweilig, wie man denkt. Sie ist eigentlich ganz spannend. Wenn ich so eine Privatsammlung bekomme, zum Beispiel von Friedrich Schikola, einem der Väter der deutschen Minderheit, da muss ich nach der Essenz suchen, danach, was uns als Forschungszentrum interessiert.

Aus unserer Sicht ist es wichtig, dass es eine Stelle, ein Archiv gibt, wo man die Dokumente der deutschen Minderheit gut aufbewahren kann. Wir haben DFKs, denen einfach die Räume fehlen oder wo die Feuchtigkeit zu groß ist. Die Dokumente werden deswegen mit der Zeit zerstört. Die Arbeit eines Archivars ist keine Arbeit, bei der man nach einem Jahr die Früchte ernten kann. Was mich persönlich freut: Wir haben inzwischen viel an Privatarchivalien und das Vertrauen der Leute gewonnen – das ist wichtig. Somit landen die wertvollen Dokumente nicht im Papierkorb. Denn vor allem das wollen wir vermeiden. Das Archiv bringt Struktur, und zwar polenweit.

Wenn jemand zu Hause alte Dokumente oder Fotos hat, die er gerne zu Forschungszwecken zur Verfügung stellen möchte, kann er sich an das Zentrum wenden?

Natürlich! Wir sind von Montag bis Freitag erreichbar. Vor allem interessieren uns Dokumente, die sich um das Engagement im DFK drehen. Sehr interessiert sind wir an Archivalien aus der Zeit vor der Gründung der Minderheitenorganisationen, z. B. aus den 80er-Jahren. Die Berichte der Zeitzeugen darüber, wie die DFKs entstanden sind, sind sehr spannend.

Wie kann man Sie kontaktieren, wenn man Dokumente übergeben möchte?

Man kann uns natürlich anrufen unter der Telefonnummer 532153005 oder man kann uns schreiben an: ewa.czeczor@fcentrum.pl. Zu finden sind wir in Oppeln, in der Szpitalna 7a. Wir sind tagsüber erreichbar und stehen den DFKs gerne mit Rat und Hilfe zur Verfügung, wenn sie Dokumente haben, von denen sie nicht wissen, was sie damit anfangen sollen. Wir nehmen sie gerne auf.

 

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