Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Werte werden auf die Probe gestellt

Firat Celikkol (rechts) – Ein Beispiel, dass Fremdenhass in Polen trotz 25 Jahre Demokratie immer noch große Ausmaße hat
Firat Celikkol (rechts) – Ein Beispiel, dass Fremdenhass in Polen trotz 25 Jahre Demokratie immer noch große Ausmaße hat

Was ist Patriotismus? Wie versteht man ihn heute? Wo ist die Grenze, die den Patriotismus radikal macht? – diesen Fragen stellte sich am Montagnachmittag das Haus der Deutsch-Polnischen Zusammenarbeit im Rahmen der Diskussion „Patriotismus = Nationalismus?“. Das man im Rahmen der Diskussion auch auf die aktuelle Flüchtlingsdiskussion aufmerksam machte, dürfte wohl niemanden wundern, denn wie die Teilnehmer zum Ausdruck brachten: „Gerade jetzt, werden unsere Werte auf die Probe gestellt.“

Der polnische Nationalismus hat ein immer hübscheres Gesicht – könnte man meinen, nachdem man den Film “Pretty radical” gesehen hat, den die Veranstalter zum Auftakt der Diskussion zeigten. Immer mehr junge, hübsche Mädchen werden heutzutage Mitglieder rechtsradikaler Verbände in Polen und ihre Mitgliedschaft beruht auf einem Zusammenhang der Gegenseitigkeit: Die jungen Mädchen fühlen sich in diesen Organisationen wichtig, sie spielen eine Rolle und werden gebraucht – Gefühle, die sie oft nicht in den Familien oder dem engsten Bekannten zu spüren bekommen. Die polnischen Rechtsradikalen bekommen hingegen ein besseres, hübscheres Image, das Image eines Menschen, dem man rechtsradikale Tendenzen gar nicht zumuten würde.

Doch diese Tendenzen sind in Polen stärker, als man denkt. Einer, der sie am eignen Leib erfahren hat, ist Firat Celikkol, ein Kurde, der in Oppeln ein Dönerrestaurant führt und Teilnehmer der Podiumsdiskussion war: Es ist nicht einfach in Polen. Ich höre immer wieder „Hier ist Polen“ oder „Verpiss Dich!“, jedes Mal habe ich die Polizei gerufen, doch es gab sogar Fälle, dass meine schwangere Frau auf der Polizeiwache beleidigt wurde, sagte Celikkol.

Besonders aktuell scheint das Zeugnis von Celikkol heute zu sein. Die heutige Flüchtlingsdiskussion hat dazu beigetragen, dass die Hemmschwelle rechtsradikale Aussagen offen – vor allem im Internet – zu präsentieren, deutlich gesunken ist, sagte Eric Hattke, der in Dresden der Toleranzbewegung „Dresden für Alle“ angehört. Immer heftigere Emotionen löst die aktuelle Flüchtlingsdiskussion aus, immer mehr davon sind radikal. Die einen nennen sie patriotisch, die anderen nationalistisch, doch wo ist eigentlich die Grenze? Patriotismus verstehe ich als Sorge um das Vaterland, sagte Sebastian Serafin von der Friedrich-Ebert- Stiftung und fügte hinzu: „Eigentlich ist die Lösung ganz simpel, man muss nur die Gewalt weglassen und schon ist das Vaterland sicher.“ Damit brachte es Serafin wohl auf den Punkt, doch besonders zutreffend ergänzte Eric Hattke seine Aussage: Patriotismus ist dann, wann die eigene Kultur nicht mehr wert ist, als die andere. Meine Kultur ist mir nahe, ich kann sie lieben, doch diese Liebe soll andere Kulturen nicht ausgrenzen, so Hattke.

Hattkes Worte waren wohl die wichtigste Erkenntnis der Montagsdiskussion. Tatsache ist auch, wie er sagte, dass „die jetzige Diskussion ein Spiegel der Gesellschaft ist“ und dass sie „unsere europäischen Werte auf die Probe stellt.“ Tatsächlich offenbart erst unmittelbarer Kontakt mit der anderen Kultur die wahre Toleranz eines Menschen. Die Teilnehmer der Diskussion waren sich einig, dass die Art und Weise wie die Europäer die Flüchtlingskrise bewältigen, auch weiterhin die Grenze zwischen Patriotismus und Nationalismus bestimmen wird.

Łukasz Biły

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