Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Wer in der Hitze hoch hinaus will…

Für ihren scheinbar anstrengendsten Stadtspaziergang des Jahres hatten sich Rafał Bętkowski und das Museum der Moderne des Städtischen Kulturzentrums in Allenstein mit dem 27. Juli ausgerechnet einen der heißesten Tage des Sommers ausgesucht. Dennoch trotzten etwa vierzig tapfere Teilnehmer den Temperaturen in der schwülen Innenstadt Allensteins.

Die tapferen Teilnehmer trotzen der Hitze, mit Mikrophon und Mütze Rafal Bętkowski

Am Anfang stand eine erleichternde Information für die an der Stadtgeschichte Interessierten, die sich über die „Türme des früheren Allenstein“, so der offizielle Titel der Exkursion, informieren wollten. Auf keinen der neun ausgewählten Türme – und wären sie noch so reizvoll und mit guter Aussicht – mussten sie an jenem Samstag steigen. Es war jedoch vorher nicht klar, ob es „alle neune“ wie beim Kegeln, oder doch „alle zehne“ wie beim Bowling werden.

 Motto des historischen Spaziergangs könnte auch „Über den Dächern von Allenstein“ lauten.

Türme für Rhythmus, Feuer und Wasser…

Das Runde muss aufs Eckige – der Turm der Burg in Allenstein

Denn zwei mögliche Türme hatte Rafał Bętkowski zur Ergänzung der Route noch im Hinterkopf: „Der eine ist ein Phantomturm, denn am Museum der Moderne sollte nach dem ursprünglichen Konzept ein Turm mit Aussicht und kein Kamin aufgestellt werden, der andere ist der Turm über der Kapelle des Marienkrankenhauses.“ Dieser lag jedoch etwas entfernt vom geplanten Weg. Unter den Stationen waren Türme mit unterschiedlichen Aufgaben, denn solche Bauwerke werden nicht ohne Grund gebaut. Ein Beispiel war das Hohe Tor. Es gehörte zur ersten gemauerten Stadtbefestigung, diente zur Beobachtung, zur Abwehr und als Gefängnis. Der Ziegelbau neigt sich, wie bei seiner Renovierung entdeckt wurde, ein wenig zur Seite. Das ergänzte Stück Stadtmauer dient nicht nur zur Illustrierung, sondern auch zur Stütze des „schiefen Turms von Allenstein“.

Sankt Jakob: unterschiedliche Bauabschnitte

Dass auch Allensteins Kirchen nicht an einem Tag gebaut wurden, sieht man gut an der Basilika St. Jakob mit ihrem 70 Meter hohen Turm. In der wechselvollen Geschichte des Baus waren anfangs nur die unteren drei Stockwerke gemauert, darauf stand ein hölzerner Glockenturm, der mit seinen Signalen den Rhythmus des Lebens der Gläubigen vorgab. Und es gibt Türmchen wie den auf dem alten Rathaus und heutigen Bibliothek der Woiwodschaft, der das Selbstbewusstsein der Stadtbürger zeigte und gleichzeitig Feuerwache war. Er wurde bei der detailgenauen Renovierung des Gebäudes im Jahr 2000 wieder errichtet. Die letzte, neunte Station war der, mit 23 Metern niedrige, ehemalige Wasserturm, der dafür auf dem Andreasberg über der Altstadt thront. Heute gehört er als Observatorium zum Allensteiner Planetarium und setzt damit eine alte Tradition fort, denn schon vor den Kriegen nutzten Lehrer und ihre Schüler den Ort für Astronomie-Unterricht.

…und mit unterschiedlichen Höhen

Nicht immer lassen sich alle Details der Geschichte erkunden, die Zerstörungen von Dokumenten in und nach dem Zweiten Weltkrieg sind deutlich, aber manchmal ist im Stadtbild sogar die Höhe der Türme schwer zu schätzen. Das Hohe Tor steht höher als der Markt, ist aber keine 20 Meter hoch. Scheinbar gleich hoch ist der 40 Meter messende Turm der evangelischen Kirche, die beim Markt auf den vier Parzellen des ehemaligen Palaisplatzes steht, sodass das heutige Pfarrhaus anfangs als Haus Nummer fünf zählte. Auf der anderen Seite der Alle steht die Garnisonskirche mit ihrem scheinbaren Doppelturm. „Das ist nur ein Turm und ein Dach mit doppeltem Helm“, erklärte Rafał Bętkowski und wies auf die Bildwerke an den Spitzen hin: „eine Sonne als Symbol für Weihnachten, ein Hahn als Symbol für Ostern.“ Dass der Hahn einmal vom Blitz getroffen wurde und beinahe abgestürzt ist, sorgte nicht nur bei Zeitgenossen für treffende Kommentare.

Das Hohe Tor, der schiefe Turm von Allenstein
Fotos: Uwe Hahnkamp

Trotz Hitze und schmerzender Fußsohlen ließen sich die Teilnehmer nicht entmutigen. Das „neue“ Rathaus (beendet 1915) lockte früher mit Glockenspiel, heute bläst um 12 Uhr ein Trompeter ein Signal mit der polnischen Hymne des Ermlands „O Warmio, moja miła“. Am beeindruckendsten war der Turm der Herz-Jesu-Kirche mit einer Höhe von 83 Metern. Zur Bauzeit 1901-1903 war das noch deutlicher zu sehen, denn sie entstand auf freiem Feld. Mit Schiefer, Ziegeln und Kupfer zeigt sie bis heute nicht nur die Vielfalt an Dachmaterialien, sondern auch integrierende Momente. Die Lokalisierungsurkunde war ganz selbstverständlich auf deutsch, polnisch und lateinisch abgefasst. Baumaterialien lieferten Polen, Deutsche, Ermländer und Masuren, Katholiken, Protestanten und Juden gleichermaßen und zur Einweihungsfeier des Gotteshauses waren Vertreter all dieser Religionen gekommen. Ein wunderbares Beispiel, wie lokale Gesellschaft funktionieren kann. Alle Neune!

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